Theo Häni blickt über das weite Ackerland und freut sich auf die Arbeit. Schon im Frühling sollen die neuen Ackerflächen im kleinen Dörfchen Firiteaz nördlich der Stadt Timisoara bewirtschaftet werden. Hier in Rumänien fand der einstige Credit-Suisse-Banker vor rund zehn Jahren sein Glück. Der 60-jährige Innerschweizer baute mit seiner Familie einen riesigen Biobetrieb auf. Der einst boniverwöhnte Finanzprofi erfüllte sich in der rumänischen Provinz den Traum von der eigenen Scholle.
Doch nun wird die Idylle gestört. Häni wird von seiner Vergangenheit als Banker eingeholt. Die Zürcher Finanzgesellschaft GHP Arbitrium macht europaweit Schlagzeilen, seit die «Handelszeitung» aufdeckte, dass bei ihr Gelder von Lavrentis Lavrentiadis liegen. Seine drei Konten mit Saldo von rund 160 Millionen Euro wurden vorübergehend blockiert, weil der griechische Unternehmer in seiner Heimat des Betruges bezichtigt wird. Das GHP-Firmennetz ist Hänis Werk. Trotz Rückzug nach Rumänien ist der spätberufene Biobauer noch immer Vizepräsident des Verwaltungsrates.
Aufstieg nach Ausstieg
Häni hatte Ende der 80er-Jahre eigentlich genug von der Finanzwelt. Er habe die Kundengelder nicht mehr so sorgfältig verwalten können, wie wenn sie sein eigenes Geld gewesen wären, sagte er vor drei Jahren in der «Schweizer Familie». Er machte davor in der Credit Suisse Karriere, erst in den Vereinigten Arabischen Emiraten und dann in Luxemburg. Dort war er bis zu seinem Ausstieg für die Vermögensverwaltung von wohlhabenden Kunden zuständig.
Nach seinem Ausstieg zog sich der damals knapp 40-Jährige nicht aufs Altenteil zurück. Er gründete den Vermögensverwalter GHP und baute ein eindrucksvolles Firmenimperium auf. Als einer der ersten investierte Häni professionell in die biologische Landwirtschaft und machte nie ein Geheimnis daraus, dass er sich davon auch eine anständige Rendite für sich und seine Geldgeber verspricht. Die GHP-Gruppe entwickelte sich prächtig. Die verwalteten Vermögen sollen sich inzwischen auf rund 1,2 Milliarden Franken belaufen. Häni selbst widmet sich noch zwei Wochen pro Quartal GHP-Arbitrium – auf der strategischen Ebene.
Offenbar mit Erfolg. In der Branche weiss man entweder nichts über GHP oder dann nur Positives zu berichten. Ein Geschäftspartner sagt: «Bei den GHP-Investoren handelt es sich häufig um Private-Equity-Anleger, die nicht die kurzfristige Rendite suchen, sondern ein nachhaltiges Wachstum, auch auf Kosten der Rendite.» Ein anderer schätzt GHP zudem als professionellen Partner: «Über die Sperrung der Konti wurden wir von der Geschäftsleitung proaktiv informiert, bevor dies in der Presse zu lesen war.»
Biogeschäfte laufen bestens
Zur Blockade der Lavrentiadis-Gelder will sich GHP Arbitrium aus Gründen des Bankgeheimnisses nicht äussern. Ausser dass man zum einstigen griechischen Vorzeigeunternehmer schon länger eine Beziehung pflegte. So kennt etwa GHP-Arbitrium-Verwaltungsrat Peter Seeholzer den Erben einer Waschmitteldynastie seit fünf Jahren. Damals verfügte er noch über einen blendenden Ruf – inzwischen wird ihm vorgeworfen, den Staat um Hunderte Millionen betrogen zu haben.
Zusammen mit Lavrentiadis gründete Seeholzer vor zwei Jahren die Schweizer Firmen Holding for Kronos Investment und Holding for Lamda Investment (siehe Kasten). Nach dem Ausscheiden des Griechen ist Seeholzer heute das einzige Mitglied des Verwaltungsrates. «Es war die Idee, in der Schweiz zwei Dienstleistungsfirmen aufzubauen», sagt er. Daraus wird nichts. Lamda ist bereits in Liquidation.
Mit der Auswahl der Kunden scheint man bei GHP also nicht immer nur eine glückliche Hand gehabt zu haben. Häni muss das kaum kümmern. Seine Biogeschäfte laufen bestens. Er hat sich in den letzten Jahren nicht nur den Traum einer eigenen kleinen Farm erfüllt. Er baute still und leise auch ein Bioimperium auf. Er machte sich vor allem in Deutschland als Sanierer von Biobetrieben einen Namen.
