Die Diskussionen um Quoten ermuntern Frauen: Vermehrt interessieren sie sich für Verwaltungsratsmandate. Doch mit Wollen alleine ist es nicht getan. Wer es in den erlauchten Club der Verwaltungsrätinnen schaffen will, muss sich lancieren. Und gegen andere Frauen konkurrieren.

Gefragt nach einer Erklärung für ihren Erfolg, antwortete die Verwaltungsratspräsidentin von Swarovski Schweiz, Dörthe Huscheck, es habe sich so ergeben. Das tönt mühelos. Bei Monika Ribar, einer der wenigen professionellen Verwaltungsrätinnen der Schweiz, standen die Unternehmen Schlange. Sie konnte Mandate auswählen. Sie hat unter anderem die SBB gewählt, Sika, Swiss, Logitech und Lufthansa.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

«Selber aktiv in Position bringen»

Das tönt einfach. Ist es aber nicht. Ribar etwa zählt zu jenen Verwaltungsrätinnen, die eine CEO-Karriere (Panalpina) vorweisen können. Auch Carolina Müller-Möhl (VR NZZ, Orascom) oder Nadja Lang (VR Post, Metron) sind bekannt wegen ihrer Laufbahn. Müller-Möhl führt die eigene Investmentgesellschaft Müller-Möhl-Group, Lang Max Havelaar.

Wie aber schaffen es Frauen, die keine landesweit schillernde Karriere vorzuweisen haben, in ein Gremium? «Wichtig ist, dass sich interessierte Frauen selber aktiver in Position bringen», sagt Silvan Felder von der Verwaltungsrat Management AG, einem Generalunternehmen für Verwaltungsratsfragen. Er vermittelt auch Mandate.

Nicht separieren

«Das heisst, dass sie sich vermehrt auch in Netzwerken zeigen und bewegen, die sachbezogen und geschlechtlich gemischt sind», sagt er. Mit «sachbezogen» sind zum Beispiel Wirtschaftsverbände gemeint, aber auch spezifische Verwaltungsrats-Netzwerke wie das sivg.

Ein ausschliessliches Engagement in reinen Frauennetzwerken sei hingegen wenig zielführend. «In reinen Frauennetzwerken treffen ambitionierte Frauen heute noch auf zu wenig Entscheidungsträger, die sie für die Wahl in einen Verwaltungsrat portieren könnten», stellt Felder fest.

Sichtbar sein auf Twitter oder Linkedin

Zusätzlich sei sicher die Erhöhung der elektronischen Sichtbarkeit ein wichtiges Thema. So rät Felder, aktiv zu sein bei XING, Linkedin oder auch Twitter. «Damit tritt man aus der Anonymität und wird eher gefunden.»

Auch Beatrice Sigrist, die Verwaltungsräte trainiert, sagt: «Die Frauen sollen sich sichtbar machen. Wie sonst bei der Stellensuche geht es aber zuerst darum, sein Profil zu kennen und seine Vorzüge bekannt zu machen.» Sie weist darauf hin, dass die Unternehmenslandschaft in der Schweiz geprägt ist von KMU. Dort gibt es für «Anfängerinnen» auch eher Potenzial.

Zugang zu Netzwerken

Frauen mit Ambitionen sollten an spezifischen Veranstaltungen oder Seminaren teilnehmen, sagt Martin Hilb, emeritierter Professor der Universität St. Gallen (HSG). Er gründete das International Center for Corporate Governance und bietet dort Ausbildungen an für Verwaltungsräte. Durch die Ausbildung erhalten die Frauen Zugang zu diversen Netzwerken, etwa dem «Female Board Pool».

Doch Hilb betont ebenfalls, dass Frauen sich unbedingt auch in gemischten und männerdominierten Netzwerken bewegen sollten. Hilb selbst initiiert jeweils Netzwerkanlässe. Als nächstes will er in der Vermittlung noch aktiver werden.

Vermehrt Interesse

Auf Plattformen wie etwa www.vrmandat.com werden Mandate vermittelt. «Getdiversity» ist spezialisiert auf die Vermittlung von Verwaltungsrätinnen. Um im Netzwerk aufgenommen zu werden, müssen die Kandidatinnen ein dreistufiges Aufnahmeverfahren durchlaufen. «Wir können jährlich jeweils rund 10 bis 15 Plätze vergeben», sagt Mitgründerin Michèle Etienne.

Bewerbungen erhalte sie aber bis zu 50 jährlich. In letzter Zeit seien es mehr geworden. «Die Diskussion um die Frauenquoten in den Gremien hat sicher dazu geführt, dass Frauen nun vermehrt auch Interesse haben, Verwaltungsrätin zu werden», nennt sie als Grund.

Gegenseitig unterstützen

Einfach ist ein Sitz im Aufsichtsgremium nicht zu erlangen. Meist gelinge das Frauen, die einen ähnlichen «Track record» vorweisen wie die Männer, hat Etienne beobachtet. «Etwa 90 Prozent aller Verwaltungsmandate werden im eigenen Netzwerk platziert», sagt sie. «Die Frauen selbst sollten sich noch mehr unterstützten.»

«Wenn jede Frau, die von einem Mandat weiss oder eine Anfrage ablehnt, andere Frauen empfehlen würde, dann wäre das schon viel. «Doch oftmals, so stellt sie fest, schauen die Frauen in erster Linie für sich.»

Liste mit 400 geeigneten VR-Kandidatinnen

«Das Problem ist tatsächlich, dass man Unternehmen glaubt, dass es zu wenige Frauen gibt. Doch das stimmt nicht», sagt Martin Hilb. Problematisch findet er, dass Unternehmen immer nur in ihren eigenen Netzwerken nach Ersatzmitgliedern suchen.

Immerhin hat sich die Anzahl der Mandatsträgerinnen in den letzten fünf Jahren deutlich vergrössert. Er liegt inzwischen bei 15 Prozent nach 10 Prozent im Jahr 2010. Gemäss dem Schillingreport wird dieser Anteil in den nächsten Jahren weiter steigen.

Gemäss Hilb sollten Frauen nicht nur besser netzwerken, sondern sich «von der Bescheidenheit verabschieden». Er illustriert das mit einem Beispiel: «Offeriert man einen Mann ein Verwaltungsratsmandat, redet er schnell einmal über das Honorar. Die Frau zögert zuerst und fragt sich, ob sie das überhaupt kann.»

Der Schweizerische Arbeitgeberverband will am Dienstag eine Liste mit 400 geeigneten VR-Kandidatinnen vorlegen.

(sda/dbe/ama)