Gold ist wieder einmal gefragt als «sicherer Hafen« in turbulenten Zeiten. Doch Kunden, die sich das Edelmetall wegen der Coronavirus-Pandemie und ihrer globalen Folgen in den Tresor oder unter das Kopfkissen legen möchten, braucht derzeit Glück und Geduld.

Denn die Nachfrage nach Goldbarren und Münzen ist in den letzten Tagen und Wochen regelrecht explodiert. Gleichzeitig stockt der Nachschub. «Bei uns hat sich das Volumen letzte Woche bereits verzehnfacht», sagt Andreas Hablützel, Chef der Degussa Goldhandel AG in Zürich.

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Lieferungen von Barren und Münzen stocken

Wie lange er seine Kunden noch beliefern kann, ist offen. Denn der Nachschub versiegt, weil Prägeanstalten etwa in Südafrika oder Kanada wegen der Virus-Pandemie und der Massnahmen zu ihrer Eindämmung nicht mehr liefern können.

Zudem fallen im Tessin seit Montag drei grosse Gold-Raffinerien für mindestens eine Wochen aus, nachdem die lokalen Behörden die Schliessung nicht lebenswichtiger Industriezweige angeordnet hatten, um die Ausbreitung des Erregers einzudämmen. «Das brachte zusätzlich Stress in das gesamte System», erklärt Hablützel.

Die Schweiz ist eine globale Drehscheibe für die Raffination von Edelmetallen. Die drei Raffinerien im Tessin – Valcambi, Argor-Heraeus und PAMP – verarbeiten jährlich rund 1500 Tonnen Gold; das entspricht einem Drittel des weltweiten Angebots. Valcambi und PAMP wollen den Betrieb vorerst bis 29. März aussetzen, Argor bis zum 5. April.

Mangel für Privatanleger weltweit

«Durch die zeitlich begrenzte Schliessung mehrerer Goldraffinerien in der Schweiz kommt es zu einem Mangel an physischem Investmentbarren für Privatanleger weltweit», sagt Andre Christl, Chef des deutschen Produzenten Heraeus Precious Metals.

Auch bei der Zürcher Kantonalbank verspürt man ein riesiges Interesse an Edelmetallen. «Die physische Nachfrage nach Gold bei der Zürcher Kantonalbank ist derzeit enorm», sagt eine Sprecherin der Bank. «Es werden sämtliche verfügbaren Produkte wie Barren, Münzen ert cetera nachgefragt.»

Auch Silber – für das anders als für Anlagegold Mehrwertssteuer bezahlt werden muss – werde im grossen Stil gekauft. Doch auch die Zürcher Staatsbank kämpft mit einem knappen Angebot. «Die Banken zehren von ihren Reserven und können derzeit nicht mit Nachschub rechnen», sagte die Sprecherin.

Grosse Lagerbestänge bei Degussa

Degussa Schweiz kann dank grosser Lagerbestände vorerst weiterhin liefern, wie Firmenchef Hablützel sagte. «Wir haben ein Lager von mehreren 1000 Barren.» Verkaufsrenner seien der 100-Gramm-Goldbarren und der Gold-Combibarren zu 50 Gramm – ein Barren in Form einer Schokoladetafel. Angeboten wird dieser spezielle Barren, der in Ein-Gramm-Stücke gebrochen werden kann, bei Degussa aktuell für 2927 Franken (2772 Euro).

«In den vergangenen Tagen ist bei privaten Anlegern eine verstärkte Nachfrage nach Gold, von den kleinsten zu den grössten Goldbarren und Münzen feststellbar», erklärt Giovanni Staunovo, Rohstoffanalyst bei der UBS. «Dies ist eine Trendumkehr zur Vorwoche, in der Gold noch verkauft wurde, um Liquidität zu schaffen.»

Die aggressive Lockerung der Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken dürfte die weltweite Nachfrage nach realen Anlagen wie Gold auch in den kommenden Wochen weiter hochtreiben.

Am Weltmarkt wird Gold derzeit zu 1610 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) gehandelt, nachdem das gelbe Edelmetall jüngst ein Siebenjahreshoch von 1703 Dollar erklommen hatte.

(reuters/me)

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