Die Credit Suisse (CS) hat mit dem US-Justizdepartement eine Einigung im Steuerstreit erreicht. In Gerichtsdokumenten, die am Abend auf der Internetseite der «Financial Times» veröffentlicht wurden, wurde der Grossbank Beihilfe zur Steuerhinterziehung vorgeworfen.
Ein solche Klageschrift kann nur mit Zustimmung des Beschuldigten eingereicht werden, was in aller Regel ein Schuldeingeständnis voraussetzt. Das Schuldeingeständnis wurde später in der Nacht bestätigt. Des weiteren gaben die US-Behörden bekannt, dass die Strafe sich auf 2,8 Milliarden Dollar belaufen wird. Bisher war von maximal 2,5 Milliarden Dollar die Rede gewesen.
1,8 Milliarden Dollar zahlt die CS an die Steuerbehörde IRS. Ans New York State Departement of Financial Services gehen 715 Millionen und an die US-Notenbank FED weitere 100 Millionen Dollar Busse. Weitere 196 Millionen Dollar zahlte die Bank bereits im Februar an die Börsenaufsicht SEC. So kommt man insgesamt auf einen Ablass von 2,82 Milliarden Dollar, umgerechnet rund 2,5 Milliarden Franken.
Scheinfirmen und Offshore-Konten
Laut der Klageschrift haben die CS und ihre Tochter Clariden Leu reichen Amerikanern geholfen, mittels Scheinfirmen und Offshore-Konten Steuern zu hinterziehen. Zudem sollen sie falsche Formulare bei der US-Steuerbehörde eingereicht und Kontendaten vernichtet haben.
Über das zu erwartende Geständnis hatte das «Wall Street Journal» bereits früher am Tag berichtet. Allerdings haben CS-Chef Brady Dougan und Verwaltungsratpräsident Urs Rohner für sich geschickt verhandelt – beide sollen ihre Posten behalten.
US-Justiz ermittelt seit 2011
Die US-Justiz ermittelt seit 2011 gegen Credit Suisse und ein weiteres Dutzend Banken. Laut «Financial Times» sollen der Behörde ein Anteil von 715 Millionen Dollar von den Strafgeldern zufliessen. Ausserdem soll ein Kontrollsystem nach den Vorgaben der US-Justiz umgesetzt werden, um vergangene Missstände aufzudecken und ihre Folgeschäden zu beheben.
Es ist der erste Schuldspruch für eine global bedeutende Finanzinstituion seit über einem Jahrzehnt. Die Höhe der Strafe übertrifft auch die 780-Millionen-Dollar-Busse bei Weitem, welche die UBS 2009 gezahlt hat.
Auch Schweizer Recht «schwer verletzt»
Mit ihrem Verhalten in den USA hat die Credit Suisse auch Schweizer Recht verletzt. Die Finanzmarktaufsicht Finma rügte die Grossbank bereits im September 2012, weil diese ihre Pflichten «schwer verletzt» hat. Beim oberen Kader sieht die Finma aber keine Verfehlungen.
Die Finma wirft der Credit Suisse konkret vor, «ihre Pflichten beim Erfassen, Begrenzen und Überwachen von Risiken im Zusammenhang mit dem US-Geschäfts schwer verletzt» zu haben. Damit habe sich die Bank unverhältnismässig hohen Rechts- und Reputationsrisiken ausgesetzt.
Das habe dann auch zu den Problemen geführt, welche die Bank nun mit dem Vergleich mit rekordhoher Busse lösen musste, stellte die Finma in der Nacht auf Dienstag fest. Die Rüge mit Forderungen nach einem besseren Risikomanagement erging bereits im September; die CS focht sie nicht an.
Da die Bank mit ihrem Verhalten die einwandfreie Geschäftstätigkeit nicht gewährleistete, habe sie Schweizer Aufsichtsrecht verletzt, schrieb die Finma weiter. Mittlerweile habe sie aber die von der Finma geforderten Massnahmen -umgesetzt und sich dies von unabhängiger Stelle bestätigen lassen.
Länderdesk USA im Vordergrund
«Gravierendes Fehlverhalten» sieht die Aufsichtsbehörde bei den Angestellten, die am Länderdesk für die USA arbeiteten. Diese seien mittlerweile ihrer Funktionen enthoben worden. Die Finma hat nach eigenen Angaben jedoch keine Hinweise, dass das höhere Management (senior management) von konkreten Verfehlungen Kenntnis gehabt hätte.
Ihr Verfahren hatten die Finma im November 2011 eröffnet. Untersucht wurde das grenzüberschreitende Geschäft vorab im Zeitraum zwischen 2000 und 2008. Die Behörde gab weiter bekannt, dass im Zusammenhang mit dem US-Steuerstreit weder in der Schweiz noch in Grossbritannien weitere aufsichtsrechtlichen Verfahren eingeleitet würden, welche die Lizenzen der Credit Suisse betreffen würden.
Bankiervereinigung hofft auf rasche Einigung anderer Banken
Neben Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf zeigt sich auch die Schweizerische Bankiervereinigung erleichtert, dass die Einigung der Credit Suisse mit den US-Behörden den bestehenden Rechtsrahmen der Schweiz respektiert. Es sei positiv, dass die Bank nun «einen Schlussstrich unter ihre Probleme mit den USA» ziehen könne, teilte die Bankiervereinigung mit. Damit könne sich die Bank wieder vollumfänglich auf ihre operativen Aufgaben konzentrieren.
Für die anderen Schweizer Banken im Visier der US-Justizbehörden erwartet die Bankiervereinigung ebenfalls faire und verhältnismässige Lösungen.
(reuters/sda/me/chb)