Die Tochter lernt für die Geschichtsprüfung. Thema: Steinzeit. Die faden Illustrationen im Schulbuch haben Sie sicher noch vor Augen. Männer jagen mit Speeren und Steinschleudern Riesenhirsche und Auerochsen, Frauen sammeln Beeren und Nüsse in Weidenkörben. Eine gute Gelegenheit, mal etwas klarzustellen: «Heute weiss man, dass es diese Arbeitsteilung bei den frühen Menschen gar nicht gab. Frauen, auch Mütter, waren nämlich selbst Jägerinnen.» Dieser Input reicht noch nicht, um die Aufmerksamkeit der Tochter zu gewinnen. «Fossile Funde zeigen, dass Männer und Frauen die gleichen Jagdverletzungen hatten. Zudem hat man in den Gräbern von Frauen Waffen gefunden.» Nun hebt die Teenagerin doch entnervt den Kopf: «Und was hat das alles mit Geld zu tun?» Moment mal! «Warum muss denn immer alles mit Geld zu tun haben? Aber wenn du so willst, dann ist das ein gutes Beispiel dafür, wie Menschen auf Stereotype hereinfallen. Archäologen haben ihr neuzeitliches Frauenbild in die Forschung über die steinzeitlichen Jäger und Sammler einfliessen lassen. Und das ist irgendwie beim Thema Finanzen ganz ähnlich. Trotz der Fortschritte, die wir bei der Gleichstellung gemacht haben, halten sich immer noch Stereotype über Frauen und Geld. Viele Menschen denken nach wie vor, dass Männer von Natur aus die besseren Anleger sind. Angeblich sind sie aggressiver und selbstbewusster beim Fällen von Entscheidungen. Du weisst sicher, dass die Realität ganz anders aussieht. Zahlreiche Studien zeigen, dass Frauen bessere langfristige Anleger sind als Männer, weil sie geduldiger und besonnen vorgehen und weniger kurzfristige Entscheidungen treffen. Einige Analysen zeigen sogar, dass Frauen höhere Renditen erzielen als Männer, weil sie seltener handeln. Das senkt die Transaktionskosten, und gleichzeitig tappt man nicht in die Market-Timing-Falle.»

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Die Tochter ist schon längst wieder in die Evolution des Menschen und die neolithische Revolution vertieft, als der Jüngste aus der Küche ruft: «Gibt es gar keine Guetsli mehr?» Da grinst die Teenagerin: «Mama, hast du vergessen, jagen zu gehen?»