Was war der Auslöser für die intensive Arbeit an der Lernkultur bei Axa Schweiz?

Die Axa Schweiz transformiert ihre Organisation seit einigen Jahren, um agiler und schneller auf Marktgeschehen reagieren zu können und natürlich, um ihre strategischen Ziele zu erreichen. Dabei stellen wir fest, dass es nicht nur eine neue Organisations- und Arbeitsform braucht, sondern Menschen, die sich darin entfalten und performen können.

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Dazu gehört ein neues Leadership Verständnis und ein neuer Umgang mit Lernen und persönlicher Entwicklung. Wir sind überzeugt, dass für eine der Organisation, welche neue Skills und Talente braucht, eine moderne Lernkultur eine strategische Notwendigkeit ist. 

Mit welcher Motivation geht man an den Aufbau einer neuen Lernkultur?

Mein eigener Werdegang hat mich dazu inspiriert. Nach einem abgebrochenen Maschinenbaustudium an der ETH habe ich umgesattelt, erst Physiotherapeut gelernt und in dem Beruf sieben Jahren gearbeitet. Danach habe ich im Jahr 2000 in die Informatik gewechselt - mit einem Quereinsteigerprogramm für IT der damaligen Winterthur Versicherung. 

Nach vielen Jahren in der Software-Entwicklung und im IT-Betrieb bot mir unser CIO Andy Maier die Gelegenheit, den neuen Data, Technology and Innovation Campus aufzubauen. Mit diesem Wechsel habe ich die Brücke zu HR-Themen geschlagen. 

Das Leben hat mir also gezeigt: Wenn das Umfeld stimmt und man selbst es will, dann kann man auch mit 50plus noch völlig neue Aufgaben anpacken. Ich hatte dabei immer auch Glück und aussergewöhnliche Vorgesetzte. Mit der neuen Lernkultur möchten wir bei Axa Schweiz erreichen, dass solche «Glücksfälle» zum Normalfall werden.

Warum ist es wichtig, sich regelmässig neuen Herausforderungen zu stellen?

Es ist für das eigene Leben ungemein bereichernd. Und gleichzeitig ein Erfordernis unserer Zeit. Es wird oft gesagt, die Daten seien das neue Öl. Ich meine: Die Schlüsselressource der Zukunft ist der Mensch. 

Das Technologieforschungsunternehmen Gartner kündet in diesem Zusammenhang ein goldenes Jahrzehnt des HR an. Das World Economic Forum WEF spricht von der Upskilling Revolution. Warum? Weil es uns in einer sich schnell wandelnden Zeit nicht an Arbeit mangeln wird. Und an Daten sowieso nicht. Aber an Arbeitskräften, die den ständig wechselnden Anforderungen gewachsen sind, eben schon. 

Gleichzeitig stagniert oder schrumpft in westlichen Gesellschaften und mittlerweile auch in China aufgrund der Demografie das Arbeitskräftereservoir. Man kann also nicht einfach neue Leute einstellen. Die Lernkultur wird damit zu einer absolut strategischen Frage.

Was sind die Eckpfeiler der neuen Lernkultur der Axa Schweiz?

Zunächst einmal heisst Lernkultur bei uns nicht: Alle Leute in Kurse schicken. Weiterbildungen können ergänzend wichtig sein, wenn der Transfer des Gelernten in die Arbeit sichergestellt ist. Sie können wertvolle Impulse geben und den Horizont erweitern. Sie können gezielt Lücken füllen. Aber sie können nicht die Basis einer Lernkultur sein, denn wir lernen bekanntlich am besten voneinander und direkt im «Moment of Need». 

Bei Axa Schweiz bauen wir unseren Ansatz auf drei Pfeilern: Das Umfeld, die Rolle der Leader und die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden. Dabei profitieren wir von unserer bereits gut etablierten agilen Organisationsform, welche diesen Ansatz unterstützt.

Tönt gut. Aber was heisst das in der Praxis?

Ich mache ein Beispiel. Ein Team erhält eine schwierige Aufgabe. Es stellt sich die Frage, wer diese übernimmt. Bisher wurde in einer solchen Situation aus Zeitgründen meist die erfahrenste Person mit der Herausforderung beauftragt. Damit wird aber eine Lernchance verpasst! Wäre es nicht sinnvoll, die Aufgabe einer Person mit weniger Erfahrung aber viel Potenzial und Motivation zu geben? Denn wir wissen alle: Am besten lernen wir, wenn wir neue Dinge tun.

Damit dies regelmässig passiert, muss bei den drei erwähnten Eckpfeilern einiges passieren: Es muss ein Umfeld geben, dass «Lernen und andere befähigen» als Wertbeitrag und nicht als Zeitverlust sieht. Auch wenn es manchmal auf Kosten der kurzfristigen Effizienz geht. Es braucht Entscheidungsträger, die diesen Wert verstehen und als Lernchance bewusst nutzen. Und es braucht Mitarbeitende, die sich den Herausforderungen stellen wollen und sie nicht als Gefahr wahrnehmen.

Was ist dabei die Aufgabe von HR?

Zunächst geht es darum, bei unseren Führungskräften das Bewusstsein zu schaffen für die erwähnten Lernchancen. Es braucht neue Rollenmodelle, mit denen die neue Kultur gelebt werden kann. Also nach dem Motto: Es ist ok, eine Aufgabe anzupacken, an der man noch wachsen muss. Leben Führungskräfte dies vor, schaffen sie damit die psychologische Sicherheit, die die Grundlage der für das Lernen unabdingbaren Fehlerkultur ist. 

Gleichzeitig müssen wir den Führungskräften helfen, dass die Lernkurve jeweils möglichst steil verläuft, dass aus Fehlern effektiv gelernt wird und das Gelernte auch weitergegeben wird. Dabei können wir den Lernprozess mit diversen Werkzeugen und Formaten aus unserer «Lern-Toolbox» begleiten. Dazu gehört zum Beispiel auch eine grosse interne Mobilität. 

Fast noch wichtiger ist aber, alle Wissensträger auf allen Stufen zu befähigen, ihr Wissen zu teilen. Unsere Lernkultur ist ein Geben und Nehmen. Wenn ich etwas lerne, sollte ich damit auch andere befähigen. Schliesslich muss das Lernen und Lehren auch in unserem Performance-Management Prozess als Wertbeitrag anerkannt werden. Sonst wird es immer hintenanstehen.

Was sind die Ziele für die kommenden 36 Monate?

Lernen und andere entwickeln soll zur Selbstverständlichkeit werden. Unser aktuell laufendes, breit angelegtes Leadership Programm unterstützt dieses Vorhaben hervorragend. Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingt, unsere neue Lern- und Lehrkultur zu etablieren und zum integralen Bestandteil unserer Organisation zu machen. 

Unser Team arbeitet daran, alle Angebote und Prozesse so zu gestalten, dass der Lerntransfer in das «Daily Business» sichergestellt wird und Wissen dort weitergegeben wird, wo die Wissensträger sind. So wird es uns gelingen die investierte Lernzeit effizient und effektiv zu nutzen.

Weiterführende Informationen:

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