Rund fünf Jahre nach der gescheiterten Fusion der Krankenversicherungen KPT und Sanitas hat am Montag in Bern der Prozess gegen die damalige KPT-Verwaltungsratsspitze begonnen. Den beiden Angeklagten wird qualifizierte ungetreue Geschäftsbesorgung vorgeworfen.
Vor dem dreiköpfigen Berner Wirtschaftsstrafgericht stehen der ehemalige KPT-Verwaltungsratspräsident Walter Bosch sowie Vizepräsident Bernhard Liechti. Angezeigt wurden die beiden bereits 2012 von der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma). Die Finma stellte fest, dass sich die KPT-Verwaltungsratsmitglieder in unzulässiger Weise bereichert hätten, wenn die Fusion mit der Sanitas zustande gekommen wäre. Als Sanktion brummte die Finma Bosch und Liechti ein vierjähriges Berufsverbot auf.
Sorgfalts- und Treuepflichten schwer verletzt?
Die Berner Staatsanwaltschaft erhob 2014 Anklage gegen das frühere KPT-Präsidium. Bosch und Liechti sollen die Regeln zu Interessenskonflikten unzureichend erfüllt und die Sorgfalts- und Treuepflichten schwer verletzt haben. Im Zentrum der Anklage steht ein umstrittenes Rückkaufprogramm von Mitarbeiteraktien.
Demnach bot der Verwaltungsrat pro Aktie einen überhöhten Rückkaufpreis von 600 Franken, obwohl gemäss Mitarbeiterbeteiligungsreglement nur rund 34 Franken hätten bezahlt werden müssen. Dies hätte die KPT zu Zahlungen von insgesamt 50 Millionen Franken verpflichtet, wovon 1,7 Millionen dem Verwaltungsrat zugeflossen wären. Um diesen Deal zu finanzieren, beschloss der KPT-Fusionsausschuss ein ungesichertes Darlehen im Betrag von 70 Millionen, obwohl die KPT Holding laut Anklageschrift nicht über die Mittel verfügte, um das Darlehen jederzeit innerhalb von sechs Wochen zurückzuzahlen.
Anschuldigungen zurückgewiesen
Zur Last gelegt wird den Beschuldigten auch, sämtliche Verwaltungsräte mit überhöhten Abgangsentschädigungen bedacht zu haben. Die beiden Angeklagten wiesen bei der Befragung vor Gericht die Vorwürfe der willentlichen Pflichtverletzung als haltlos zurück. Die Anschuldigungen seien «an den Haaren herbeigezogen» und zum Teil «völlig absurd», sagte Walter Bosch.
Er könne auch heute nicht verstehen, weshalb man dem damaligen Verwaltungsrat einen Strick daraus drehe, dass er der Finma in guten Treuen ein Vorhaben unterbreitet haben. «Wir haben nichts versteckt und verheimlicht», betonte Bosch. Er sei davon ausgegangen, dass die Finma den Deal prüfe und allenfalls zurückweise oder mit Auflagen verbinde, so wie dies die Wettbewerbskommission bei Fusionsabsichten von Unternehmen auch tue. «Wir wären nie auf die Idee gekommen, dass die Finma uns derart ins Messer laufen lässt.»
Plädoyers folgen am Mittwoch
Bosch stellte sich auf den Standpunkt, dass alle Entscheide vorläufigen Charakter gehabt hätten. Das Preisangebot von 600 Franken für die Mitarbeiteraktien habe dem Wert der KPT entsprochen und sei von einem Wirtschaftsjuristen, der ebenfalls im Verwaltungsrat sass, geprüft worden. Die Verhandlungen werden am Mittwoch mit den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und den Verteidigern fortgesetzt. Das Urteil wird am Freitagnachnachmittag eröffnet. Das Gesetz sieht bei qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor.
(sda/gku/me)