Auf der Landkarte der Champagner-Liebhaber war Finnland lange ein absolut weisser Fleck. Ein No-go-Area gewissermaßen, schon angesichts der in Finnland (wie in den meisten skandinavischen Ländern) extrem hohen Preise für alkoholische Getränke im allgemeinen und denen des Luxusgetränks Champagner im besonderen. Champagner kann dort schnell ein kleines Vermögen kosten.
Veuve Clicquot: Experiment bei den Åland-Inseln
Trotzdem hat sich Veuve Clicquot ausgerechnet eine der Åland-Inseln in Finnland für sein ganz spezielles, höchst innovatives Experiment mit dem Namen «Cellar in The Sea» ausgesucht. Schauplatz der spektakulären Aktion, bei der am 18. Juni diesen Jahres 300 Champagnerflaschen der regulären Grösse Imperial sowie 50 Magnum-Flaschen des französischen Champagnerhauses im Meer versenkt wurden, ist die kleine Insel Silverskär in den finnischen Schären von Åland.
Die ältesten Champagner der Welt
Die Ortswahl mutet zunächst ungewöhnlich an, hat aber einen guten Grund. Vor vier Jahren nämlich konnten in unmittelbarer Nähe aus einem versunkenen Schiff eine Ladung Champagner wohlbehalten vom Meeresgrund geborgen werden, der zu den ältesten, noch immer trinkbaren Champagnern der Welt zählt. 46 der Flaschen stammen von Veuve Clicquot. Der flüssige Sensationsfund hat für Furore gesorgt und die finnischen Åland-Inseln unter Champagner-Kennern zu einem Begriff gemacht.
Spektakulärer Schatzfund in den Schären
Taucher entdeckten im Sommer 2010 in einem Schiffswrack vor dem Schäreneiland Föglö einen Schatz der ganz besonderen Art. Statt Golddukaten, Silberbarren oder kostbares Geschmeide, fand die glückliche Tauchcrew aus Schweden eine nicht weniger wertvolle Schiffsladung mit 145 Flaschen französischen Champagner. 95 davon stammen aus dem Champagnerhaus Juglar, das bereits im Jahr 1829 geschlossen wurde.
Champagner für den Zarenhof gefunden
Seit dieser Zeit bis heute produziert Jacquesson auf den ehemaligen Juglar-Ländereien. Vier einzelne Flaschen kommen vom Heidsieck & Co. Der Löwenanteil der Flaschen einer bis heute existierenden, renommierten Champagnermarke stammt mit 46 Flaschen aus dem 1772 gegründete Haus Veuve Clicquot. Sie sind inzwischen auf die Jahre 1839, 1841 bzw. die Zeit zwischen 1841 bis 1850 datiert. Geborgen hat man sie aus dem Wrack eines vermutlich von Piraten versenkten Zweimastschoners, der ursprünglich St. Petersburg hätte ansteuern sollen, um den Zarenhof zu beliefern.
Wohlkonservierter Champagner von gutem Geschmack
Ein Großteil war nicht nur unbeschädigt, auch der in der Ostsee bestens gekühlte Inhalt der Flaschen hatte die fast schon 200 Jahre wohlkonserviert überstanden. Und nicht nur das! Kenner befanden den Geschmack des Champagners trotz seines erstaunlich hohen Alters für ausgezeichnet und bescheinigten ihm sogar noch einen letzten Rest feiner Perlage. Im Haus Veuve Clicquot hält man es für vorstellbar, dass die «Grande Dame des Champagner», die Witwe (französisch ‘Veuve’) Madame Clicquot den Inhalt dieser Flaschen noch selbst verkostet und höchstpersönlich probiert haben könnte.
Veuve Clicquot unter den Hammer
Im Juni 2011 wurde in Mariehamn, der Hauptstadt des Inselarchipels Åland, erstmals zwei der Flaschen vom Meeresgrund versteigert. Das angesehene Auktionshaus Acker Merrall & Condit brachte sie im Auftrag der halbautonomen Inselgruppe in der Ostsee unter den Hammer. Diesen wie weitere Erlöse der nächsten Jahre hat die Regierung Ålands für die Verbesserung der Wasserqualität in der Ostsee vorgesehen und will sie für meeresarchäologische und seehistorische Untersuchungen verwenden.
