Der Shinkansen ist eine Institution in Japan, er verkörpert den Anfang des wirtschaftlichen Wiederaufstiegs des Landes nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg. Pünktlich zu den Sommerspielen in Tokio wurde am 1. Oktober 1964 die weltweit erste Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen den Grossstädten Tokio und Osaka eröffnet, die sogenannte Tokaido-Linie. 548 Millionen Dollar kostete dieses futuristische Projekt. Die Weltbank steuerte dafür ein Darlehen über 80 Millionen Dollar bei.
Über 500 Kilometer Schiene, 18,1 Kilometer Brücken und 80 Tunnels und wurden dafür gebaut. Der erste Shinkansen, die Baureihe 0, brachte eine Maximalgeschwindigkeit von 220 Stundenkilometern auf die Schiene.
Plötzlich rückten die Metropolen näher zusammen. Die Reisedauer zwischen Tokio und Osaka reduzierte sich auf vier Stunden, bereits ein Jahr später waren es nur noch 3 Stunden und 10 Minuten. Mit dem früheren Schnellzug dauerte es geschlagene sechs Stunden. Bereits damals verkehrten alle 30 Minuten die Züge. Der Shinkansen war derart erfolgreich, dass die Entwicklung und der Ausbau rasant vorangetrieben wurden.
10 Milliarden Passagiere
Inzwischen sind fast 50 Jahre vergangen. Über 5,5 Milliarden Passagiere hat alleine die Tokaido-Linie in diesen Jahrzehnten befördert. Fasst man alle Strecken zusammen sind es gar 10 Milliarden Passagiere. Die kürzeste Fahrdauer zwischen Tokio und Osaka beträgt nur noch 2 Stunden 25 Minuten. Täglich werden 240 Fahrten auf dieser Strecke angeboten. Damit spielt der Flugverkehr zwischen den beiden japanischen Grossstädten nur noch eine marginale Rolle.
Fast 2400 Kilometer Länge umfasst das Shinkansen-Netz und noch immer wird ausgebaut (Asienspiegel berichtete). Bislang gab es keinen einzigen Unfalltoten. Selbst als ein Shinkansen 2004 nach einem Erdbeben zum ersten Mal entgleiste, kam niemand ums Leben.
Von 270 auf 285 km/h
Und stets steht die Geschwindigkeit im Zentrum. Denn in dieser Welt zählt jede Minute. Auf gewissen Shinkansen-Abschnitten darf das Tempo heute auf 320 Stundenkilometer beschleunigt werden. Für den Tokaido-Shinkansen, dessen Linie durch viele Wohngebiete und Tunnels führt, ist alles ein bisschen langsamer. Hier beträgt die Höchstgeschwindigkeit 270 Stundenkilometer, wobei die durchschnittliche Geschwindigkeit weit tiefer liegt.
Die maximal erlaubte Geschwindigkeit hat sich in den letzten Jahren nicht mehr geändert. Doch nun hat es Betreiber Central Japan Railway geschafft, den Tokaido-Shinkansen noch ein bisschen schnellen zu machen, so dass man im Verkehrsministerium den Antrag gestellt hat, ab Frühling 2015 die erlaubte Maximalgeschwindigkeit für die moderne Baureihe N700A von 270 auf 285 Stundenkilometer zu erhöhen, wie die Asahi Shimbun berichtet. Für die Baureihe N700 müssten weitere technische Anpassungen vorgenommen werden.
Besser Bremsen machens möglich
Möglich macht dies eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Bremsen. Auch die Neigetechnik der Züge in der Kurve bei anhaltend hoher Geschwindigkeit sei verbessert worden, ohne dabei die Sicherheit und Bequemlichkeit zu verschlechtern, heisst es weiter. Der Lohn dieser Bemühungen wäre eine reduzierte Fahrzeit zwischen Tokio und Osaka um zwei bis drei Minuten auf insgesamt 2 Stunde 22 Minuten.
Für Normalverbraucher mag dies keinen Unterschied ausmachen, doch für die Shinkansen-Betreiber ist dies ein weiterer kleiner Schritt in Richtung der magischen 2-Stunden-Marke.
Raum für Weiterentwicklung
Denn in ein paar Jahren bekommt der klassische Hochgeschwindigkeitszug interne Konkurrenz. Spätestens 2027 soll die neue Magnetschwebebahn mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 500 Stundenkilometern zwischen Tokio und Nagoya eröffnet werden. 2045 soll schliesslich die Verlängerung nach Osaka erfolgen. Die Reisezeit wird somit auf 67 Minuten verkürzt (Asienspiegel berichtete).
Bis dann bleibt noch genug Zeit, um auch den klassischen Shinkansen noch weiterzuentwickeln.
Dieser Artikel erschien zuerst auf asienspiegel.ch - News aus Japan, China und Korea.