40 Unternehmen, Organisationen und öffentliche Körperschaften machen beim Lohngleichheitsdialog mit. Sie beschäftigen zusammen rund 200'000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Den Nachweis erbracht, dass es bei ihnen keine Lohndiskriminierung gibt, haben:
Novartis Pharma, Schweizerische Post, Syngenta Crop Protection, VCS Verkehrs-Club der Schweiz, Bernische Kantonsverwaltung, Swisscom, Ergon Informatik, RWD Schlatter, McDonald's, Upc Cablecom, KV Schweiz, Gewerkschaften Unia, Hoffmann-La Roche, Tornos, Gewerkschaft Syndicom, Baloise und Schindler Aufzüge.
Folgende Unternehmen, Organisationen und Körperschaften sind noch daran, ihre Lohnstruktur zu überprüfen oder allfällige Diskriminierungen auszumerzen:
Audemars Piguet, Bundesverwaltung, Honegger, Ericsson, Huber+Suhner, Suva, Swiss International Air Lines, SBB, Verkehrspersonalverband SEV, Hotel Crowne Plaza Genf, Ringier, Rhätische Bahn, Bank Coop, Concordia, Transports publics genevois TPG, Bombardier, Liebherr Machines, Ernst & Young, SNB, SRG, Alstom, Luzerner Kantonalbank.
Sommaruga: Lohngleichheitsdialog gescheitert
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit gibt es für Frauen bisher nur in der Theorie. Seit 2009 versuchen der Bund, Gewerkschaften und Arbeitgeber, das verfassungsmässige Gebot mit freiwilligen Massnahmen durchzusetzen. Nach gut vier Jahren bezeichnet Justizministerin Simonetta Sommaruga das Experiment als gescheitert.
Die Teilnehmer des Lohngleichheitsdialogs seien sich einig, dass das Ziel mit dem Projekt nicht erreicht werde, sagte sie am Freitag am Frauenkongress des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB) in Bern. Der freiwillige Ansatz sei in diesem Fall nicht erfolgreich gewesen.
Der Lohngleichheitsdialog war 2009 lanciert worden. Unternehmen können ihr Lohnsystem auf allfällige Geschlechterdiskriminierungen überprüfen lassen und diese dann beseitigen. Gleichzeitig mit dem Start des Projekts wurde ein Moratorium für staatliche Massnahmen verhängt: Bevor der Gesetzgeber aktiv würde, sollten die Unternehmen noch einmal Chance bekommen.
Politik am Zug
Den Lohngleichheitsdialog abgeschlossen haben bisher erst knapp 18 Unternehmen und Organisationen, etwas über 20 haben das Projekt zumindest gestartet. Ziel war es jedoch, innerhalb von fünf Jahren nicht 40, sondern 100 Beteiligte an Bord zu holen.
Im nächsten Februar läuft diese Frist aus. Von der Möglichkeit der Verlängerung um zwei Jahre will Sommaruga angesichts der mageren Bilanz offenbar keinen Gebrauch machen. «Wenn es die Wirtschaft alleine nicht schafft, dann muss die Politik nachhelfen», sagte sie am SGB-Frauenkongress.
Sie versprach, dem Bundesrat noch im kommenden Jahr konkrete Vorschläge zu unterbreiten, wie Lohngleichheit mit staatlichen Mitteln durchgesetzt werden könne. Zur Zeit würden die Instrumente zur Bekämpfung der Lohndiskriminierung in 14 anderen Ländern untersucht. Demnächst will Sommaruga eine Studie vorlegen, wie Lohngleichheit in der Schweiz durchgesetzt werden könnte.
Wirkungsloses Gesetz
Das in der Verfassung verankerte Gebot der Gleichstellung ist im Gleichstellungsgesetz von 1996 konkretisiert. Dieses verlangt unter anderem, dass Arbeitnehmende aufgrund ihres Geschlechts beim Lohn nicht benachteiligt werden dürfen.
Obwohl das Gesetz inzwischen seit 17 Jahren in Kraft ist, verdienen Frauen in der Schweiz gemäss Zahlen des SGB allein aufgrund ihres Geschlechts pro Monat im Schnitt 677 Franken weniger als Männer. Sommaruga bezifferte die Lohndiskriminierung mit 9 Prozent.
Für die Gewerkschaften führt daher kein Weg an einem staatlichen Massnahmen mehr vorbei. «Die gesetzlichen Grundlagen sind mit dem Gleichstellungsgesetz vorhanden. Was fehlt, sind Kontrollmechanismen und Sanktionen bei Verstössen», sagte SGB-Zentralsekretärin Christina Werder auf Anfrage der sda.
Ob eine Behörde - wie etwa beim Gesundheitsschutz - oder eine Kommission mit Beteiligung der Sozialpartner - wie bei den flankierenden Massnahmen - die Einhaltung der Lohngleichheit kontrolliert, ist offen. Wichtig sei, dass eine Struktur für Kontrollen gefunden werde, sagte Werder.
Arbeitgeber skeptisch
Wie sich der Schweizerische Arbeitgeberverband, der ebenfalls zur Trägerschaft des Lohngleichheitsdialogs gehört, zur jüngsten Entwicklung stellt, war am Freitag vorerst nicht zu erfahren. Dass die Arbeitgeber grundsätzliche Vorbehalte gegenüber staatlichen Kontrollmechanismen haben, ist kein Geheimnis.
Die individuelle Komponente des Lohnes könne nicht einfach von einem Inspektor überprüft werden, heisst es in einer älteren Stellungnahme des Verbands zum Thema. Zudem sei eine sorgfältige Überprüfung mit erheblichem Aufwand verbunden und führe nicht immer zu einem schlüssigen Ergebnis.
Über die Durchsetzung der Lohngleichheit entscheiden muss am Schluss das Parlament. Zumindest dem Nationalrat geht es damit zu schleppend voran. Mit einer Motion wollte er den Bundesrat letztes Jahr beauftragen, sofort mit der Ausarbeitung von Kontrollmechanismen zu beginnen.
Obwohl auch die Ständeratskommission hinter dem Grundsatz von gleichem Lohn für Mann und Frau steht, legte sie den Vorstoss bis zum Ablauf des Lohngleichheitsdialogs auf Eis.
Energieriegel für Sommaruga
Eine Vorlage, die einen Eingriff in den Arbeitsmarkt darstellt, ist im Parlament für keinen Bundesrat ein Spaziergang. Symbolisch gaben die Gewerkschafterinnen Sommaruga am Freitag einen überdimensionalen Energieriegel mit auf den Weg, um sie für die Durchsetzung der Lohngleichheit zu stärken.
Am SGB-Frauenkongress in Bern nehmen rund 200 Delegierte teil. Der Anlass, der neben der Lohndiskriminierung Sparpolitik und Altersvorsorge zum Thema hat, dauert bis am Samstag.
(sda/chb/aho)