Die Aufwertung des Frankens hat es in sich. Seit SNB-Chef Thomas Jordan Mitte Juni überraschend an der Zinsschraube drehte, legte der Franken handelsgewichtet um sieben Prozent zu. Rund 70 Prozent des Handels entfallen auf die Eurozone. War ein Euro noch vor wenigen Wochen 1.04 Franken wert, waren es zuletzt weniger als 96 Rappen.

Im Vergleich zu 2011 (Eurokrise) und 2015 (Aufhebung des Mindestkurses) ging die Aufwertung langsamer vor sich und sorgte für weniger Aufregung. Die symbolträchtige Parität fiel im Vorbeigehen. Gab es von Seiten der Exportindustrie in Stärkephasen zuvor einen Aufschrei, bleibt das Wehklagen nun weitgehend aus.

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Das hat seinen Grund: «Der Industrie geht es, anders als in früheren Jahren, trotz starkem Franken sehr gut. Die Auftragsbücher sind voll», sagt Credit-Suisse-Ökonom Maxime Botteron. Für Exporteure sei es derzeit einfacher, höhere Preise durchzusetzen. Dies erleichtere die im Ausland deutlich höhere Inflation.

«Das Wechselkursproblem ist neben steigenden Energie- und Rohstoffpreisen sowie Lieferkettenproblemen eine von vielen grossen Herausforderungen»

Ivo Zimmermann, Sprecher des Industrieverbandes Swissmem

Die Deutsche Bundesbank hält im Herbst eine Teuerung von über zehn Prozent für möglich; in der Schweiz sind es weniger als vier Prozent. Da deutsche Güter im Schnitt schneller teurer werden, können Schweizer Exporteure die Preise einfacher in die Höhe schrauben und so die Preise in Franken halten. Dies aber nur bis zu einem bestimmten Niveau.

«Mittlerweile hat der Franken stärker aufgewertet als die Differenz der Inflation. Es gibt also auch real eine Aufwertung», sagt Botteron. So unbeeindruckt ist die Industrie auf Nachfrage von der Frankenstärke nicht.

«Das Wechselkursproblem ist neben steigenden Energie- und Rohstoffpreisen sowie Lieferkettenproblemen eine von vielen grossen Herausforderungen», sagt Ivo Zimmermann, Sprecher des Industrieverbandes Swissmem. Die Überbewertung des Frankens habe sich gegenüber 2021 dank der hohen Inflationsdifferenz zwischen der Schweiz und dem Euroraum zwar abgeschwächt. Für die Firmen seien das rasche Absinken des Eurokurses unter Parität und die dauernde Anpassung an neue Währungsverhältnisse aber «ein Problem».

Nun ist man nicht unvorbereitet. «Seit dem Ende des Euro-Mindestkurses sichern Firmen ihre Währungsrisiken aktiver ab», weiss SGKB-CIO Thomas Stucki. Dies funktioniere aber nur bis zum Verfall der Termingeschäfte. «Sollte der Eurokurs in ein paar Monaten immer noch so tief oder noch tiefer sein, wird die Lautstärke der Kommentare zunehmen.»

Auch von der Konjunktur droht Ungemach: «Wir rechnen in der Eurozone mit einer Rezession, die Nachfrage könnte sich deutlich abschwächen», so Botteron.

Der Franken bleibe aber stark. Die CS prognostiziert in drei Monaten einen Eurokurs von 96 Rappen. Langfristig sprächen die geringere Inflation und der Handelsbilanzüberschuss für einen strukturell starken Franken. Experten wie Stucki glauben, dass SNB-Chef Jordan eine jährliche Aufwertung von zwei bis drei Prozent zulässt.