Das WEF ist zurück! In jeder Hinsicht. Nachdem die Präsenz der Weltelite beim World Economic Forum in den vergangenen Jahren eher mau war, schafft WEF-Gründer Klaus Schwab eine spektakuläre Wende: Ab Montag reisen nicht nur mehr Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik in den Bündner Bergort als in den Vorjahren. Wichtiger noch: Es kommen viele, die angesichts der aktuellen Krisen weltweit eine besondere Bedeutung haben. Darunter der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski, der israelische Präsident Isaac Herzog, Chinas Ministerpräsident Li Qiang und auch der US-Aussenminister Antony Blinken. Auch wenn es unwahrscheinlich bleibt, dass in Davos etwa Eckpunkte für einen Friedensplan für den Konflikt in Nahost formuliert werden, ist es schon ein grosser Erfolg, wichtige Protagonisten in Davos zu versammeln.

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Seine Glanzzeit hatte das WEF in den Jahren der Globalisierung ab 2000. Die Welt schien flach, der Kalte Krieg war lange vorbei, und selbst China wurde Mitglied der Welthandelsorganisation WTO. Das WEF galt als die zentrale Veranstaltung des damaligen Geistes. Aus jener Zeit stammt die Vorstellung, die «Davos Men» würden irgendwie die Welt regieren. Die Vorstellung, dass dort die Eliten über das Schicksal der Welt entscheiden, widerspricht besonders in der Schweiz den direktdemokratischen Idealen. Aber auch die Behauptung von Verschwörungstheoretikern, WEF-Gründer Klaus Schwab würde – wie Blofeld in James-Bond-Filmen – heimlich die Strippen hinter allen Entwicklungen ziehen, findet immer wieder Widerhall.

Schön wärs, wenn Schwab oder die in Davos versammelten Eliten den Gang der Welt in irgendeiner Weise steuern könnten. Die Realität ist leider sehr viel weniger romantisch: Die Dinge entwickeln sich ungeplant, unvorhersehbar und oft chaotisch. Selbst schlimmste Entwicklungen bleiben möglich, bei denen es nur Verlierer geben kann. Ohnehin entscheidet das WEF gar nichts. Das Einzige, was es bietet, ist eine Plattform für die Verantwortungsträgerinnen und Verantwortungsträger. Die Zeit der flachen Welt und der Globalisierung ist vorbei, jetzt dominieren geopolitische Spannungen. Konflikte werden bedrohlicher, weil es immer schwieriger wird, die verschiedenen Blöcke noch zusammenzubringen.

Gerade deshalb ist es umso wichtiger, wenn es gelingt, Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger zu versammeln. Und gerade deshalb hat das WEF aktuell die wohl grösste Bedeutung seiner Geschichte. Statt über die Veranstaltung in Davos zu schnöden, sollten wir froh über sie sein. Selbst wenn sie am Schluss keine grossen Erfolge verzeichnen kann. Wichtiger denn je ist «Davos» auch für die Schweiz. Die neue Unordnung macht uns als kleiner Staat verletzlicher. Wir können uns weniger auf internationale Regeln verlassen und auf das Verständnis für unsere Institutionen wie die Neutralität. Mit dieser Plattform in unserem Land zeigen wir der Welt erneut den Wert unserer guten Dienste, aber auch, welchen Wert unsere Institutionen für alle haben können.