Ein heftiges Unwetter umtost am 16. Dezember 2011 die Mauern des mittelalterlichen Château de Nyon. Doch das kümmert die 40-köpfige, bestens gelaunte Schar nicht. Um 16.16 Uhr gibt der einstige Viererbob-Olympiasieger und hundertfache Millionär Hans (Hausi) Leutenegger seiner langjährigen Partnerin Anita Steiner (57) das Ja-Wort. Nach der Zeremonie haucht der sichtlich bewegte Leutenegger ein «Ich ha si sehr gärn» in die Fernsehkamera. Nach einem innigen Kuss – die Kamera ist wieder dabei – geht es mit seiner frischgebackenen Frau zum Apéro, an dem die Hochzeitsgesellschaft schnell in Fahrt kommt. Danach wird die Festgemeinde in Hausis Lieblingsbeiz verfrachtet, die Auberge d’Hermance am Genfersee.
Lebemann Hausi Leutenegger mag es hemdsärmelig. Eine Hochzeit, wie er sie feierte, wäre für die anderen 299 Reichsten der Schweiz kaum denkbar. Auch am – angeblich – schönsten Tag im Leben einer Frau zeigt man sich bevorzugt diskret. So wie der Zürcher Gary Fegel (39). Nach seinem Studienabschluss an der Hochschule St. Gallen mitsamt MBA hat er sich beim Rohstoffriesen Glencore auf Aluminium spezialisiert. Der Spartenchef für dieses sogenannte Erdmetall hütet seit dem Börsengang seines Arbeitgebers vom Rohstoffriesen 2,24 Prozent der Wertpapiere.
Nur hat das Paket seither einige hundert Millionen an Wert verloren. Doch deswegen musste der Topmanager vom Zürichsee im Herbst nicht knausern, als er seine britische Braut auf Capri vor den Traualtar führte. Angeblich soll die legendäre Blaue Grotte dieser Felseninsel im Golf von Neapel die Kulisse für Fegels Traumhochzeit geliefert haben. Angeblich, denn Paparazzi hatten bei der Feier keinen Zutritt.
Anders bei dessen Glencore-Kollegen, dem Eisenerz-Direktor Christian Wolfensberger (42), ebenfalls Absolvent mit MBA aus St. Gallen und Multimillionär; aber eben als Freier der zehn Jahre jüngeren einstigen Miss Schweiz Fiona Hefti zwangsläufig im permanenten Rampenlicht. Als das Liebespaar im Herbst 2007 in der Kirche Santi Pietro e Paolo in Ascona den Bund fürs Leben schloss, war die Presse nur im Kleinstaufgebot vor Ort, handverlesen eben.
Disqualifizierte Prinzessin
Die Ex-Schönheitskönigin, zeitweise selbst journalistisch tätig, wusste, was sie der Öffentlichkeit schuldig ist. Auf dem Gang zur Kirche, in einem weissen Satinkleid mit langer Schleppe, gestützt vom Arm ihres Vaters, gab sie bereitwillig ein Interview. Wie auch eine Stunde später, als sie, diesmal am Arm ihres Gatten, zum Auto geführt wurde. Wolfensberger, bei Glencore auf Verschwiegenheit getrimmt, war der Rummel sichtbar peinlich. Nach einem ins Mikrofon gestammelten «Cha nöd rede, cha nöd rede» rauschten die beiden im Auto davon an die Feier im Nobelhotel Castello del Sole.
Gut 400 Kilometer südlich von Ascona zauberten Hollands Zeremonienmeister vor wenigen Wochen. In der Basilica di San Miniato al Monte in Florenz führte der in Zürich sesshafte niederländische C&A-Kleiderkönig Albert Alphons Ludgerus Brenninkmeijer (38) aus gut katholischem Hause mit Prinses Carolina Maria eine Nichte der protestantischen niederländischen Königin Beatrix zum Traualtar. Jahrhundertelang hatten Protestanten die Niederlande allgemein und besonders das Könighaus fest im Griff.
Noch Prinzessin Irene (73), Schwester von Beatrix und Mutter der frisch angetrauten Frau Brenninkmeijer, musste auf sämtliche Thronrechte förmlich verzichten, als sie 1964 den erzkatholischen Prinzen Carlos Hugo von Bourbon-Parma ehelichte und vom rechten – eben protestantischen – Glauben abfiel. Eine kirchliche Trauung nach katholischem Kanon weit weg in der Toskana können Hollands Calvinisten dagegen leichter verzeihen.
