Perlend leicht wie ein sommerlicher Monsunregen rieselt ein Wasserschauer von der Decke. Aus archaisch-schlicht anmutenden Armaturen sprudelt Wasser. Goldig braun schimmert eine riesige Badewanne, über und über mit edlen Bisazza-Steinchen besetzt. Die Szenerie wird von einem farbigen Wandmosaik mit tätowierten Frauenrücken dominiert. Eine Inszenierung zum Thema «Ritual im Bad» des Armaturenherstellers Dornbracht im Einrichtungshaus Stilwerk in Düsseldorf.

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Offen und herzlich tritt Mitbesitzer Andreas Dornbracht (46) aufs Parkett. Und erklärt umgehend, warum er nicht einfach nur Wasserhahnen und Duschen ausstelle. Es gehe ihm um Trends, um Lifestyle. Oder um Wellness – ein Wort, das auch im Zusammenhang mit dem privaten Bad zurzeit stark im Zentrum steht.

Für Andreas Dornbracht nichts Neues, mit solchen Strömungen beschäftigt er sich seit Jahren. Mitte der neunziger Jahre dachten er und seine Kaderleute bereits darüber nach, was als Trend auf die Designwelle folgen würde. «Unsere Antwort war: Kultur.» Innerhalb dieser Recherche habe sich Dornbracht auf das Thema Ritual fokussiert: «Kultur, Gesellschaft und Natur stehen im Mittelpunkt. Die Verführung, eine Wasserquelle oder ein Teich waren Inspiration.»

Mit dieser Art zu denken haben sich die Deutschen aus Iserlohn international einen Namen gemacht. Dazu mit Design, Qualität, aber auch Marketing und Kultursponsoring. Die edlen Wasserhahnen oder Duschen des Unternehmens sind weltweit in den besten Hotels montiert. Zum Beispiel im «Q!» am Kurfürstendamm in Berlin, das Anfang 2005 zum besten Designhotel der Welt gewählt wurde und vom Edel-Reisemagazin «Condé Nast Traveller» in die Hotlist aufgenommen wurde. Aber auch im «Mandarin Oriental» im mexikanischen Cancún, im Four-Seasons-Resort The Biltmore in Kalifornien oder in den Al Fattan Marine Towers in Dubai, im «Swissôtel Krasnye Holmy» in Moskau oder im Pariser «Sezz».

Der Casino-Mogul Steve Wynn und der Baulöwe Donald Trump installieren Dornbracht in ihren Bauten. Berühmte Architekten wie Jean Nouvel oder John Pawson wählen die Armaturen made in Germany. Dies, weil gemäss Andreas Dornbracht die Architekten und Bauherren sich einerseits «an der Form begeistern, aber auch positive Erfahrungen bezüglich Service, Langlebigkeit und Benutzerfreundlichkeit gemacht haben».

Stolz erzählt er, dass sein Unternehmen im Jahr 1992 das «Peninsula» in Hongkong ausgestattet habe. Nun wird renoviert, und die Armaturen sind noch so gut erhalten, dass sie wahrscheinlich gar nicht ersetzt werden. «Eine riesige Referenz für uns.»

Heute ist das Familienunternehmen Dornbracht ein Brand mit internationalem Renommée. Die Anfänge führen zurück in die fünfziger Jahre. 1950 entschliesst sich der Grossvater, Aloys F. Dornbracht, zur Selbständigkeit. Er geht mit seiner ersten selbst gefertigten Armatur zunächst buchstäblich Klinken putzen. 1952 lässt er den ersten ausziehbaren Hahn patentieren. Das Geschäft läuft noch harzig. Aloys und Sohn Helmut arbeiten tagsüber als Lohnempfänger; der eigenen Produktion können sie sich nur in der Freizeit widmen.

Dann kam der Erfolg. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und der Professionalisierung der Küche war die praktische Armatur auf einmal äusserst begehrt. Bald wurden sagenhafte 40 000 Stück pro Monat hergestellt. Schon Ende der sechziger Jahre spezialisierte sich das Unternehmen auf Luxusarmaturen. «Mein Vater folgte schon in den fünfziger Jahren dem Motto ‹anders als die anderen› und war dann auch der erste deutsche Hersteller im Luxussegment.» 1972 betrug der Umsatz fast zehn Millionen Mark.

Zu dieser Zeit schnuppern die Enkel Andreas und Matthias im Betrieb. Andreas arbeitet als 10-Jähriger in der Montage und später mit 13 in der Poststelle. Früh entwickelt er ein noch heute gültiges Artikelnummersystem. Bruder Matthias zeichnet die ersten Fabrikpläne und plant Montageplätze. Für beide ist es später selbstverständlich, ins Familienbusiness einzusteigen: «Mein Vater brauchte uns, um das Unternehmenswachstum zu managen.»

