Sie haben mit Staufen Inova soeben zumdritten Mal in Folge den Schweizer Beratungs-Award für «Best Business Transformation» gewonnen. Wie erklären Sie sich die vielen Auszeichnungen?
Jürg Hodel: Unser Erfolg basiert auf vier Säulen: Erstens definieren wir bei jedem Projekt zum Start in Absprache mit dem Kunden ein klares Ziel «Wohin» und klären auch das «Warum». Darauf basiert eine offene, transparente Kommunikation für die Organisation. Zweitens erstreckt sich unser Beratungsportfolio entlang der gesamten Wertschöpfungskette und über alle Unternehmensbereiche. Als dritten Punkt adaptieren wir unsere standardisierten Methoden aus Lean Management und Supply Chain Management inklusive der Instrumente in allen Disziplinen konsequent auf die individuelle Fragestellung des Kunden. Und schliesslich ist der «Change» in unserem Beratungsansatz stets ein wichtiger Aspekt. Jeder Consultant in unseren Reihen hat diesbezüglich eine Basiskompetenz und berücksichtigt diesen Aspekt direkt. Für grössere und komplexere Projekte haben wir erfahrene Organisationsentwicklungs- sowie ausgewiesene Change-Experten im Team.
Beratungsportfolio entlang der gesamten Wertschöpfungskette: Können Sie das näher erklären?
Früher orientierten sich Beratungsprojekte oft an spezifischen Funktionen wie Beschaffung, Verkauf, Produktion, Logistik oder Marketing. Es handelte sich um klassische Fach- und Prozessberatung in einem Teilgebiet. Mit Lean Management erreichen wir «Operational Excellence», betrachten jedoch die gesamte Supply Chain. Beispielsweise wird in einemLean- Production-Projekt auch die Planung, die Beschaffung mit Lieferantenmanagement, Logistik und auch die Entwicklung beleuchtet.
Dafür braucht es breit gefächertes Know-how.
Richtig, und wir achten deshalb darauf, dass unsere Berater stets Erfahrung und Fachwissen über ihren eigentlichen Kompetenzbereich hinaus mitbringen. Damit sind sie in der Lage, auch interdisziplinäre Fragestellungen zu adressieren.
Also plädieren Sie für eine Abschaffung des Spezialistentums?
Nein, nicht direkt. Jedoch bin ich überzeugt, dass die Berater der Zukunft neben ein bis zwei Disziplinen, in denen sie sich perfekt auskennen, auch über den Tellerrand hinaus die Zusammenhänge verstehenmüssen. Zumeinen ist das klassische Change Management, die Menschen auf die Reise der Veränderung mitzunehmen, integrierter Bestandteil in jedem Projekt. Zum anderen verstehen wir uns zunehmend als Transformationsberater mit einem systemischen Ansatz. Dies setzt auf jeden Fall ein generisches Know-how auch in verschiedenen Teilbereichen und Systemverständnis voraus.
Immer wichtiger dürfte in diesem Zusammenhang wohl technisches Fachwissen werden. Tut sich die Beratungsbranche mit der Digitalisierung noch etwas schwer?
Ich bin überzeugt, dass sich die Beratungsbranche im Allgemeinen sehr intensiv mit Digitalisierung und Industrie 4.0 auseinandersetzt. Allein die stark wachsende Kundennachfrage für solche Themen lässt gar nichts anderes zu. Die Schwierigkeit liegt recht häufig noch darin, von der Schlagwortebene auf die umsetzungsrelevante Ebene zu kommen, ohne direkt in die technischen Tiefen abzutauchen. Das heisst: Es wird oft über Digitalisierung gesprochen, ohne dass ein konkreter Plan vorhanden ist, wie diese in einem konkreten Projekt zielführend umzusetzen wäre.
Wie können Beratungsunternehmen diese Lücke schliessen?
Ich kann nur von unserem Unternehmen sprechen. Wir setzen uns regelmässig in crossfunktionalen Fachgruppen mit den aktuellen Megatrends auseinander und versetzen uns dabei in die Perspektive der Kundschaft. Welches sind ihre individuellen, zum Teil branchenspezifischen Herausforderungen? Wie kann aus Sicht des Kunden Mehrwert entstehen? Aus der Beantwortung solcher Fragen entwickeln wir in einem zweiten Schritt, sofern sinnvoll, eine Methode und nützliche Instrumente.
