Der erste Besuch an Vaters Arbeitsplatz wirkt auf Söhne prägend: Vorne im Führerstand einer Lokomotive durch den Gotthard donnern. Im Büro dem Reisswolf bei der Arbeit zuschauen. Häuser entwerfen, Achillessehnen reparieren, Gipfeli krümmen. Auch Beat Imwinkelried kann von so einem Erlebnis berichten.
Allein, allzu zart besaitet durften Papa Imwinkelrieds Söhne nicht sein, galt es schliesslich, bei säumigen Kunden das nicht abbezahlte und somit unrechtmässig gesteuerte Auto einzutreiben. Das Familienunternehmen Auto-Interleasing setzte dabei, wie der Filius heute nachdrücklich und mit einem Schmunzeln versichert, nicht, wie man nun vermuten könnte, auf rohe Rabauken, sondern auf Zweitschlüssel und gutes Timing. «Die Aktionen fanden meistens am Wochenende statt, wenn der Besitzer gerade nicht da war, so konnte man unschönen Auseinandersetzungen aus dem Wege gehen», erinnert sich der nunmehrige Chef im Hause Interleasing.
Wunsch und Wirklichkeit liegen oft weit auseinander
Den Bezug zum familieneigenen Geschäft schuf Beat Imwinkelried hernach schnell einmal in subalterner Stellung: Während der Schulzeit und dem Studium half er immer mal wieder im Ersatzteillager aus. Von einem definitiven Einstieg allerdings sah er vorderhand und selbstbestimmt ab. Er, der schulische Erfüllung in Fächern wie Mathematik und Physik fand, wollte Ingenieur werden; Ingenieur, wie sein Onkel aus Deutschland, der so toll erzählte und der vor allem alles, einfach alles konnte.
So schrieb er sich denn ein an der ETH. Und merkte alsbald, dass ihm die Theorie weit mehr lag als die Praxis. «Wunsch und Wirklichkeit liegen manchmal weit auseinander, zum Glück erkannte ich die Diskrepanz schnell einmal und konnte mir dies auch eingestehen.» Imwinkelried liess ab von der Vorstellung, ein klassischer Ingenieur werden zu wollen und vertiefte sich stattdessen in die Betriebswissenschaft. Was sich letztlich auszahlen sollte. «Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Knicke und Zufälle wegweisende und oft positive Elemente in einer beruflichen Karriere darstellen.»
Beat Imwinkelried sitzt in einem von transparenten Glaswänden ummantelten Büro an der Münchensteinerstrasse, unweit des Basler Bahnhofs, und gräbt im Geiste nach Stationen seines Werdegangs. Der Dipl.-Ing. ETH/MBA ist äusserst agil und wortgewandt; Pausen fallen, wenn sie überhaupt fallen, sehr kurz aus. Ein Ausdruck seines Wesens. «Leerläufe sind mir ein Greuel, halbe Sachen auch. Bei mir muss etwas gehen, sonst wird mir schnell einmal langweilig», bemerkt er und erklärt, weshalb sein Entscheid nach der ETH zugunsten von ABB und zuungunsten von Nestlé ausgefallen ist. «Die Schweden haben uns Jungen grosse Verantwortung und Freiheit eingeräumt, so war ich schon früh mit Kompetenzen ausgestattet, die ich bei Nestlé als einer unter vielen wohl kaum zugestanden erhalten hätte.» So habe er schliesslich Kraftwerke nach Saudiarabien verkauft statt Fischstäbchen zu vermarkten, lacht Imwinkelried.
Seinen Abschied von der ABB nach neun Jahren begründet der Diplomingenieur nicht zuletzt mit dem nach der Übernahme durch die französische Alstom vollzogenen Kulturwandel. Plötzlich seien die zuvor gewährten Freiheiten und die Eigenständigkeit weg gewesen, an deren Stelle habe der Zentralismus Einzug gehalten. Für Beat Imwinkelried, den motivierenden Teamplayer, definitiv keine Perspektive.
Kurzerhand heuerte er bei der Bank Sarasin an, für die er ein Portefeuille mit Investments in Unternehmungen, oftmals Start-ups, aus dem Bereich Alternative Energien aufbaute. Seine Wandlung vom Ingenieur zum Investment Manager sei zwar durchaus gewollt gewesen, indes habe auch hier der Faktor Zufall tüchtig mitgespielt: «Als ich mich für diesen Posten bewarb, sagte man mir, er sei bereits an einen Mann aus New York vergeben. Der allerdings tauchte dann nicht wie vereinbart auf so fand ich mich urplötzlich im Finanzgeschäft wieder und betreute 50 Mio Fr. an Investorengeldern.»