Sohn Andreas Dornbracht arbeitete in den USA für einen Importeur der Dornbracht-Produkte, «als der Ruf meines Vaters kam». Damals war er 25 Jahre alt. Seit 1991 leiten Andreas und Matthias Dornbracht das Unternehmen. Die Kapitalanteile haben sie Mitte der neunziger Jahre übernommen. Alles verlaufe mehr oder weniger reibungslos. Der klassische Generationenkonflikt habe sich, so Andreas Dornbracht, nie eingestellt. «Es gab unterschiedliche Meinungen, aber keine typischen Konflikte.» Zur Erklärung meint Dornbracht: «Mein Vater hat früh losgelassen und die Nachfolgeregelung entschieden.» Entscheidend sei auch gewesen, dass die Beteiligten immer einen Blick dafür hatten, was möglich sei und wohin sie wollten. Zudem sind die Bereiche sehr gut aufgeteilt: Matthias Dornbracht ist für die Technik zuständig, Andreas Dornbracht für das Marketing und den Vertrieb. Vater Helmut kommt auch heute noch fast täglich in den Betrieb, allerdings ohne Verantwortungsbereich. Als «guter Geist».

Der enorme Erfolg der letzten 20 Jahre basiert auf verschiedenen Faktoren. Anfang der achtziger Jahren liebäugelte bereits Vater Helmut Dornbracht mit modernem Design als entscheidendem Faktor. Vorher hatte auch er leicht überfrachteten Luxus in Gold produziert oder auf Jugendstil getrimmten Kitsch. Andreas Dornbracht: «In der Nachkriegszeit war die Innovation in unserem Bereich, dass überhaupt Raum für das Bad gestaltet wurde.» Vorher war das Bad eine grossbürgerliche Einrichtung gewesen und das WC noch auf der Etage. In den Sechzigern und Siebzigern standen dann funktionelle Ansprüche im Vordergrund. Duschabtrennungen, Spiegelschränke, Whirlpools oder auch die Einhandmischer wurden entwickelt. Die achtziger und neunziger Jahre standen dann im Zeichen der Ästhetisierung, des Designs.

Bereits 1984 entwickelte Helmut Dornbracht mit dem Team von Sieger Design die Linie Domani, die erste Designarmatur des Hauses. «Alle im Unternehmen waren dagegen», erinnert sich Andreas Dornbracht. «Ich war zu dieser Zeit in den USA und war begeistert, sicher, dass dies der richtige Weg ist.» Er hat sich nicht getäuscht. Schritt für Schritt wird die Designkompetenz aufgebaut. Dornbracht-Design überzeugt zunehmend durch sehr ausgewogene Proportionalität und Liebe zum Detail. «Wir kämpfen um Zehntelmillimeter. Mein Vater hatte anfänglich den richtigen Riecher. Er hat mit dem Fokus aufs Design den Zeitgeist gespürt. Wir Brüder sind diesen Weg dann konsequent weitergegangen.»

Mit der 1993 entwickelten Armatur Tara startete die Firma eine gigantische Erfolgsgeschichte und schuf einen Designklassiker. Seit der Lancierung wurden weltweit mehrere hunderttausend Bäder ausgestattet. Die Armatur besticht durch die radikale Reduktion auf ein geometrisches Grundmuster, dem als Vorbild der klassischen Kreuzgriff dient. Die Faszination von Tara liegt jedoch darin, dass es «eine moderne Interpretation eines Archetyps» ist, wie Andreas Dornbracht sagt. «Zudem war die Zeit reif, und wir haben mit dem Zwei-Griff-Mischer eine rückständige Produktkategorie neu belebt.»

Ende der Achtziger konzentriert sich Dornbracht auf das Premiumsegment und investiert konsequent in die Marke. 1996 wird das Sortiment bereinigt und von 12 000 auf 4500 Produkte reduziert. Neben dem Design, dessen Erfolg auf einer «gewissen Zeitlosigkeit» basiert, sind die Technologie und die hohe Material- und Oberflächenqualität entscheidend. Diese Faktoren sind wichtig für den Schutz des Trinkwassers und die Langlebigkeit.

