Wer diese Kolumne regelmässig liest, wird festgestellt haben, dass ich immer wieder versuche, ein gesundes Bewusstsein für das Laufen zu schaffen. Mir geht es grundsätzlich nicht anders als all den anderen 19 Millionen Läufern in Deutschland. Manchmal ist mir alles zu laut. Alles zu schnell. Alles zu negativ. Und genau dann gehe ich oft laufen.

Mir ging es in der Vergangenheit immer darum, diese Kolumne mit Entschleunigung aufzuladen. Sie sollte immer wieder zwischen den Zeilen eine Botschaft vermitteln: Die Welt ist stressig genug, stresst euch nicht auch noch beim Laufen. Wer läuft, tut etwas für sich. Sollte sich Ruhe und Zeit lassen. Sollte achtsam mit sich sein. Und mit seinem Körper.

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Achtsamkeit mit dem Körper

Leichter gesagt als gelaufen, gar keine Frage. Und auch ich benötige sehr viel Disziplin. Und wenn es nur die Tatsache ist, das Handy während des Laufens einfach zu Hause zu lassen. Um nicht in Versuchung zu geraten. Auch ich muss mir immer wieder bewusst machen: Es ist dein Lauf. Es sind deine anderthalb Stunden. Es ist dein Körper. Es ist deine Gesundheit. Nimm. Dir. Die. Zeit. Und sei achtsam. Passend dazu streifte mich gestern ein Thema, das perfekt zum Aspekt Achtsamkeit mit dem Körper passt.

Ein Laufschuhhersteller hatte mich zu einer Tagespräsentation eingeladen. Die Business Lounge im Stadion des 1. FC Köln war vollgestopft mit Technik, Schuhen, Wissenschaftlern, Sportlern und vor allen Dingen Besitzern von Laufschuhgeschäften.

Laufgeschäfte gibt es tatsächlich noch

Man kann sich fragen: Gibt es überhaupt noch Laufschuhgeschäfte? Wie damals, in den 1980er-Jahren? Es gibt Generationen von Läufern, die sicher glauben, dass Laufschuhgeschäfte ausgestorben sind, weil sie ihre Schuhe einfach online bestellen. Passen die Schuhe nicht, schickt man sie zurück. Es ist ja so einfach.

Auf einem Laufband tobt sich ein Testläufer aus. Per Kameratechnik wird sein Bewegungsablauf aufgezeichnet, ein gewohntes Bild. Jeder, der je einen Laufbandtest im Sportladen seines Vertrauens gemacht hat, kennt diese Situation. Der Läufer wird vermessen, sein Laufstil wird analysiert, der Bewegungsablauf unter die Lupe genommen, all dies ist wichtig zur Bestimmung eines individuell abgestimmten Laufschuhs.

Laufprofis wissen Bescheid

Laufschuhhersteller Saucony wird mit dem Laufband, mit dem Know-how der Wissenschaft auf eine Tour quer durch Deutschland gehen, um Pionierarbeit zu leisten. «Sagt euren Kunden, dass es wichtig ist zu wissen, wie man läuft. Wo der Läufer seine Defizite hat. Gleicht sie aus. Helft ihm, damit er besser laufen kann. Es kommt wieder auf das Individuum an. Hört dem Läufer zu. Er wird euch vertrauen. Was ist heute wichtiger als Vertrauen?», sagt Mika Froesch, Country Manager der Firma. Das ist alles richtig, das ist alles gut und schön, denke ich mir.

Das ist klasse für Menschen, die sowieso schon laufen. Für alle die, die gern etwas mehr Geld für einen guten Laufschuh ausgeben, wenn sie im Laufladen gut beraten werden. Das ist top für Menschen, die wissen, dass es Laufläden gibt. Dass es grosse Unterschiede unter den Laufschuhen und Herstellern gibt. Und die verstanden haben, dass es durchaus Sinn macht, sich um gute Sachen für die Füsse zu kümmern. Um gutes Arbeitswerkzeug, um gute Sportgeräte unter der Fusssohle. Das ist fantastisch für Menschen, die wissen: Der falsche Laufschuh kann dazu führen, dass man die Lust am Laufen schnell verlieren kann. Oder gar zu bösen Verletzungen. Dazu kommt, dass jeder Mensch, jeder Schuh anders ist.

Für diejenigen, denen die Füsse wehtun

Was ist aber mit all denen, die mir beinahe täglich in Tennisschuhen joggend entgegenkommen und mich fragen, warum ihnen die Füsse so schnell wehtun? Was ist mit all denen, die im Internet Laufschuhe bestellen, weil sie endlich loslaufen wollen? Und weil sie noch nicht wissen, ob dieser Sport etwas für sie ist. Und weil die Schuhe im Netz natürlich viel billiger sind. Also mindestens 20 Euro. Wohoo.

Der Preis dafür kann hoch sein. So hoch, dass man die günstigeren Internetschuhe wieder an den Nagel hängt, weil die Füsse wehtun. Weil es einfach die falschen Schuhe waren. «Das ist alles gut und schön, Mike, aber wer erzählt den Menschen, die noch nicht losgelaufen sind, dies aber tun wollen, von Laufgeschäften und Wissenschaft und dem richtigen Laufschuh? Menschen, die wissen wollen, wie sie an den richtigen Laufschuh kommen. Wer erzählt ihnen, was wichtig ist? Warum tun es die Schuhhersteller nicht?» Es ist Stille im Raum, es gibt keine echten Antworten.

Der richtige Schuh für den Fuss

Wer heute Laufschuhe produziert, kämpft einen harten Kampf. Gar keine Frage. Der Preiskampf ist enorm. Das Netz ist das grösste Schuhgeschäft der Welt. Alles verstanden. Was ich nicht verstehe, ist, dass nahezu jeder Hersteller Millionen Euro für teure Werbung ausgibt. Es muss noch gesünder, noch bunter, noch lässiger, noch lifestyliger sein.

Welcher Hersteller erzählt aber die Geschichte vom richtigen Laufschuh? Warum es Sinn macht, dass der Schuh zum Fuss passt. Welcher Hersteller erzählt die Geschichte vom Laufladen? In dem man eventuell den vollen Preis bezahlen muss, dafür aber einen perfekten Schuh bekommt, mit dem es Spass macht zu laufen und in dem man keine Schmerzen mehr hat. Der Laufladen, in dem man nette Menschen trifft, zu Lauftreffs eingeladen wird, in dem man sich mit anderen Läufern austauschen kann.

Und wer erzählt davon, dass man als Stammkunde eventuell sogar Prozente bekommt, sogar manchmal mehr als im einfachen Internet? Saucony erzählt diese Geschichte nicht, Brooks nicht, Adidas nicht, Nike nicht, Puma nicht, alle nicht. Mit dieser Kolumne habe ich mal den Anfang gemacht. So läuft es!

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