Das Airbnb-Prinzip ist einfach: Jeder, der ein Zimmer oder eine Wohnung zu vermieten hat, kann diese auf der Online-Plattform Airbnb registrieren. Der Anbieter kann Fotos hochladen, wahlweise angeben, ob Gäste ihre Hunde, Katzen oder Kinder mitbringen dürfen, ob Koch- und Waschmöglichkeiten sowie Internet inbegriffen sind und einen Preis für die Übernachtung bestimmen. Reisende buchen über ein Online-System einzelne Nächte oder einen längeren Aufenthalt und treten mit dem Vermieter in Kontakt, um eine Schlüsselübergabe zu vereinbaren.
Reisende lieben das Portal, Airbnb boomt: Hat sich das Angebot in der Schweiz bis vergangenen November binnen Jahresfrist fast verdoppelt, setzt sich der Trend auch in diesem Jahr fort. Bereits 15'500 Wohnobjekte sind in der Schweiz über die Plattform buchbar – 5400 als Privatzimmer, 9900 als gesamte Unterkunft. Insgesamt könnten so 55'000 Gäste in Airbnb-Betten beherbergt werden – was einem Anteil von 23 Prozent an den gesamten Schweizer Hotelkapazitäten entspricht, wie aus dem neusten «Immo-Monitoring» des Immobilienberaters Wüest & Partner hervor geht. Für die Erhebung wurden Objekte, die in den nächsten 90 Tagen zur Verfügung stehen, aufgelistet.
Airbnb-Dichte am höchsten in Stadt und Bergdorf
Besonders dicht ist das Schweizer Netz an Airbnb-Angeboten, wohin viele ausländische Touristen reisen. Fast 40 Prozent aller Angebote liegen in den grösseren Städten Zürich, Genf, Basel, Lausanne und Bern. Hier ist die Angebotsdichte meist deutlich über zwei – und bis zu etwa zehn – Inseraten pro 1000 Einwohner (In der Bildstrecke sehen Sie, welche Schweizer Stadt die höchste Dichte an Airbnbs hat). In den urbanen Gebieten werden Wohnungen häufig auch für einen längeren Zeitraum an Studenten oder Geschäftsreisende vermietet.
Ebenfalls verbreitet ist der Online-Zimmer-Vermittler in touristischen Bergregionen: In Bagnes (Verbier), Zermatt, Nendaz und Davos häufen sich die gelisteten Airbnb-Angebote. Hier sind auch die Preise am höchsten. Meist wird in Ski- und Wanderorten die gesamte Wohneinheit ausgeschrieben – im Gegensatz zur Stadt, in der häufig Einzelzimmer vermietet werden (siehe Grafik 4,7). Airbnb nutzen viele Anbieter von Ferienwohnungen dazu, um Werbung für ihre Liegenschaften zu machen.
«Wachstumspotential noch nicht ausgeschöpft»
Dass Airbnb in der Schweiz weiter wachsen wird, halten Wüest & Partner für wahrscheinlich: Die Inseratedichte sei im europäischen Vergleich noch verhältnismässig tief. Dem stimmt Tourismus-Experte Urs Wagenseil von der Hochschule Luzern zu: Das Wachstumspotential sei in der Schweiz noch längst nicht ausgeschöpft: «Das Airbnb-Angebot wird sich sicher auch ausserhalb der Städte, in touristisch interessanten Zonen, verdichten», sagt er.
Während in der Schweiz vor allem Private ihre Wohnungen und Zimmer vermieten, haben sich im Ausland häufig Immobilienfirmen darauf spezialisiert, Liegenschaften anzukaufen und über Online-Plattformen Einzelwohnungen oder Zimmer zu vermieten. «Es ist nicht auszuschliessen, dass sich der Airbnb-Markt auch in der Schweiz professionalisiert. Hinter einem solchen Geschäft stecken grosse Renditen», sagt Wagenseil.
Luxus-Villa bis Alpenchalet
Immer mehr Menschen würden zudem durch positive Erfahrungen mit dem Portal ihre Berührungsängste überwinden und selbst bei Airbnb inserieren, heisst es bei Wüest & Partner. Wagenseil von der HSLU fügt hinzu, dass sich die Kundenbasis derzeit auf alle Altersklassen ausdehne. Das zeige sich auch im Angebot, das mittlerweile nicht nur «gewöhnliche Wohnungen» umfasse, sondern auch etwa Luxus-Villen oder Alpenchalets.
Der Erfolg Airbnbs zeigt gemäss Wüest & Partners, dass sich die Sharing Economy im Schweizer Wohnungsmarkt mehr und mehr durchsetzt. Neben dem US-Anbieter gibt es noch andere Plattformen wie myswitzerland, FeWo-direkt, Wimdu oder booking.com, auf denen in der Schweiz zwischen 200 und 15'000 Gästeunterkünfte ausgeschrieben sind.
Persönlicher Kontakt zwischen Gast und Vermieter
Marktführer Airbnb verdankt seinen Erfolg laut dem Tourismus-Experten Wagenseil nicht zuletzt dem Kommunikations- und Feedback-System zwischen zukünftigem Gast, Vermieter und ehemaligem Gast. Bei knapp 60 Prozent aller Inserate in der Schweiz lag mindestens eine Bewertung vor - ein wichtiger Indikator für weitere Reisende. Der persönliche Kontakt zwischen Mieter und Vermieter schaffe einen persönlichen Austausch, der einigen Reisenden bei herkömmlichen Hotels fehlt.
Die klassische Hotelleriebranche blickt zwiegespalten auf die neuen Online-Plattformen: Zwingen letztere zwar traditionelle Pensionen und Hotels dazu, sich zu spezialisieren und zu digitalisieren, machen sie den alten Kolossen auch die Kunden strittig. Airbnbs sind für Touristen oft günstiger, da hier etwa die Kurtaxe zum Teil nicht gezahlt wird, welche aber in den Hotels anfällt. Hier versprach Airbnb zuletzt Besserung: Man werde in Zukunft Kurtaxen zahlen, sagte Airbnb-Chef Brian Chesky im November. Ob diese dann vom Vermieter tatsächlich an den Ferienort weitergegeben werden, bleibt dahingestellt, sagt Experte Wagenseil.
Personalisieren und spezialisieren
Um kompetitiv zu bleiben sollten Hotels seiner Meinung nach an ihrem Auftritt arbeiten und dem Gast mehr Informationen auf einem einfacheren und persönlicheren Weg vermitteln. Um mit dem Preis von Airbnb mithalten zu können, rät der Experte Hotels, ihre Service-Leistungen hinterfragen: «Es gilt im Tief- wie im Hochpreissegment ein optimiertes Preis-Leistungs-Verhältnis zu erreichen», sagt er. Hotels sollten sich ausserdem stärker einzelne Kundengruppen, wie Familien, Sportler oder Luxus-Suchende mit entsprechenden Angeboten und Infrastruktur ins Visier nehmen. Für professionelle Leistung sei der Gast bereit, mehr zu bezahlen.
Auch für den Immobilienmarkt sind Sharing-Konzepte wie Airbnb Fluch und Segen: Lässt sich zum einen die Belegungsdichte von Wohnungen erhöhen, bleiben Herausforderungen wie die rechtliche Situation bestehen.
Airbnb-Angebote in der Schweiz: Hier die Grafik in voller Grösse