Die Schweizerische Nationalbank (SNB) fasst ihre seit Jahren verfolgte expansive Geldpolitik nicht an: Der Zinssatz bleibt mit minus 0,75 Prozent weiter negativ und auch am Devisenmarkt werde die Bank bei Bedarf weiter intervenieren. Damit bleibt die SNB wie erwartet auf ihrem Kurs. Was hingegen neu ist, sind die niedrigeren Inflationsprognosen der Notenbanker: Für dieses Jahr gehen sie von einer Teuerungsrate von nur 0,5 Prozent aus – dazu hat vor allem der sinkende Ölpreis beigetragen. Auch im kommenden Jahr werde die Inflation mit 1 Prozent niedriger ausfallen als zuvor angenommen.
Könnte dies darauf hindeuten, dass die SNB noch länger an ihrer aktuellen Geldpolitik festhält als geplant – nämlich über 2020 hinaus? Dafür spricht, dass sich die Weltwirtschaft zuletzt etwas schwächer entwickelt. Sie wächst zwar weiter – der IWF prognostizierte 3,7 Prozent für dieses Jahr –, aber nicht mehr so dynamisch wie Anfang des Jahres. Damals hielten Experten erste Zinsschritte der SNB bereits für 2019 möglich.
Bedeutende Risiken für die Weltwirtschaft
Nun sehen die Schweizer Zentralbanker aber «bedeutende Risiken» und meinen damit den zunehmenden Protektionismus vor allem von Seiten der USA sowie politische Unsicherheiten wie den Brexit und die italienische Haushaltspolitik. Diese belasten sowohl Unternehmen, die bereits ihre geplanten Investitionen anpassen und wohl eher reduzieren werden, als auch die Finanzmärkte, wie die verstärkte Volatilität der vergangenen Wochen an den Börsen zeigt.
Was die Schweizer Wirtschaft angeht, werde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr trotz jüngster Abschwächung noch um starke 2,5 Prozent wachsen. Doch für 2019 rechnet die SNB nur noch mit einem Wachstum von 1,5 Prozent. Die Risiken für die Schweizer Wirtschaft sind nach Einschätzung der Zentralbanker demnach «nach unten gerichtet», während sie sich im September offenbar noch weniger Sorgen machten. «Insbesondere würde sich eine starke Abschwächung der internationalen Wirtschaft rasch auf die Schweiz übertragen,» sagt SNB-Chef Thomas Jordan.
Die Europäische Zentralbank (EZB) bewertet dagegen die Risiken für den Wachstumsausblick für «weitgehend ausgeglichen» trotz Abwärtstrend. Auf ihrer heutigen Sitzung verkündete die EZB das endgültige Ende der Anleihekäufe in der Eurozone zum Jahresende. Zudem kündigten die europäischen Währungshüter an, die Zinsen frühestens nach dem Sommer 2019 anzuheben.
Warnung vor dem überhitzten Immobilienmarkt
Auf die Lage am Hypothekar- und Immobilienmarkt ging SNB-Vizepräsident Fritz Zurbrügg ein. Davon gingen die grössten Risiken für die inlandorientierten Banken aus. Hypothekarkredite und Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen steigen weiter an – und damit die Gefahr einer Überhitzung. Die rege Bautätigkeit bei Mietwohnungen habe zu einem Überangebot geführt – dies zeigen die zuletzt gestiegenen Leerstände.
Eine weitere Bestätigung für den Kurs der Währungshüter: Denn höhere Zinsen würden die Mieterträge bei Immobilienanlagen und damit letztlich die Immobilienpreise unter Druck setzen. Gleichzeitig stehen die Banken vor Problemen: Da ihre Zinsmarge weiter gesunken ist, sind sie zu höheren Risiken bereit und vergeben weiterhin vermehrt Hypothekarkredite - das Volumen steigt um rund 4 Prozent.
Steigende Zinsen und Immobilienpreise wären für die Banken besonders schmerzvoll. Die SNB prüft daher eine weitere Erhöhung der Kapitalpuffer und fordert weitere gezielte Massnahmen bei der Kreditvergabe für Immobilienanleger. Bereits im Juni hatte die SNB eine strengere Praxis bei der Vergabe von Hypotheken gefordert.