Es knirscht, ächzt, kracht und poltert. Wir stehen im Steinbruch Guber oberhalb von Alpnach. Die Gesteinsschichten liegen blank und so offen, dass ein mächtiger Hydraulikbagger die Blöcke direkt aus dem Fels brechen kann. Der Dumperfahrer schleppt die imposanten Brocken zum Zwischenlager. Je nach Grösse und Beschaffenheit gelangen sie dann in eine der drei Produktionsstrassen. Kurt Herrmann, Geschäftsführer der Guber Natursteine AG, muss mir im betäubenden Lärm in die Ohren schreien. Beim Gang übers Werkgelände wird schnell klar: Das Steinebrechen ist trotz computergesteuerter Sägen und Diamantfräsen immer noch härteste Knochenarbeit. Am deutlichsten wird dies es klingt fast schon martialisch bei den so genannten Richterhäuschen. Hier spalten oder «richten» die Arbeiter die Blöcke zu Pflastersteinen nach normierten Grössen.

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Mit geübtem Blick lesen die Spezialisten die Äderungen. Sie wissen zentimetergenau, wo sie das Gestein treffen müssen. Die Männer lassen ihre Muskeln spielen, holen fast mechanisch zum entscheidenden Schlag aus. Brocken brechen, wie wenn sie aus Glas wären. Die Männer arbeiten konzentriert und im Akkord, ohne Blick für die grossartige Aussicht auf Berner Alpen und Vierwaldstättersee.

Täglich an unseren Füssen

Steine so grau und neutral wie die Schweiz? Herrmann korrigiert mich und weist auf die weissen Adern und die mal helle, mal dunkle Farbe. «Der Guberstein ist nicht eintönig, sondern lebhaft und warm», stellt er klar. Wer ihn nicht kennt, der spürt ihn zumindest täglich. An den Füssen, in fast sämtlichen Fussgängerzonen, in Baden, Bern, Luzern oder Zürich. Wir alle spazieren und flanieren über diesen Pflasterstein. Angenehm ist er, rutschfest, frostbeständig und irgendwie urban. Er prägt seit einem Jahrhundert das Erscheinungsbild der Schweiz, passt perfekt zu unseren historischen Dorf- und Stadtbildern. «Der Guberstein ist für Kenner eine Marke», lobt der Chef. Natürlich gäbe es heute Pflastersteine aus der Türkei, aus China oder Vietnam, die nur halb so teuer wären. Aber Städte und Gemeinden halten ihm die Treue, denn der Guberstein macht die Schweiz unverwechselbar.

Dabei ist er eigentlich gar nicht «Swiss Made». Produziert hat ihn die Erde, bevor es Menschen und Eidgenossen gab. Aus Meeresablagerungen vor 60 Mio Jahren, die dann als Sedimentgestein mit der Alpenfaltung vor ein paar Millionen Jahre an die Oberfläche gestülpt wurden. Dieser Bodenschatz wird jetzt fast ausschliesslich mit portugiesischer Muskelkraft verarbeitet.

Trotzdem hat «Swiss Made» seine Richtigkeit. Alles passiert schliesslich in Alpnach. Um preislich konkurrenzfähig zu bleiben, sind die Anlagen auf dem neusten technischen Stand. Die Effizienz zu verbessern, das sei ein laufender Prozess, gibt Herrmann zu bedenken. Dabei profitiert die Tochter eines grösseren Bauunternehmens vom Know-how der Mutterfirma.

Fast nichts ist unmöglich

Die Pflastersteine sind zwar nach wie vor das Hauptprodukt der Firma. Sie machen drei Fünftel des Umsatzes aus. Doch die Schätze aus dem Steinbruch werden vermehrt auch als Gestaltungsmaterial etwa für Garten und Plätze, für Stütz- und Trockenmauern, Treppen, Fluss- und Uferverbauungen genutzt. Vor der Fräserei lagern fein zugeschnittene kubische Blöcke Sitzbänke für die Gessnerallee in Zürich. Techniken wie Flammen, Stocken, Sandstrahlen oder Polieren erlauben unterschiedlichste Oberflächen.

Modernste Maschinen formen den Stein wie Holz und fertigen Tischplatten, Küchenabdeckungen, ja sogar Möbel nach Mass. Fast alles ist möglich, und so dringt der Guberstein in den Innenbereich vor, in Banken, Schulhäuser und sogar in Wohnungen, was allerdings seinen stolzen Preis hat. Das jüngste und innovativste Standbein der Firma trägt aber bereits ein Fünftel zum Umsatz bei.

Die Zukunft im letzten namhaften Steinbruch der Deutschschweiz beurteilt Herrmann als rosig. Die Vorkommen sind noch längst nicht erschöpft. Eine Abbaukonzession liegt bis 2026 vor. Allein schon der Unterhalt bestehender Fussgängerzonen wird in den nächsten Jahren für eine solide Grundauslastung sorgen. Beflügelnd aufs Geschäft wirkt zudem der Trend, die Städte autofrei zu machen. «Der Umsatz hält sich zumindest auf konstantem Niveau», stellt Herrmann klar. Verkauft wird direkt an Gärtner, Bauunternehmer und an Natursteinhändler. Die Kundennähe erlaubt es, allenfalls auf Probleme, die sich während eines Baus stellen, schnell zu reagieren und massgeschneiderte Lösungen anzubieten. Da kann der Billigkonkurrent aus China oder Vietnam nicht mithalten.

Guber-Geschichte(n)

Im Steinbruch muss auch heute noch, daran hat sich seit den Anfängen im Jahre 1904 wenig geändert, viel Handarbeit geleistet werden. Doch dank Unterstützung durch die Maschinen geht vieles schneller. Das war früher anders. Eine alte Kantine mit Arbeiterzimmern, die jetzt restauriert wird, vermittelt einen Eindruck. In den 20er Jahren fanden hier über 200 Personen ihr Auskommen, grösstenteils Italiener aus Venetien und dem Friaul. Eine knapp 4 km lange Seilbahn beförderte die Steine zum Bahnhof Alpnach. In jeder Schulklasse sassen damals ein paar Guber-Kinder, die zuerst Deutsch lernen mussten. Von dieser Vergangenheit zeugen heute in Alpnach viele italienische und spanische Familiennamen: Secondos und deren Nachfahren, die sich hier angesiedelt haben.

1986 gab es einen Bruch im Steinbruch. Die Bahn wurde stillgelegt, und der Betrieb stand auf der Kippe, weil die alte Betreiberin, eine Stuag-Tochter, in finanziellen Schwierigkeiten steckte. Mit der Gründung der Guber Natursteine AG wurde dann die Krise beendet und 1988 das moderne, portugiesisch geprägte neuste Kapitel eingeleitet.



Firmen-Profil

Name: Guber Natursteine AG, 6055 Alpnach

Tel. 041 670 28 28

Besitz: Bürgi Holding AG

Geschäftsleitung: Kurt Herrmann

Gründung: 1988

Umsatz: 5 Mio Fr.

Beschäftigte: 43

Produkte: Pflaster- und Mauersteine, Boden- und Fassadenplatten, Treppen, Wandverkleidungen, weitere Anwendungen für den Aussen- und Innenbereich

Abbaumenge: Jährlich 25000 bis 30000 t Stein

Internet: www.guber.ch