Woran können Kunden heute erkennen, ob ein Beratungspartner wirklich die notwendigen Skills mitbringt, um ein komplexes Projekt etwa im Bereich Digitalisierung erfolgreich umsetzen zu können?
Das hängt immer damit zusammen, auf welcher Ebene ein Kunde tatsächlich Unterstützung sucht. Sei es im Bereich der Strategie, für Strukturen und Prozesse oder für technische Lösungen und deren Umsetzung. Bei der Auswahl des passenden Beraters stellt sich deshalb die Frage, ob er im ersten Gespräch die effektive Fragestellung versteht und sie auf die entsprechende Ebene zuordnen kann. Vor allem, ob er in der Lage ist, sie von der Schlagwortebene in einen nachvollziehbaren unternehmerischen Kontext zu übersetzen und letztlich die für den Kunden individuell optimale Vorgehensweise zu antizipieren.
Braucht es dazu nicht häufig auch externe Kompetenzen?
Ein wichtiger Punkt. Zunehmend von Bedeutung ist, ob ein Beratungsunternehmen offen für kollaborative Ansätze ist und ob es ein entsprechendes Netzwerk hat. Entscheidend sind oft auch Referenzen: Wir bieten unseren potenziellen Kunden sogenannte Best-Practice-Besuche bei unserer Kundenbasis an. Unsere Best- Practice-Partner öffnen hierfür exklusiv ihre Türen und stehen für Fragen und Diskussionen bereit.
Staufen Inova setzt mit der Ausrichtung und Gestaltung des Track «Food Chain» am kommenden Worldwebforum vom 17. und 18. Januar 2019 Akzente zum Thema Digitalisierung. Worumgeht es da genau?
Gemeinsam mit V-Zug organisieren wir den Track «Digitalisierung entlang der Food Chain – From Seed to Plate». Unser gemeinsamer Wunsch ist es, Firmen und Forschung eine Plattform zu bieten, um sich zu möglichen Zukunftsthemen auszutauschen und über kollaborative Ansätze den Standortvorteil Schweiz zu nutzen. Neue Geschäftsideen sollen auf den Weg gebracht werden – aus Competition wird Coopetition. In vier kurzen, spezifischen Blöcken werdenamWorldwebforumTopreferenten aus Industrie und Forschung einen Blick von heute in die Zukunft wagen und aufzeigen, mit welchen Themen sie sich beschäftigen und welcher Nutzen daraus entlang der gesamten Food Chain generiert werden kann.
Können Sie eine solche Geschäftsidee erläutern?
Im Track «Agro- und Soil Science» zeigen wir beispielsweise auf, wie über Big Data, Data Analytics und Modellierung mit selbstlernenden Systemen für spezifische Regionen die ideale Bepflanzung und Bewirtschaftung abgeleitet werden kann. Das führt zu einer nachhaltigen, ressourcenschonenden Landwirtschaft mit erhöhter Produktivität. In der nächsten Stufe werden dem Rohstoff nach der Ernte die spezifischen Informationen zu klimatischen Bedingungen, Bodenbeschaffenheit und Weiterem mitgegeben. Diese Informationen können aktiv in der nächsten Verarbeitungsstufe genutzt werden. Und am Schluss der Kette steht eine Person, die etwas kochen und essen möchte. Das für sie optimale Rezept mit den idealen Zutaten ist gefragt; die Lieferung der notwendigen Produkte kommt zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge in die Küche. Im abschliessenden Prozessschritt wird natürlich der Backofen automatisch und optimal auf das Rezept sowie die verwendeten Zutaten eingestellt, sodass das ideale Essen auf den Teller kommt. Nachhaltig, ressourcenschonend und fair.
Da schlägt Ihr Unternehmen in Sachen digitale Kompetenz einen eindrücklichen Pflock ein.
Das hoffe ich natürlich. Zumindest ist uns die Ehre zuteil geworden, den Track «Food Chain» im Rahmen des Worldwebforums