Um die geplante Verlagerungspolitik von Strassensendungen auf die Schiene auf der Gotthard-Achse erfolgreich weiterführen zu können, sind Massnahmen sowohl baulicher wie technischer Art nötig. Soll die Neue Eisenbahntransversale (Neat) nach ihrer Eröffnung ab 2016/2017 optimal genutzt werden, braucht es – bei den Tunnels und den Unterführungen – nördlich wie südlich des Eisenbahn-Basistunnels auf den Zufahrtswegen einen Ausbau der Lichtprofile auf 4 Meter Eckhöhe. Heute können auf der Gotthard-Route nur Container und Sattelauflieger mit 3,84 Metern Eckhöhe befördert werden.

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Bis anhin war immer die Rede davon, die Tunnelprofile mit Millioneninvestitionen auf die nötige Eckhöhe ausbauen zu müssen. Dass es auch ohne bauliche Massnahmen möglich ist, Sattelauflieger mit 4 Metern Eckhöhe auf den bestehenden Strecken zu befördern, will die französische Lohr-Gruppe beweisen. Der Spezialist für Transportsysteme mit Sitz in Tannerien ist auch Hersteller von Tragwagen für den Kombinierten Verkehr. Jetzt wartet er mit einer Neuheit auf: Mit denn neu entwickelten Tragwagen Modalohr UIC 1 und UIC 2 können gemäss Lohr-Gruppe Sattelauflieger mit einer Eckhöhe von 4 Metern im Unbegleiteten Kombinierten Verkehr (UKV) ohne Anpassungen der Bahninfrastruktur über die Gotthard-Strecke befördert werden. Modalohr transportiert heute bereits als einziges System unbegleitete, nichtkranbare Sattelauflieger. Diese sind mit über 90 Prozent das am meisten verbreitete Strassentransportgefäss und werden mehrheitlich nur noch mit einer Eckhöhe von 4 Metern in Betrieb genommen. Das Modalohr-Konzept lässt sich rasch umsetzen und ermöglicht eine zusätzliche Verlagerung von Strassensendungen auf die Schiene über Verkehrswege mit noch freien Trassenkapazitäten.

Start schon 2015 möglich

Der Kombiverkehrs-Operateur SNCF Geodis und die Lohr-Tochter Modalohr schlagen in Kenntnis um die aktuelle Situation neue Verbindungen Deutschland–Italien via die Gotthard-Route vor. Diese sollen die bestehenden und bewährten Angebote des Unbegleiteten Kombinierten Verkehrs und der Rollenden Autobahnen (RoLa) der RAlpin ergänzen. Würden allfällige Bewilligungen der Schweizer Behörden noch dieses Jahr eintreffen und wäre die Co-Finanzierung des Tragwagens bis Ende 2012 gesichert, könnte der Betrieb mit den neuen Modalohr-Eisenbahnwaggons auf der Gotthard-Strecke 2015 aufgenommen werden – dies ohne den Ausbau der Tunnelprofile.

SNCF Geodis und Modalohr sehen ab 2015 folgende Verbindungsmöglichkeiten über die Gotthard-Route vor:

  • Vier Züge je Richtung und Tag mit 20 Tragwagen zwischen Lahr/Schwarzwald und einem Terminal südlich von Chiasso (Strecke 400 Kilometer lang).
  • Zwei Züge je Richtung und Tag mit 20 Tragwagen zwischen Duisburg und dem gleichen Terminal südlich von Chiasso (Strecke 840 Kilometer lang).

Die Kapazität kann auf über 100000 zusätzliche Stellplätze ausgebaut werden.

Positive Erfahrungen in Frankreich

Das System Modalohr befindet sich seit fast zehn Jahren auf der Strecke durch die französisch-italienischen Alpen (Aiton– Mont Cenis–Orbassano) und seit 2007 auf der Langstrecke Bettembourg–Le Boulou über 1000 Kilometer in Betrieb. Das Angebot wird von der verladenden Wirtschaft mit Interesse wahrgenommen. Die Auslastung auf der Strecke Luxemburg–Südwestfrankreich erreicht über 80 Prozent der täglich angebotenen Stellplätze auf vier Zugspaaren.

Mit den vor kurzem vorgestellten Wagen ergeben sich völlig neue Akzente in der Verlagerungspolitik. Es wird interessant sein, wie die verladende Industrie, aber auch die UKV-Operateure auf diesen Vorschlag zur Lösung des Problems am Gotthard reagieren. Seitens des Bundesamtes für Verkehr (BAV) wird darauf hingewiesen, dass man Kenntnis habe von den Ideen des Kombiverkehrs-Operateurs SNCF Geodis und Modalohr. Der neue Tragwagen wurde zudem den Schweizer Medien vorgestellt, ohne aber dass dessen Technologie im Detail analysiert werden konnte.