W er den nun bei Nestlé chefgewordenen Franzosen Laurent Freixe einmal kennengelernt hatte, berichtete in der Regel von einem freundlichen, höflichen Menschen und einer, für einen Topmanager, erstaunlich niedrigen Bugwelle. Dieser Laurent Freixe hat bei Nestlé die Teppichetage nun in epischem Ausmass durchgerüttelt. Dabei hat er nicht nur organisatorische Reformen seines Vorgängers Mark Schneider schlicht zurückgedreht, also den neuen Claim «forward to basics» mit Leben gefüllt, auch auf Kosten der Karrieren einiger seiner bisherigen Peers in der Konzernleitung. Auf der anderen Seite gibt es einige Gewinner der Rochaden. Und im Hintergrund dürften bereits Konzernpräsident Paul Bulckeund sein Vertrauter und Lead Director im Board, Pablo Isla, Ex-Chef des Bekleidungsriesen Inditex (Zara), mitgewirkt haben, um den Führungsnachwuchs für die Zeit nach Freixe, der im April 63 wird, in Stellung zu bringen und auszutesten.
Und nicht zuletzt dürfte es Freixe auch darum gegangen sein, seine Durchschlagskraft unter Beweis zu stellen: dass er mehr ist als eine schnelle Notlösung und dass er, obwohl seit vielen Jahren in der Konzernleitung, keine Scheu vor drastischen Schritten hat.
Denn dass eine Verkleinerung der Teppichetage um nur zwei Köpfe auf immer noch mehr als zehn die Prozesse «beschleunigt» und «Dynamik» auslöst, während sich Freixe zugleich neue Direct Reports zulegt, die bisher an andere Topmanager berichtet hatten – das klingt nach Zweckoptimismus und auch etwas vorgeschoben.
Dass der 64-jährige Bernard Meunier das Gremium verlässt und noch einige Projekte leitet, scheint nachvollziehbar. Ob es aber der Beschleunigung wirklich dient, das riesige Kaffeegeschäft in das Ressort der strategischen Geschäftsfelder einzugliedern, das Meunier bisher führt – diesen Beweis muss Freixe erst antreten. Wenig einvernehmlich wirken die Trennung von Béatrice Guillaume-Grabisch, die noch einige Jahre bis zur Rente hat, aber nie auf sich aufmerksam machen konnte, und die Degradierung von China-Chef David Zhang, dessen Gebiet wieder in einer Grosszone Asien aufgeht.
Kollege Steve Presley, bisher Nordamerika-Chef, rückt hingegen an die Spitze der wieder formierten Grossregion «Americas», die bis zu ihrer Zerschlagung durch Schneider deutlich mehr als ein Drittel des Konzernumsatzes einspielte; auch Freixe und Bulcke führten einst diesen Brocken. Presley ist damit zu einer Art Kronprinz avanciert.
Die spannendste Personalie: Philipp Navratil zieht in die Konzernleitung ein. Er avancierte erst vor wenigen Monaten zum Chef von Nespresso; dieses Amt ist üblicherweise nicht Teil der Teppichetage. Zudem war Navratil nie Chef eines Ländermarktes. Um die zuletzt wachstumsschwache Edelmarke enger zu führen, hätte Freixe den 48-jährigen Navratil nicht befördern müssen. Insider vermuten, Freixe und Bulcke testen ihn für Höheres.
Gar keine Erwähnung wert war dem Konzern der Abstieg seiner obersten Kommunikatorin, der Amerikanerin Lisa Gibby. Von Schneider in die Konzernleitung befördert, wird sie dort von Freixe stillschweigend wieder verabschiedet.