Irgendetwas geht immer
Nichts erzwingen wollen und mit einer gewissen Gelassenheit an Herausforderungen herantreten; zwei Grundeinstellungen, die sich Beat Imwinkelried im Laufe seiner Karriere auf die Fahne geschrieben hat. Er schmunzelt und nestelt kurz an seiner rosaroten Krawatte herum, die vorzüglich mit dem rosaroten Hemd korrespondiert. «Ich weiss, das sind nicht wirklich schweizerische Attribute», sagt er dann, «aber man muss manchmal einfach darauf vertrauen, dass es schon klappt.» Vielleicht, so geht der Gedanke, zeichnet diese fundamentale Erkenntnis auch Vater und Firmengründer Josef Imwinkelried aus. Auf jeden Fall habe dieser nie Druck auf ihn oder seine Geschwister ausgeübt, was die Nachfolge und Fortführung der Geschäfte anbelangt, betont der zwischen einer Schwester und einem Bruder aufgewachsene Zweitgeborene.
Der Einstieg in die Auto-Interleasing erfolgte konkret 2003, und dies schon eher mit Paukenschlag, denn von langer Hand vorbereitet. Bereits im Verwaltungsrat zugegen, schlug Beat Imwinkelried zu diesem Zeitpunkt die Akquisition des Leasing-Portefeuilles der ABB Export-Bank vor, was dem Unternehmen auch zukünftig am Markt einen Spitzenplatz garantieren sollte. Der Patron willigte ein mit der Auflage, dass der Sohn die Geschicke des Unternehmens gleich zur Gänze übernehmen solle. «Bis zu diesem Zeitpunkt war die Firma patriarchalisch geführt worden, eine heile Welt quasi», führt Beat Imwinkelried aus, selbstredend um die Bedeutung einer beständigen Firmenkultur wissend.
Nichtsdestotrotz war für ihn klar, dass die Rolle des Patrons nicht die seine sein würde, die stark personenbezogenen Strukturen durch prozessorientierte abgelöst und das veraltete EDV-System durch ein neues ersetzt werden müsste. Bei so tief greifenden Veränderungen dürfe man nicht davor zurückschrecken, den einen oder anderen personellen Entscheid zu fällen, ist sich Imwinkelried sicher. «Wenn zwei nicht zusammenpassen, dann sollte man nicht zu lange mit einer Trennung warten, das bringt beiden Seiten nicht wirklich etwas», so sein Credo. Allerdings, und auf diese Feststellung legt der Manager Wert, dürfe der Fuss nicht konstant auf dem Gaspedal stehen, wenn es um die Umsetzung neuer Formen und Ideen gehe. «Sonst läuft man Gefahr, dass die Lok die Wagen verliert.» In einem Geschäft, in dem sehr viel über langjährige Mitarbeiter und deren Beziehung zu wichtigen und treuen Kunden läuft, könnte sich dies verheerend auswirken.
Zwischen Marken und Images
Mit dem Erwerb der zur zusammengebrochenen Erb-Gruppe gehörenden Erb Finanz + Leasing hat er im letzten Jahr ein Zeichen gesetzt. Die heutige EFL Autoleasing sichert dem Unternehmen den Zugang zum Privatleasinggeschäft und sorgt bei Umsatz und Gewinn für eine Verdoppelung.
In der Schweiz, sagt er, würden sich Chefs weit vernünftiger geben als etwa in Deutschland, wo es schon mal ein protzigeres Modell sein dürfe. Aber: «In Basel betreiben die Manager mit ihren Fahrzeugen eher Understatement, in Zürich hingegen zeigen die Banker gerne, was sie haben.»
Sein Wissen und seine Erfahrung rund um Autos und deren Images bringt der Saab-Fahrer denn auch seit kurzem zu Papier. Für die «Bilanz» verfasst Imwinkelried Fahrberichte «nichts Technisches, viel eher subjektive Wahrnehmungen und Alltagserfahrungen», wie er betont. Bezeichnender Titel der Rubrik: «Hier fährt der Chef».
Ein Wagenpark von 17000 Fahrzeugen: Steckbrief
Name: Beat Imwinkelried
Funktion: VR-Delegierter und Geschäftsführer Auto-Interleasing AG
Alter: 38
Wohnort: Dornach SO
Familie: Verheiratet, vier Söhne
Karriere
1991-2000 ABB Power Generation, u.a. Leiter Business Development, Verkaufsleiter Nord- und Südamerika
2001-2002 Remaco Merger AG, Investment Manager von «New Energies Invest AG» (Bank Sarasin)
Seit 2003 Auto-Interleasing AG, Basel, VR-Delegierter und CEO
Firma: Auto-Interleasing
Die vor über 40 Jahren von Josef Imwinkelried gegründete Auto-Interleasing AG ist die Nummer zwei im mehrheitlich von Bankenablegern und Autoherstellern bestimmten Schweizer Leasing-Markt. Das in Basel domizilierte Familienunternehmen beschäftigt in der Gruppe 250 Personen und verfügt über einen Wagenpark von 17000 Fahrzeugen, wovon deren10000 via Tochtergesellschaft EFL Autoleasing an Private gehen. Ansonsten hat sich der Flottenmanager primär auf die Vermietung und Verwaltung von Firmenfahrzeugen spezialisiert.