Dank der Übernahme der Credit Suisse zum Schnäppchenpreis steuert die UBS im laufenden Quartal auf ein Glanzergebnis zu. Den Buchgewinn aus der Transaktion beziffert die Schweizer Grossbank auf 34,8 Milliarden Dollar, wie aus einer Einreichung bei der US-Wertpapieraufsicht SEC in der Nacht auf Mittwoch hervorgeht. Diese Mittel sollen die Bilanz des neuen Instituts stärken.
Mitte März hatte die Schweizer Regierung die Notübernahme der vor der Zahlungsunfähigkeit stehenden Credit Suisse durch den grösseren Rivalen orchestriert. Die UBS musste dafür lediglich umgerechnet 3,5 Milliarden Dollar auf den Tisch legen. Dem steht Credit-Suisse-Eigenkapital von 48,8 Milliarden Dollar gegenüber. Nach Abzug des Kaufpreises und Anpassungen resultiert ein sogenannter «Badwill» von 34,8 Milliarden Dollar - und dieser Posten erhöht den Gewinn.
Pro Forma Wert der UBS-Aktie von 27 Franken
Die Rechnung der UBS ist für Aktionäre interessant, denn die UBS-Aktie müsste demnach viel mehr wert sein. Unter dem Strich weisst die fusionierte Grossbank für das Jahresende 2021 ein den Aktionären zurechenbares Eigenkapital von zusammen 94,4 Milliarden Dollar aus, rechnet die UBS vor. Das verteilt sich auf rund 3,5 Milliarden UBS-Aktien.
Daraus ergibt sich pro Forma ein Buchwert je UBS Aktie von neu 27 Franken. Dienstagabend ging die Aktie mit einem Kurs von 17 Franken aus dem Handel.
Stichwort Badwill: So funktioniert das mit dem Sofortgewinn
Der Badwill ist das Gegenteil von Goodwill (er wird deshalb auch negativer Goodwill genannt). Er entsteht, vereinfacht gesagt, wenn man beim Kauf einer Firma mehr Nettovermögen erhält, als man dafür als Kaufpreis aufwenden musste. Durch die Fusion fliessen der UBS netto mehr Assets als Fremdkapital zu. Die daraus entstehende Lücke ist der Badwill.
Anders ist die Situation beim Goodwill: Dieser wird gebildet, wenn man für den Kauf einer Firma mehr bezahlt hat, als man - netto - Assets erhält. Um zu verhindert, dass deshalb Verluste gebildet werden müssen (die man für nicht gerechtfertigt hält), wird der immaterielle Mehrwert als Goodwill in die Bilanz genommen.
Dass der CS-Deal den Wert der UBS-Aktie auf dem Papier massiv anhebt, ist seit längerem bekannt, wie auch schon diese Zeitung vorrechnete. Warum dann handelt die UBS-Aktie trotz Aussichten auf einen Rekordbuchgewinn 10 Franken unter ihrem Substanzwert?
Die Antwort gibt die UBS selbst in ihrer Anlegerpräsentation. Zum einen ist die Gewinnschätzung nur vorläufig, kann sich also noch ändern. Zum anderen fehlt in der Rechnung ein wichtiger Posten: «Eine Rückstellung für eine Restrukturierung könnte nach dem Closing der Transaktion gebucht werden», heisst es vorsichtig in der Präsentation.
Im Klartext: Die Zusammenführung der beiden Grossbanken wird Milliarden verschlingen. Allein der zu erwartende Abbau von tausenden Stellen kostet viel Geld. Da Details der Restrukturierung noch in Arbeit sind, legte die UBS dazu noch keine Kostenschätzung vor.
Bank-Analyst Andreas Venditti von Vontobel taxiert diese Restrukturierungskosten auf einen Betrag zwischen 8 und 10 Milliarden Dollar. Die Kosten für die Abwicklung des Krisenportfolios von schwer zu verwertenden Wertpapieren schätzt er laut einer Studie mit 5 bis 10 Milliarden Dollar. Für Verluste oberhalb von 4 Milliarden Dollar aus diesem Portfolio hat die UBS indes vom Bund eine Verlustübernahme-Garantie für 9 Milliarden Dollar. Der finale Vertrag darüber ist aber noch nicht ausgehandelt.
Weitere 3 bis 5 Milliarden Dollar dürfte die zusätzliche Vorsorge für die von der CS geerbten Rechtsrisiken kosten. Unter dem Strich hält Venditti daher die UBS-Aktie mit 19,5 Franken für fair bewertet, also deutlich weniger als der oben erwähnte pro Forma Wert von 27 Franken.
UBS wappnet sich für Risiken
In ihrer Proforma-Rechnung hat die UBS indes bereits einige Risiken aus der Transaktion berücksichtigt. So will die Grossbank für Rechtsrisiken und regulatorische Belastungen 4 Milliarden Dollar beiseitelegen. Die Vermögenswerte der Credit Suisse korrigiert die Bank um 13,5 Milliarden Dollar nach unten.
Experten gehen davon aus, dass das Geldhaus eher zu hohe als zu tiefe Belastungen angibt, um nicht noch in Zukunft schlechte Nachrichten bekanntgeben zu müssen. Die Jefferies-Analysten hatte die Sonderbelastungen in Zusammenhang mit der Übernahme auf insgesamt 28 Milliarden Dollar geschätzt. In einem ersten Schritt dürfte aber nur ein Teil davon verbucht werden.
Tausende Stellen in Gefahr
Die UBS betonte, dass die Angaben zum Buchgewinn provisorisch seien und sich noch erheblich verändern könnten. Unklar ist zudem, wie die UBS zur Zeit im Tagesgeschäft arbeitet. Dennoch dürfte das Institut im Quartal des Vollzugs der Transaktion dank des Badwills einen rekordhohen Sondergewinn einfahren.
Die UBS erwirtschaftete im zweiten Quartal 2022 einen Überschuss von 2,1 Milliarden Dollar und im Gesamtjahr 2022 einen Überschuss von 7,63 Milliarden Dollar. Der Zusammenschluss mit Credit Suisse schafft den nach der amerikanischen Morgan Stanley weltweit zweitgrössten Vermögensverwalter für Privatpersonen mit insgesamt über 120'000 Mitarbeitern. Der Umbau könnte allerdings Tausende oder gar Zehntausende Stellen kosten.
Operativ wird die Credit Suisse der UBS zunächst wohl wenig einbringen. So warnt die UBS in ihrem Dokument an die US-Börsenaufsicht, dass die Credit Suisse Grupppe im zweiten Quartal um im Gesamtjahr 2023 «einen substanziellen Verlust» ausweisen wird. Gründe dafür sind geringere Einnahmen aufgrund der massiven Kundengelder-Abflüsse, sowie erhöhte Finanzierungskosten und Restrukturierungsaufwendungen.
Noch ist der Deal nicht in trockenen Tüchern, denn mehrere Aufsichts- und Kartellbehörden müssen noch grünes Licht geben. Die EU-Wettbewerbshüter dürften den Deal absegnen, wie Insider am Dienstag sagten. Das so genannte Closing wird für Ende Mai oder Anfang Juni erwartet. Dann kann UBS-Chef Sergio Ermotti loslegen.
(mit Agenturmaterial)