An der Börse von Shanghai war heute der schlechteste Handelstag in acht Jahren, weitere Börsen in Asien verloren stark. In Folge stürzten auch die Aktienmärkte in Europa ab. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten zum Crash.
Warum brechen die Börsen so drastisch ein?
Es ist eine kleine, vermeintlich harmlose Zahl, die heute die Börsen in den Absturz peitscht: 6. Um 6 Prozent ist Chinas Industrieproduktion im Juli gewachsen, statt 6,8 Prozent wie im Vormonat. Das war ein stärkerer Rückgang als erwartet und gilt als ein erneutes Indiz für eine anhaltend schwächere Wirtschaft. «Anleger fürchten, dass die Wachstumsdelle in China in der Weltwirtschaft ihre Spuren hinterlassen wird», sagt Tobias Basse, Analyst bei der NordLB. «Das macht die Investoren so super-nervös.»
Die Aktienmärkte hyperventilierten heute geradezu: In Schanghai gab es den grössten Tagesverlust seit acht Jahren, in Europa starteten der Dax und SMI mit tiefroten Zahlen zum Wochenauftakt. 230 Milliarden Euro hat das Minus an den europäischen Finanzmärkten am Morgen verbrannt. «Wir sind mitten in einer Panikattacke und China ist das Epizentrum», schrieben die Analysten von JP Morgan Cazenove in einer Studie.
Welche Gegenmassnahmen gibt es?
Chinas Zentralbank erwägt nach einem Bericht des «Wall Street Journals», den Mindestreservesatz für Banken zu senken, um die Konjunktur zu stützen. Der Schritt soll aber nicht sofort erfolgen, sondern erst zum Monatsende oder zu Septemberbeginn. Dabei würde der Mindestreservesatz um einen halben Punkt gesenkt werden, was 678 Milliarden Yuan (93 Milliarden Euro) für Kredite freisetzen würde. Je weniger Geld die Institute beiseite legen müssen, desto mehr können sie theoretisch an Unternehmen und Haushalte verleihen. Das könnte die Binnenkonjunktur beleben.
Eine weitere Massnahme der chinesischen Regierung war am Wochenende ins Leere verlaufen: Sie will den Pensionsfonds erlauben, in den Aktienmärkten zu investieren. Die Ankündigung konnte den Crash am Montag nicht bremsen. Insgesamt hat die Regierung schon über 20 Massnahmen umgesetzt (siehe Bildergalerie), um die volatilen Märkte in China unter Kontrolle zu bekommen.
Wie sind die längerfristigen Aussichten?
Wie es an den Aktienmärkten weitergehe, hänge nun ganz entscheidend von der weiteren Entwicklung Chinas ab, erklärten Analysten. Sollte sich die chinesische Wirtschaft tatsächlich auf eine harte Landung zubewegen, dürfte dies auch andere fragile Schwellenländer in den Abwärtsstrudel reissen und die globale Konjunktur wohl aus der Bahn werfen.
Die schlechten Nachrichten aus den Emerging Markets würden nicht abreissen und ein schiefes Licht auf den Zustand dieser wichtigen Gruppe von Volkswirtschaften werfen, heisst es in einem Kommentar zur aktuellen Börsenlage der Zürcher Kantonalbank. Neben konjunkturellen Problemen, oftmals verbunden mit den tiefen Rohstoffpreisen, würden sich strukturelle Defizite sowie politische Unwägbarkeiten hinzugesellen. Viele Regierungen sässen nur dank repressiven Massnahmen an der Macht, und Korruption und Vetternwirtschaft seien ein weit verbreitetes Übel, moniert die Bank.
«Unser grundsätzlicher Ausblick für das globale Wachstum ändert sich nicht», schreibt dagegen UBS-Investmentchef Mark Haefele in einem Kommentar. Der produzierende Sektor in China habe bereits seit einiger Zeit geschwächelt und hätte den Tiefpunkt erreicht. Vielmehr geht die UBS davon aus, dass bis Jahresende die stützenden Massnahmen Wirkung zeigten. Darüber hinaus seien die USA, Europa und Japan konjunkturell auf gutem Wege – das würde die Märkte zusätzlich beflügeln.
Mit Material von Reuters und awp.