Ausgerechnet am Tag der Erde: Am 22. April 2010 sank die Bohrstation "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko. Zwei Tage lang hatte die Station gebrannt, Löschboote hatten vergeblich versucht, das Feuer an Bord einzudämmen. Ein Gasausbruch hatte in einer Explosion gemündet, Schutzvorrichtungen und Notabschaltungen versagt. Zu viele Sparmassnahmen und zu wenig Zeit. Das Resultat: Ein Leck in 1500 Metern Tiefe, das die BP-Ingenieure stopfen mussten. Eine gewaltige Aufgabe.
Zum Vergleich, die letzte fehlgeschlagene Explorationsbohrung bei der derart gewaltige Mengen an Rohöl austraten, war „Ixtoc I“ im Jahr 1979 - ebenfalls im Golf von Mexiko. Das Öl sprudelte 297 Tage vor sich hin. Die Wassertiefe aber betrug hier lediglich 50 Meter. Kaum zu vergleichen mit dem BP-Desaster vom vergangenen Jahr. 107 Tage dauerte es, das Bohrloch von Deepwater Horizon zu schliessen. BP griff dabei zu allem, was zu finden war – bis hin zu Müll und sogar Golfbällen.
Riesenflotte im Einsatz
Es funktionierte dann schliesslich mit der Operation Static-Kill. Durch die Ventile des alten Blowout-Preventers (BOP) wurden 300 Tonnen schwerer Schlamm eingepumpt, das austretende Öl zurückgedrängt und das Bohrloch danach mit Zement versiegelt. Am 6. August 2010 wurde dann schliesslich die erfolgreiche Abdichtung des Bohrlochs verkündet. Am 19. September 2010 erklärte ein US-Regierungssprecher die Quelle offiziell und endgültig für tot.
Ähnlich verzweifelt hatte man an der Oberfläche versucht, den Ölteppich einzudämmen. Flugzeuge versprühten „Dispersionsmittel“, um das Öl unter die Wasseroberfläche zu treiben, man brannte mit kontrollierten Abfackelungen den Ölteppich ab, versuchte, mit Tankern das Meerwasser zu reinigen. Die US-Küstenwache zählte an manchen Tagen bis zu 5600 Schiffe im Einsatz - die grösste Flotte seit der Invasion der Normandie durch die Alliierten im Zweiten Weltkrieg.
Trotz aller Anstrengungen erreichte das Öl die Küsten und verseuchte sie. Vier Bundesstaaten waren betroffen. Tier- und Pflanzenwelt wurden vergiftet, die Fischerei litt schwer unter der Ölkatastrophe - und tut es auch noch heute. Umweltschützer und betroffene Fischer klagen über die immer noch nicht beseitigten Umweltschäden. Boote würden nicht mehr auslaufen, die Fänge zurückgehen.
Auch finanziell sind die Betriebe vor Ort enorm belastet. Trotz dem 20 Milliarden schweren BP-Entschädigungsfonds warten noch immer Zehntausende Fischer und Geschäftsleute auf ihre Gelder. Betroffene Unternehmer werfen BP vor, Geld an die Lokal- und Staatsbehörden auszuschütten und die Unternehmen auszulassen. BP wolle sich die Gunst der Politiker und der Medien erkaufen, lautet der Vorwurf.
BP will nicht von Strategie abweichen
BP Chef Bob Dudley stellte derweil an der Hauptversammlung am vergangenen Freitag unter Protest von Aktionären und Opfern der Ölpest seine Reformpläne vor.
Von der Strategie, die weiterhin auf Tiefseebohrungen setzt, lässt er sich nicht abbringen. Für Dudley habe die Ausbeutung von Tiefseevorkommen und die Förderung von russischem Öl weiterhin Priorität. "Wir haben im Golf von Mexiko 20 Jahre lang sicher gearbeitet", teilte er den Aktionären mit.
Mehr als die Hälfte der Erdöl- und Erdgasreserven, die man in den letzten zehn Jahren entdeckt hat, liegen unter dem Meeresboden. Der Druck der Erdölmultis, aus diesen Quellen zu fördern, ist gross. Höhere Rentabilität und der technische Fortschritt geben dem Trend noch Aufschwung.
Laut Medienberichten will BP denn auch bereits diesen Juli wieder im Golf von Mexiko bohren. Und auch US-Präsident Barack Obama habe in den vergangenen Monaten mehrfach darauf hingewiesen, dass es generell wieder Genehmigungen für Tiefseebohrungen im Golf geben werde. BP soll hier mit 20 Ölfeldern sogar der grösste Lizenznehmer für Tiefseeölfelder sein.
Ein Ende der gewaltigen Tiefseebohrungen im Golf von Mexiko ist also nicht in Sicht. Kein Wunder, schliesslich liegen die Ölquellen dort zu Füssen des mit Abstand erdölhungrigsten Landes der Welt.
(laf)