Eine neue Generation von Versicherungskunden ist erwachsen geworden: die Digital Natives. Als solche werden gemeinhin Personen bezeichnet, die nach 1980 geboren wurden. Während bis anhin ihre Eltern die Versicherungslösung nach den alten Mustern auswählten, gründen sie nun ihre eigenen Haushalte und Familien und treffen eigene Entscheidungen. Doch wie tickt diese Generation?

Neue Brands für eine neue Generation

Digital Natives sind mit den Technologien der Digitalisierung aufgewachsen. Ihr erstes Mobiltelefon war meist ein Nokia 3310. Sie spielten das Game «Snake», lernten SMS schreiben und erlebten, wie das Mobiltelefon mehr und mehr zur Fernbedienung ihres Lebens wurde. Wo sie selber entscheiden durften, wählten sie neue Wege und vor allem auch neue Brands. Musik? Spotify. Bücher? Amazon. Filme? Netflix. Kleidung? Zalando. Banking? Neon. Telekom? Wingo. Reisen? Booking. Die Liste der Branchen, die durch die Digital Natives in den vergangenen Jahren disrumpiert wurden, ist lang. Und nun sieht sich diese Generation mit der Frage konfrontiert, wie sie sich, ihre Familie und ihr Eigentum versichern soll.

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Neue Wachstums- und Ertragsquellen

Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass auch die Versicherungsbranche von dieser Entwicklung betroffen sein wird. In den USA und in Europa sorgen neue, digitale Sachversicherungen wie Hippo, Lemonade, Root Insurance, Next Insurance oder One Insurance für Furore. Oft reagieren die klassischen Versicherungen, indem sie solche Unternehmen aufkaufen, um so schnellen Zugang zu den neuen Technologien oder Märkten zu erlangen. Danach versuchen sie, die neuen Einheiten in ihre eigenen, komplexen Strukturen und in ihre Legacy einzubetten. Mit der Standardisierung und der Harmonisierung gehen jedoch meistens sowohl die Assets wie auch die Kultur der erworbenen Unternehmen verloren.

Deshalb sind nun auch anderweitige Tendenzen zu verzeichnen: Mit Toggle (von Farmers), Spire (von Nationwide), HiRoad (von State Farm) und Nexible (von Ergo) lancieren auch immer mehr gestandene Versicherungen eigene Stand-alone-Brands, um die Bedürfnisse der Digital Natives zu erfüllen. Hiermit erschliessen sie neue Wachstums- und Ertragsquellen, anstatt nur die Margen des angestammten Geschäfts zu verteidigen.

Radikal einfach

Eine Gemeinsamkeit der meisten neuen Brands sind die Frische in Design, Layout und Sprache sowie ein konsequenter Mobile-first-Ansatz: Die Optimierung der Versicherungslösung auf einen kleinen Screen zwingt in allen Dimensionen zu radikaler Einfachheit.

Die neue Generation erwartet von ihrer Versicherung nämlich nicht nur eine faire Prämie, sondern auch eine ständige Verfügbarkeit und einfache Abläufe. Eine Mobile-first-Lösung kann genau dies bieten. Darüber hinaus eröffnet sie den Firmen ganz neue Möglichkeiten der Kundeninteraktion. Relevante und regelmässige Touchpoints mit Kunden über den Abschluss- und Schadenprozess hinaus steigern zum einen die Loyalität und bieten zum andern aber auch Chancen für Up- und Cross-Selling.

Coronavirus als Beschleuniger

Laut der Omnichannel-Studie von BCG hinkt die Schweiz bezüglich des digitalen Marktreifegrads den USA, dem Vereinigten Königreich und Deutschland zwar noch hinterher, zeigt aber vielversprechende Wachstumsraten. Mit der aktuellen Corona-Krise wird sich dieser Trend nun zusätzlich beschleunigen und digitale Geschäftsmodelle gewinnen stark an Bedeutung. «90 Prozent der Konsumenten kommunizieren bereits heute über das Smartphone mit Brands. Die Corona-Krise führt nun noch schneller dazu, dass Konsumenten ihren gesamten Alltag über das Smartphone erledigen», sagt Yamin Gröninger, Partnerin und EMEIA Lead von Insurance Innovation bei EY.

Gemäss einer Studie von App Annie, einem der weltweit grössten App-Analytics-Anbieter, hat sich die Zeit, die Nutzer seit der Corona-Krise in Finance-Apps verbringen, in den USA um 20 Prozent und in Deutschland um 15 Prozent erhöht. Sobald die allgemeine Corona-Schockstarre überwunden ist, können die digitalen Versicherungen wohl davon ausgehen, dass die neue Generation an Versicherungskunden zusätzliches Wachstum für sie generieren und damit die Branche nachhaltig verändern wird.

Diese Veränderung ist keineswegs nur für neue Player spannend. Auch etablierte Player können davon profitieren, wenn sie nicht an alten Denkmustern festhalten. Erste spannende Entwicklungen zeichnen sich hierzulande bereits ab: Jüngst haben sich diverse digitale Versicherungen im Verband Digitalversicherung Schweiz zusammengeschlossen; als Erste in Europa.

Pierangelo Campopiano, CEO Smile. 
Markus Bucheli, CMO Smile