Millionen Wanderarbeiter kehrten nach den Feiertagen zum Chinesischen Neujahr im Februar nicht mehr an ihre Arbeitsplätze im Süden des Landes zurück. Trotz Lohnerhöhungen herrschte zuletzt Arbeitskräftemangel, da viele Arbeiter den monotonen und einfachen Jobs den Rücken kehren.

Die Unternehmen stehen durch steigende Rohstoffpreise, Arbeiterproteste und geringere Einnahmen für Exporte wegen der starken Währung ohnehin unter Druck. So verlegt etwa der  amerikanische Besitzer der Firma Guangzhou Fortunique, Charles Hubb, einen grossen Teil der Produktion nach Südostasien.

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Viele Exportfirmen, grosse wie kleine, ziehen von der Küstenregion in billigere Provinzen im Landesinneren.

Auch die Foxconn Technology Group - der weltweit grösste Zulieferer der Elektronikbranche mit Kunden wie Apple, Sony und Hewlett-Packard - will die Zahl von 400'000 Beschäftigten in der südchinesischen Stadt Shenzhen um ein Viertel reduzieren und den Hauptteil der Produktion ins Landesinnere verlagern.

In Shenzhen nahe Hongkong sollen künftig vor allem Forschung und Entwicklung angesiedelt werden. Dort will das Unternehmen Ingenieure und Designer einstellen.

Wirtschaftswachstum hat Einkommen steigen lassen

China-Experten der Credit Suisse bezeichnen den Wandel als "historischen Wendepunkt" für die chinesische Wirtschaft und möglicherweise die Welt. Denn die Rolle des Landes, die weltweite Inflation niedrig zu halten, neigt sich dem Ende zu. Die Folgen steigender Kosten sind bereits global zu spüren.

"Es dauert vielleicht ein Jahrzehnt bis China seine Wettbewerbsfähigkeit bröckeln sieht, aber den Anfang davon haben wir gerade gesehen", heisst es in dem Bericht der Experten. Das liege zum Teil daran, dass der traditionelle Vorteil des Landes - ein riesiges, billiges Reservoir an Arbeitskräften - versiegt.

Ökonomen zufolge ist dies die Folge einer schnell alternden Bevölkerung nach 40 Jahren Ein-Kind-Politik. Chinas rasantes Wirtschaftswachstum hat ausserdem die Einkommen steigen lassen und in den ärmeren Provinzen in der Landesmitte mehr Arbeitsmöglichkeiten geschaffen. Weniger Menschen wandern deshalb in die reicheren Küstenstädte ab.

"Roboter bald billiger als Menschen"

Viele Fabriken zahlen bereits höhere Löhne, um ihre Beschäftigten zu halten, und haben dennoch Probleme, Arbeiter zu finden. Firmenchef Hubbs beschäftigt etwa 500 Arbeiter, die zwischen 1800 bis 2000 Yuan (240 bis 266 Franken) monatlich verdienen - deutlich mehr als der Mindestlohn von 1300 Yuan, der seit 1. März gilt.

Dennoch kann er 100 Stellen nicht besetzen. Bestellungen kann er daher erst innerhalb von 90 Tagen ausführen, doppelt so lange, wie er eigentlich möchte. In sechs bis acht Monaten will er 30 bis 40 Prozent der Produktion in eine neue Fabrik nach Kambodscha, Laos oder sogar Burma verlagern.

Auch eine stärkere Automatisierung wird als Ausweg gesehen. Der Teilehersteller CBL Group hat bereits 2007 und 2008 für 600'000 Dollar fünf Schweissroboter angeschafft, weil damit eine gleichbleibend hohe Qualität der Schweissnähte garantiert werden konnte. "Es wird bald billiger sein, per Roboter zu schweissen als von Menschen in China", sagt CBL-Chef Gideon Milstein.

(tno/sda)