Strenge Regeln im Hochadel
In Europas Hochadel gelten unverändert strenge Regeln, wonach ein Ehebund immer noch ausschliesslich standesgemäss geschlossen werden sollte. Nach diesem Grundgesetz hat sich die junge Frau Brenninkmeijer in Zürich mit ihrer Hochzeit selbst zu einer Bürgerlichen disqualifiziert. Da kann ihr Gatte Chef sämtlicher 100 Schweizer C&A-Filialen sein und aus einem der reichsten Clans der Welt stammen: Für standesbewusste Adlige zählt auch das grösste Vermögen eines gemeinen Bürgers nichts.
Auch Melisa Eliyesil (28) stammt wie Albert Brenninkmeijer nicht vom wahren, sondern vom Geldadel ab. Geboren 1984 in Istanbul, besuchte die Tochter des türkischen Unternehmers Necmetti Eliyesil in New York die Parsons The New School for Design. Im Big Apple lief sie dem 1980 in Zürich geborenen Grafen Charles (Charly) von Faber-Castell über den Weg. Der Stammhalter bat bald schon um ihre Hand. Der Ehebund wurde im Sommer im Schloss des Vaters, des «Bleistiftgrafen» Anton Wolfgang von Faber-Castell (71), am Stammsitz in Stein bei Nürnberg gefeiert. Die Braut war in der Schweizer Wahlheimat des führenden Schreibwarenfabrikanten zur Schule gegangen. Ihr Brautkleid entwarf Eva Cavalli, die Gattin des bekannten italienischen Designers Roberto Cavalli (72). Der Clanchef von Faber-Castell wie auch einige Geschwister leben an der Zürcher Goldküste.
Griff in die Portokasse für den neuen Tanzboden
Für grösseres Aufsehen in dieser ansonsten verschwiegenen Gegend entlang des Zürcher Seeufers sorgte vor Jahren der russische Zuzüger und Milliardär Vasily Anisimov (61) mit seiner protzigen Neubauvilla in Küsnacht ZH. Für die Hochzeiten seiner bildhübschen Töchter Angelina und Anna Anisimova organisierte der stolze Brautvater freilich einen Festsaal in der Traumstadt aller Russen, nämlich in New York. Und das legendäre Hotel Waldorf Astoria im Herzen von Manhattan musste es schon sein.
Wenn Wodka fliesst und eine Kapelle aus Russland aufspielt, muss der Tanzboden poliert und gewachst sein. Weil da aber die Eintänzer zweifelten, zückte der Oligarch kurzentschlossen das Portemonnaie und liess ein nigelnagelneues Parkett auf seine Kosten verlegen. Was spielen Zigtausende Dollar für eine Rolle, wenn man bedenkt, dass das Töchterchen Anna schon für einen dreimonatigen Urlaub in der Villa von Denise Rich in New Yorks mondänem Vorort South Hampton 690 000 Franken Miete an die Ex-Frau des Zuger Rohstoffhandelspioniers Marc Rich überwiesen hat?
Geld spielt keine Rolle
Geld spielt auch im Hause des reichsten Mannes der Welt keine Rolle. Und wenn sein ältester Sohn heiratet, dann erwartet die Regenbogenpresse ein Grossereignis. Der mexikanische Investor Carlos Slim, laut «Forbes» Herr über ein Vermögen von 69 Milliarden Dollar, hat denn auch tief in die Tasche gegriffen, als Junior Carlos Slim Domit seine Braut María Elena Torruco zum Altar führte. Die Zeche für das glänzende Fest wird auf dem mexikanischen Boulevard auf sechs Millionen veranschlagt. Unter den 500 Gästen waren auch Warren Buffett, mit 46 Milliarden Dollar der Drittreichste der Welt, sowie Formel-1-Rennstallbesitzer Peter Sauber auszumachen.
Der wichtigste Exponent im Formel-1-Zirkus, Bernie Ecclestone, ist in Sachen Heirat schon ein alter Fuchs. Im August heiratete er zum dritten Mal – diesmal auf kleinerem Fuss: Die Brasilianerin Flosi, satte 46 Jahre jünger als der Renn-Impresario, misst nur noch 178 Zentimeter – seine Ex Slavica brachte 188 Zentimeter auf die Stöckelschuhe. Ecclestone übrigens bringt 1,58 Meter ins Cockpit. Auch die Hochzeitsfeier selbst, die in seinem unbescheidenen Chalet in Gstaad stattfand, war eher bescheiden.