Wichtige Aspekte sind für Andreas Dornbracht auch ein «persönliches Netzwerk, Kundenbeziehungen und die Präsenz als Familienunternehmen». Seit den achtziger Jahren arbeitet er erfolgreich mit den renommierten Gestaltern des Unternehmens Sieger Design zusammen, und auch der Kommunikationsberatung Meiré & Meiré ist Dornbracht stets treu geblieben. Andreas Dornbracht treibt die Internationalisierung voran, aber immer mit dem Stempel «Manufakturqualität made in Germany».

Viele Unternehmen lagern Arbeitsplätze in Billiglohnländer aus, Dornbracht produziert zu hundert Prozent in Deutschland und gilt als einer der besten Ausbildner. Das ist einerseits auf eine ethische Grundhaltung zurückzuführen, andererseits geht es aber auch um handfeste wirtschaftliche Überlegungen. Da ist zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Zulieferern vor Ort, die Vorteile bringt. «Wir sind kein Massenhersteller und müssen am Markt hochflexibel reagieren können. Auch die Produktion unserer Individualanfertigungen kann man nicht einfach auslagern.»

In der Zwischenzeit hat das Unternehmen 76 internationale Designpreise gewonnen. Der Umsatz hat sich zwischen 1996 und 2005 von 39,4 auf 142,4 Millionen Euro gesteigert. Dornbracht beschäftigt 630 Mitarbeitende.

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Kommunikation. Seit 1996 investiert Dornbracht in Kunst- und Kulturprojekte. Das Projekt «Statements» wird gestartet, ein Magazin in limitierter Auflage und wechselnder medialer Form. Für die erste Edition engagiert Andreas Dornbracht unter anderem den berühmten Fotografen Jürgen Teller. Teller hat in den neunziger Jahren eine äusserst umstrittene Art der Modefotografie mitgeprägt, die unter dem Schlagwort «Heroin Chic» in die Geschichte eingegangen ist. Für «Statements» setzt er zum Beispiel eine junge Frau in eine Badewanne. Einziges Accessoire ist ein um den mageren nackten Leib geschlungener Duschschlauch. «Als ich die Fotos gesehen habe, habe ich nasse Hände bekommen», erzählt Andreas Dornbracht. «Ich habe sie dann erst einmal beiseite gelegt und mir überlegt, ob man das dem Unternehmen überhaupt zumuten könne.» Dornbracht entscheidet sich fürs Projekt und lässt das Magazin produzieren. Als es angeliefert wird, herrscht zunächst grosser Aufruhr. «Ich habe es dann gleich weggeschlossen und mir überlegt, wie wir das kommunizieren.»

Dornbracht geht in die Offensive und baut an der internationalen Fachmesse ISH in Frankfurt einen Kulturraum auf. In diesem Rahmen wird das Projekt vorgestellt. «Wir haben uns schon einem Risiko ausgesetzt, aber das Publikum hat es gut aufgenommen.» Auch die Familie steht voll hinter dem Projekt. «Mein Vater hatte immer Vertrauen in seine Söhne, das war und ist seine Grundhaltung.» Und so schaut Helmut Dornbracht am Messestand, dass alle ein Exemplar der Zeitschrift erhalten, und ist ständig für Nachschub besorgt. Seit 1996 erscheint jährlich einmal «Statements» unter der Mitwirkung von berühmten Künstlern wie den Franzosen Pierre et Gilles, der Holländerin Inez van Lamsweerde oder dem Schotten Douglas Gordon. Weitere Aktivitäten wie Sponsoring und Installationsprojekte entstehen. Dabei werden Kulturereignisse wie der deutsche Pavillon mit Rosmarie Trockel an der Biennale in Venedig gesponsert oder der Medienkünstler Fabrizio Plessi im New Yorker Guggenheim Museum gefördert.

Dieses Engagement für zeitgenössische Kunst hat Mut gebraucht. Heute bringt es Prestige, denn Dornbracht hat sich in Kunstkreisen einen Namen gemacht – wohl auch deshalb, weil die Firma Kunst nie zu PR-Zwecken missbraucht. «Wir instrumentalisieren weder Kunst noch Künstler», so Andreas Dornbracht.

Wichtig sei ihm, dass durch diese Kulturprojekte im Unternehmen eine Bewusstseinserweiterung stattgefunden habe. So ist auch die Fokussierung auf das Thema des Rituals durch die Beschäftigung mit Kunst entstanden. Als Prognose für die Zukunft meint Andreas Dornbracht, dass sich das Lebensumfeld noch stärker auf zwei Räume fokussieren werde: das Bad und die Küche. «Im Bad ist man auf sich selbst konzentriert, in der Küche auf die Gemeinschaft. Wir gehen zurück zu den Ursprüngen des Wohnens – zur Feuer- und zur Wasserstelle.» Ein Kreis schliesst sich.