Finanzkrise, Pandemie, Inflation: Die soziale Ungleichheit in den Industrieländern wächst angesichts dieser Herausforderungen in vielen Industrieländern. Darauf weist der Autor des im November veröffentlichten Reports «Inclusive Insurance in Advanced Economies», Kai-Uwe Schanz, hin. Deshalb gebe es in vielen Ländern Bestrebungen, inklusive Versicherungen als Möglichkeit zu prüfen, den Versicherungsschutz auf unterversorgte Bevölkerungsgruppen auszudehnen. Inklusive Versicherungen seien Kernbestandteil der finanziellen Inklusion, die den Zugang zu grundlegenden Finanzdienstleistungen unabhängig vom sozioökonomischen oder soziodemografischen Status gewährleistet, schreibt Schanz, Deputy Managing Director und Head of Research & Foresight der Geneva Association mit Sitz in Zürich, in seiner Einleitung. Dabei könnten Versicherungen soziale Ungleichheit verringern, indem sie verhindern, dass Einzelpersonen und Haushalte in Armut geraten.
Thema eng mit Versicherungslücken verknüpft
Das Thema Inklusive Versicherungen ist dabei eng mit dem Thema Deckungslücken verknüpft, bei denen Einzelpersonen, Haushalte und Unternehmen über keinen ausreichenden Schutz gegen Risiken wie beispielsweise Naturkatastrophen oder Cyberattacken verfügen. Der ungedeckte Versicherungsbedarf geht laut Schanz weltweit in die Billionen Dollar. An verlässliche Daten zu kommen ist indessen schwierig. Aus diesem Grund führte die Geneva Association eine Umfrage unter mehr als 28’000 Haushalten in Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Spanien, Großbritannien und den USA durch.
Die Umfrage zeigt, dass etwa 85 Prozent der Befragten in den Industrieländern mindestens ein Versicherungsprodukt besitzen, wobei Motorfahrzeug- und Wohngebäudeversicherungen am weitesten verbreitet sind. Vor allem Befragte mit niedrigem Einkommen, der Generation Z und mit Migrationshintergrund seien laut Umfrage tendenziell weniger versichert als die Referenzbevölkerung, was auf Inklusionslücken hindeutet. Weltweit sind private Kranken- und Wohngebäudeversicherungen die am meisten benötigten zusätzlichen Deckungen, lautet ein Fazit der Umfrage.
Versicherungsschutz muss bezahlbar sein
Allerdings: Versicherungsschutz kostet. Die Bezahlbarkeit sei durchweg das wichtigste Thema für alle soziodemografischen Untergruppen, insbesondere für einkommensschwache Befragte. Der Report kategorisiert Hindernisse für eine inklusive Versicherung in vier Hauptbereiche: Verfügbarkeit, Zugänglichkeit, Erschwinglichkeit und Bewusstsein.
Verfügbarkeitsprobleme entstehen durch ein eingeschränktes Angebot an verschiedenen Versicherungsprodukten für unterschiedliche soziodemografische Gruppen. Zugang zu Versicherungen sind ein besonderes Problem in geografisch abgelegenen Gebieten, in denen es kaum Makler oder keinen Internetzugang gibt. Die Bezahlbarkeit von Versicherungsschutz ist ein entscheidendes Hindernis, insbesondere für Haushalte mit niedrigem Einkommen. Und letztendlich spiegelt ein mangelndes Bewusstsein für Versicherungen oft eine geringe Finanzkompetenz bei potenziellen Kunden wider, so die Haupterkenntnisse.
Hindernisse abbauen
Die Entwicklung von Versicherungsprodukten, die erschwinglich und für verschiedene, unterversorgte Bevölkerungsgruppen relevant sind, sind laut Report also der Schlüssel zu einer inklusiven Versicherung und zu sozialer Gerechtigkeit. Zudem gelte es, Hindernisse beim Zugang zu Versicherungen abzubauen und das Finanzwissen über entsprechende Programme zu fördern. Die Zusammenarbeit mit Regierungsbehörden und Regulierungsstellen seien für die Schaffung inklusiver Versicherungsmärkte von entscheidender Bedeutung. Gleichzeitig ist das Potenzial für Versicherer angesichts der Billionen-Dollar-Versicherungslücke riesig. Dies gilt es zu nutzen.