Teuerste ersteigerte Champagnerflasche der Welt
Für eine Flasche des heute nicht mehr existierenden Champagner-Hauses Juglar bezahlte ein Käufer aus Asien 24.000 Euro. Die historische Flasche der Marke Veuve Clicquot war dem Meistbietenden, der sie für das russische Restaurant Buyan in Singapur erwarb, sogar 30.000 Euro wert. Damit ist der Veuve Clicquot-Champagner die bislang teuerste ersteigerte Champagnerflasche der Welt. Zuvor lag dieser Auktionsrekord bei einer Flasche Dom Pérignon Rosé von 1959, für die 2008 der Zuschlag bei einem Preis von 27.600 Euro erzielt werden konnte.
Hochgeschraubte Preiserwartungen
In der Anfangseuphorie des Schatzfundes bewegten sich die extrem hochgeschraubten Preiserwartungen der Experten allerdings noch in weitaus schwindelerregendere Höhenregionen. Sie erfüllten sich aber bei auch einer nachfolgenden Auktion des französischen Auktionshauses Artcurial mit insgesamt elf Flaschen aus dem Schiffswrack im März 2012 nicht. Für eine Flasche von Veuve Clicquot wurden ‘nur’ 15.000 Euro erzielt.
Experiment «Champagnerkeller im Meer»
Die verblüffende Tatsache, dass auf dem Meeresgrund gefundener Champagner auch nach so langer Zeit noch gut genießbar ist, veranlaßt das französische Traditionshaus Veuve Clicquot, die ganz offensichtlich außergewöhnlichen Lagerbedingungen in den Tiefen der baltischen Ostsee vor den Åland-Inseln nun auch bei jüngeren Flaschen systematisch zu erproben. Es geht darum, neue Erkentnisse über den Alterungsprozess und die Geschmacksbildung beim Champagner zu gewinnen.
Champagner: Auf dem Meeresgrund gereift
350 Flaschen Veuve Clicquot Yellow Label in Imperial- und Magnumgröße, des Vintage Rosé 2004 und des Veuve Clicquot Demi-Sec wurden in eigens angefertigten Edelstahlkäfigen in einer spektakulären Aktion im Beisein von Veuve Clicquots Kellermeister Dominique Demarville 40 Meter tief im Meer versenkt. Sie sollen dort, von Kellermeistern überwacht, die nächsten 50 Jahre verbringen. Für Verkostungen werden sie dabei immer wieder in gewissen Zeitabständen regelmäßig an die Oberfläche geholt, um den bei einer das ganze Jahr über gleichbleibenden Temperatur von vier Grad Celsius auf dem Meeresgrund gereiften Champagner mit dem aus den Kreidekellern von Veuve Clicquot in Reims zu vergleichen, wo er sich bei konstant elf Grad Celsius entwickeln darf.
Perfekte Reifebedingungen auf dem Meeresgrund
Die baltische Ostsee eignet sich ganz besonders gut für das «Cellar in the Sea»-Experiment, weil das Wasser speziell um die Åland-Inseln einen ganz besonderen, extrem geringen Salzgehalt aufweist. Neben der kühlen, schwankungsfreien Temperatur können keinerlei UV-Strahlen in die Tiefe vordringen: es herrscht dort absolute Dunkelheit und außerdem Algenfreiheit. Auch kommt der gleichmäßige Druck von annähernd 5 Bar dem Druck, der im Inneren einer Champagnerflasche herrscht, recht nah. Dazu die sanften Schaukelbewegungen der Strömung: Optimale Bedingungen, um Champagner altern zu lassen. Es wird spannend sein, in zwei bis drei Jahren differenziert zu erfahren, welcher Champagner unter welchen Aspekten mehr an Potential hinzugewonnen hat.
Der Geschmackssache ‘auf den Grund gehen’
Das Phänomen der über Jahrhunderte hinweg schmackhaften Wrackweine hat einen regelrechten Trend losgetreten. Überall in der Welt werden Versuche gestartet, Weinkeller auf den Meeresgrund und selbst in Baggerseen zu verlagern. Mit seinem Schampuskeller in der See – angelegt als experimentelle Langzeitstudie – will Veuve Clicquot der geheimnisumwitterten (Geschmacks-)Sache nun systematisch und wissenschaftlich fundiert im wahrsten Sinne des Wortes ‘auf den Grund gehen’.
Dieser Artikel erschien zuerst in unserer Schwester-Publikation «World's Luxury Guide».