«Aktivitäten überschaubar»
So stieg Häni etwa vor rund zehn Jahren bei der deutschen Biohandelskette Basic ein. Sie entwickelte sich zu einer der grössten Bioketten der Bundesrepublik. 2010 betrug der Umsatz etwa 100 Millionen Euro. Dabei wären beim Biohändler zweimal fast die Lichter ausgegangen. Das erste Mal bevor Häni einstieg und das zweite Mal nachdem er seinen Anteil an die Schwarz-Gruppe verkaufte.
Hinter der Beteiligungsgesellschaft stehen die Unternehmen Lidl und Kaufland. Die Basic-Kunden liefen gegen den unliebsamen Investor Sturm und viele Handelspartner wollten nicht an den Billig-Konzern liefern. Der Boykott hatte Erfolg. Ende 2007 gab die Schwarz-Gruppe bekannt, ihr Investment wieder abzustossen. Die Anteile wurden vom Schweizer Unternehmen ASI Nature Holding übernommen. Seither hält die Firma einen Anteil an Basic von rund 40 Prozent.
Auch hinter der ASI-Gruppe steht Häni. Vor fünf Jahren trat er zwar dort von seinen Ämtern zurück. Mittlerweile hat er allerdings wieder ein Engagement übernommen. Vor kurzem wurde er gefragt, ob er die rumänischen Aktivitäten der ASI leiten würde. Er konnte nicht ablehnen: «Ich habe diese Aufgabe wieder übernommen, weil diese Aktivitäten überschaubar sind und es sich hauptsächlich um die Verwaltung von Grundstücken handelt.»
Rückzug nach Rumänien
Auch sonst kann Häni das Spiel mit dem grossen Geld nicht lassen. Mit seiner Firma Agricultural Land + Management lockt er Investoren via drei Fonds in den Biolandbau in Südamerika, Europa, im Nahen und Fernen Osten sowie in Australien. Die Beteiligungsgesellschaft Agrar Invest Romania brachte Häni im August 2011 gar an die Frankfurter Börse. Der Kurs dümpelt seit Wochen zwischen 1.08 und 1.11 Euro.
Dennoch ist der Schweizer zufrieden mit seinem neusten Projekt: «Es besteht sehr grosses Interesse für landwirtschaftliche Investitionen.» Mit dem von Investoren eingesammelten Kapital wurde Ackerland gekauft, das in wenigen Wochen schon bewirtschaftet werden soll. Alle Flächen werden auf Bio umgestellt.
Damit schliesst sich für den Biounternehmer Häni der Kreis. Denn er verbringt seine Zeit nun mehrheitlich auf dem Hof in Rumänien. Der Familienbetrieb wird von seinen Kindern geführt. Er beschränkt sich auf seine Rolle als Berater und als Hilfskraft in der Erntezeit. «Und das bereitet mir auch Freude.»
Fall Proton: Verbindungen in die Schweiz
Bankenskandal
Gegen die kleine Proton Bank mit Sitz in Athen ermitteln in Griechenland die Staatsanwälte. Der Vorwurf: Das Finanzinstitut soll einzig dazu da gewesen sein, um die Firmen des früheren Präsidenten und Hauptinhabers Lavrentis Lavrentiadis mit billigem Geld zu versorgen und sein Vermögen ins Ausland zu transferieren. Der Grieche kam als Waschmittelunternehmer zu Reichtum und steht heute einem Firmenkonglomerat samt Fussballverein und Restaurantkette vor. Über die Proton Bank sollen 700 Millionen Euro ins Ausland abgeflossen sein. Im Herbst 2011 musste das Geldinstitut durch die griechische Regierung mit 900 Millionen Euro gerettet werden. Lavrentiadis bestreitet die Vorwürfe.
Banking in der Schweiz
Hierzulande wollte der griechische Unternehmer des Jahres 2006 ebenfalls ins Bankgeschäft einsteigen. Er gründete dazu die beiden Gesellschaften ZVM Generation Wealth sowie die Kronos Investment, beide in Zürich. Über die Konzeptphase kamen die Institute aber nicht hinaus. Nachdem Lavrentiadis ins Visier der Staatsanwaltschaft geriet, wurden die Projekte gestoppt.
Lamda Privatbank
Lavrentiadis verfügte zuvor schon über gute Beziehungen zum Zürcher Vermögensverwalter Lamda Private Wealth und zur Vaduzer Lamda Privatbank. Laut deren Chef Maurizio Genoni sollen aber niemals Gelder von Lavrentiadis’ Proton Bank zum Liechtensteiner Institut geflossen sein.