Diese Woche ist mir empirisch bestätigt worden, was ich bislang nur als selbstverständlich annahm: Die Angst vor dem Sterben nimmt mit zunehmendem Alter ab. Das ist eine der Schlussfolgerungen, zu der eine Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der evangelischen Kirche kommt. Wie so oft bestätigt die Demoskopie, was ohnehin nicht anders sein kann und deshalb fast nie ausgesprochen wird.

Man stelle sich einmal vor, die Angst vor dem Sterben wüchse mit zunehmendem Alter. Das hiesse ja, dass im Seniorensegment der Gesellschaft mehr und mehr Panik um sich griffe. Wir sehen, dass es nicht so ist. Die meisten Menschen können den Tod wohl doch noch ganz gut als Teil des Lebens begreifen.

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Mit zunehmendem Alter wächst auch die Skepsis gegen erweiterte Möglichkeiten ärztlicher Sterbehilfe. Auch bei ganz jungen Leuten findet das nicht so viele Befürworter wie in der mittleren Generation zwischen dreissig und sechzig. Bei denen, die mitten im Leben stehen, spricht sich eine deutliche Mehrheit für die Möglichkeit des ärztlich assistierten Suizids aus.

Sterbehilfe könnte zu einem Zwang werden

Offenbar ist es also so, dass junge Menschen und alte Menschen dem Versprechen eines selbst bestimmten Sterbens nicht allzu viel abgewinnen können. In der Lebensmitte, wenn Beruf und Familie mit maximalen Anforderungen auf die Menschen einstürmen, scheint der Gedanke, auch das Sterben unter Kontrolle zu haben, besonders verlockend und die Angst vor Autonomieverlust besonders gross zu sein.

Das Beharren auf persönlicher Autonomie als Grundbedingung für eine akzeptable «Lebensqualität» läuft auf die Alternative Freiheit oder Tod hinaus. Das ist eine Parole für heissblütige lateinamerikanische Revolutionäre, aber kein Programm für Zufriedenheit im Alter und selbstredend auch keines für den Umgang mit Krankheit und Sterben. Je älter man wird und je mehr das Altern und der Tod als konkrete Perspektive ins Leben treten und nicht mehr nur theoretische Möglichkeit sind, desto vorsichtiger wird man mit solch kernigen Ansagen.

Auch das hat die Umfrage der evangelischen Kirche klar ergeben: Das Misstrauen gegen die Parole der Sterbefreiheit nimmt mit dem Alter zu, und die Befürchtung wächst, dass aus der Sterbehilfe ein gesellschaftlicher Zwang zum kostengünstigen und die Belastung der Angehörigen minimierenden Ableben werden könnte. Niemand will anderen gern zur Last fallen. Auf das Recht darauf darf deshalb nicht der Schatten eines Zweifels fallen.

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