Da zeigte sich der Milliardär um einiges generöser bei der vor Jahresfrist inszenierten Trauung seiner Tochter Petra mit dem britischen Unternehmer James Stunt. Zum mittelalterlichen Schloss im italienischen Dorf Bracciano, wo 250 Gäste warteten, wurde die Braut in einem weissen Rolls-Royce chauffiert; nicht vom Vater, der sass tröstend neben ihr. Gelenkt wurde die Nobelkarosse vom früheren französischen Formel-1-Star Jean Alesi. Für feierliche Stimmung sorgte das aus London eingeflogene Royal Philharmonic Orchestra, danach spielten Eric Clapton, die Black Eyed Peas und Alicia Keys auf, zwischendurch gab Tenor Andrea Bocelli den Ton an. Zum Abschluss wurde gefeuerwerkt.
Adresse der Schönen und Reichen
Nicht nur Gstaad, auch die Gestade des Genfersees gehören zu den begehrteren Adressen der Schönen und Reichen.
Dort den Anker geworfen haben vor vielen Jahren schon der indische Milliardär Prakash Hinduja (66) und dessen Gattin Kamal mit den drei Sprösslingen Ajay (44), Ramkrishan (41) und Renuka (40). Sie alle haben längst das Bürgerrecht von Genf erworben.
Für Familienfeiern fliegen die Hindujas hingegen in die indische Heimat. Als die Juristin Renuka Hinduja ihren Genfer Kollegen Olivier Cavadini heiratete, feierte die Regenbogenpresse der Millionenmetropole Mumbai die Vermählung als Hochzeit des Jahres. Ausländische Gäste wurden auf Kosten des Hinduja-Clans eingeflogen und landestypisch eingekleidet. Über 3000 Freunde und Bekannte gratulierten dem Genfer Anwaltspaar, wobei nur der innerste Kreis von rund 1000 Verwandten und Freunden Platz fand an der streng vegetarischen Tafel im Prachtsaal des Fünfsternhotels Grand Hyatt.
Baron im Operettenkostüm
Ein paar Millionen für eine Hochzeitsfeier? Bei Hofe im Sultanat Brunei wird jeweils ein zweistelliger Millionenbetrag aufgewendet, wenn eines der zwölf Kinder des Herrschers Hassanal Bolkiah (66) Hochzeit feiert. Und Platz steht überreichlich zur Verfügung im grössten Palast der Welt: 1788 Gemächer mit einer Wohnfläche von über 200 000 Quadratmetern. Als Kronprinz Al-Muhtadee Billah (38) im September 2004 seine Herzensdame Sarah Salleh (25) ehelichte, soll die Sause einige Dutzend Millionen Franken gekostet haben.
Mit dem Brautpaar freute sich auch der Schweizer Boulevard. Denn in den Adern der heutigen Kronprinzessin fliesst zur Hälfte Schweizer Blut. Brautmutter Rinawaty Abdullah Suzanne Rahaman war als Krankenschwester Suzanne Aeby aus Freiburg ins fernöstliche Land ausgewandert und hatte den Adligen Penigram Salleh Ab Rahaman geheiratet, einen entfernten Verwandten des Sultans. In diesem September war beim Sultan von Brunei erneut eine hochteure Märchenhochzeit angesagt.
Nicht nur im Orient geht es bei Vermählungen farbenprächtig und operettenhaft zu und her. Baron Hans Heinrich (Heini) Thyssen-Bornemisza, dank Stahl zu Milliarden gekommen, wollte 1993 seiner Tochter Francesca eine unvergessliche Hochzeit ausrichten – wohl froh darüber, dass diese ihre Versuche als Popsängerin und Unterwäschemodell vorzeitig, da erfolglos abgebrochen hat.
Der Freier war kein Geringerer als Karl von Habsburg-Lothringen, ältester Sohn des Otto von Habsburg, einstiger Kronprinz des ebenfalls einstigen Reichs Österreich-Ungarn. Tiefblaues Blut verpflichtet. Da wollte natürlich auch Baron Heini seinen (Geld-)Adel vorzeigen, obwohl er nach seiner Einbürgerung in der Schweiz eigentlich auf den Titel hätte verzichten müssen. Flugs liess er sich eine ungarische Fantasieuniform aus Samt und Seide schneidern, schwer besetzt mit Pelz, Strass, Kordeln, auf den Kopf stülpte er sich eine Pelzmütze.
Schade für den Aufwand. Denn der europäische Hochadel blieb der Trauung fast geschlossen fern. Die Verbindung sei unter dem Stande derer von Habsburg, wurde reklamiert, und den Titel Baron trügen die Thyssen-Bornemiszas ja auch erst in dritter Generation. Baron Heini liess sich die Stimmung nicht verderben, sang in der Kirche zu Mariazell im Chor mit 800 weiteren Kehlen lautstark «Innig bleibt mit Habsburgs Throne, Österreichs Geschick vereint». Das Absingen der längst ausgemusterten k.u.k. Hymne hat nicht geholfen; seit 2003 geht das einstige Glamourpaar getrennte Wege.