Der Nationalrat will seine Beziehungen zum Parlament auf Taiwan verstärken. Das stösst bei der chinesischen Botschaft auf heftige Reaktionen. Auf ihrer Internet-Seite bezeichnet sie den Beschluss als grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten des kommunistischen Staats.
Bei der «sogenannten 'Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen dem Nationalrat und der Legislative Yuan (Taiwan)'» hätten einige Parlamentarier am Dienstag «unverantwortliche Äusserungen» gemacht. «All diese Taten haben sich in die inneren Angelegenheiten Chinas grob eingemischt», schrieb die Botschaft am Mittwoch kurz vor Mitternacht auf ihrer Internetseite.
«Es gibt nur ein China auf der Welt»
«Es gibt nur ein China auf der Welt.» Diese Ein-China-Politik stelle auch die Grundlage der bilateralen Beziehungen mit der Schweiz dar. «Es wird aufgefordert, dass der Nationalrat am Ein-China-Prinzip festhält und aufhört, sich in die inneren Angelegenheiten Chinas einzumischen», hiess es auf der Internetseite.
Alt Bundesrat Ueli Maurer besucht Botschaft
Alt Bundesrat Ueli Maurer hat am 12. April dem chinesischen Botschafter in Bern einen Besuch abgestattet. Die Botschaft machte dies am Dienstag öffentlich. Am selben Tag stimmte der Nationalrat verstärkten Beziehungen zu Taiwans Parlament zu. Die Bundeskanzlei teilte mit, der Besuch sei ohne Mandat erfolgt.
Maurer und Botschafter Wang Shihting tauschten sich ausführlich über die «innovative strategische Partnerschaft» sowie «die Wirtschafts-, Finanz- und Industriekooperation» zwischen den Ländern aus, wie die chinesische Botschaft auf ihrer Internetseite schrieb.
Die parlamentarischen Organe sollten verpflichtet werden, die vom Bund festgelegte Aussenpolitik vollständig und präzise umzusetzen, verlangte die Botschaft. Den «Separatisten» der «Unabhängigkeit Taiwans» dürfe man nicht den Rücken stärken.
Vielfältige Beziehungen zu Taiwan
Die Schweiz anerkennt Taiwan aufgrund der seit 1950 geltenden Ein-China-Politik nicht als Staat. Ausser diplomatischen unterhält sie indessen vielfältige und gute Beziehungen zu dem Inselstaat. Kontakte der Bundesverwaltung finden auf Fachebene statt, auch hochrangige. Gerichte und Parlament sind frei in der Gestaltung ihrer Beziehungen.
Im Auftrag des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) vertritt das Trade Office of Swiss Industries (Tosi) die Schweizer Interessen auf Taiwan. Darunter fallen auch konsularische Dienste wie die Visa-Ausstellung.
Die Ein-China-Politik
Diplomatische Beziehungen mit der Volksrepublik China sind ans Ein-China-Prinzip geknüpft. Das bedeutet, dass eine gleichzeitige Anerkennung von Taiwan und China durch Drittstaaten nicht akzeptiert wird. Seit die Volksrepublik 1971 Taiwans Sitz bei den Vereinten Nationen übernahm, geht die Anerkennung Taiwans durch andere Staaten unter dem Druck Chinas zurück. Heute pflegen nur noch 13 meist sehr kleine Staaten diplomatische Beziehungen mit der Republik China, wie sich Taiwan offiziell nennt. Die Schweiz anerkannte die Volksrepublik bereits 1950 als eines der ersten westlichen Länder. Sie beendete damit ihre Anerkennung Taiwans bereits zwanzig Jahre vor der UNO.
Zur Ein-China-Politik gehört das Prinzip «Ein Land, zwei Systeme», wonach verschiedene chinesische Gebiete andere politische Systeme haben können als das sozialistische Festlandchina. Gemeint sind damit beispielsweise Hongkong und Macau aber auch Taiwan, über das Peking faktisch keine Kontrolle hat. Der Grundsatz wurde in Hongkong seit der Rückgabe durch Grossbritannien nach und nach erodiert, sodass heute von der ursprünglich garantierten Freiheit wenig übrig geblieben ist. Dennoch erlaubt «Ein Land, zwei Systeme» anderen Ländern gewisse wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen mit Taiwan, ohne die Ein-China-Politik zu verletzen.
(gku)
(sda/gku)