Liebe Leserin, lieber Leser

Im Herbst seiner Karriere will auch mancher Kapitalist Gutes tun und denkt vielleicht an das Leben danach, wenn die Rendite nicht mehr im Zentrum allen Fühlens und Denkens steht. Stephan Schmidheiny etwa, Spross der Ostschweizer Industriellen-Dynastie, verschenkte vor zwei Jahren Vermögenswerte von einer Milliarde Dollar an eine lateinamerikanische Stiftung; ähnlich Hansjörg Wyss, Gründer des Medtech-Unternehmens Synthes-Stratec. Andere leisten sich ein Hotel: Financier Urs Schwarzenbach etwa das Zürcher «Dolder» oder Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone das «Olden» in Gstaad. Wo Gäste sich betten, das wissen Investoren, bleibt die Rendite schmal.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Und nun ist also Martin Ebner Airline-Besitzer, seit er Anfang März die Aktienmehrheit bei Helvetic übernommen hat. Eine Geschichte des Herzens. Da fliegt der Mann mit der Fliege erstmals mit der lustigen pinkfarbenen Airline, öffnet sich sein Herz angesichts der entwaffnenden Freundlichkeit des Personals, und als ihn seine Gattin auch noch fragt, ob man sich an der Fluggesellschaft beteiligen könne, ist es um Martin Ebner geschehen. Andere kaufen nach einer Reise ihrer Frau ein Parfum, die Ebners kaufen sich die Airline, die sie sicher nach Hause gebracht hat. Skurrile Story.

Und ein Wink des Himmels für Peter A.C. Blum, der exakt zwei Jahre nach dem Swissair-Grounding mit dem Start seiner farbenfrohen Airline der gebeutelten Aviatiknation Schweiz einen Funken Hoffnung gab. Er sei, sagte er damals, mit dem Hirn und nicht mit dem Herzen in die fliegende Branche eingestiegen. Einem ehemaligen IT-Manager, der mit Bits und Bytes zu jonglieren pflegt, glaubt man das gern. Und vielleicht war ja sein Geschäftsmodell der Schlüssel zum Erfolg: Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zu einem Mix an Business- und Leisure-Destinationen in Europa – und das mit nur einem Flugzeugtyp und tiefen Kosten. Hatte nicht ein gewisser Moritz Suter ein Vierteljahrhundert zuvor die bestechende Idee, mit einer ähnlich farbenfrohen Airline den europäischen Regionalverkehr zu erschliessen, und war damit lange Zeit leidlich erfolgreich?

Doch auch Blum sah sich schnell in den spezifischen Gesetzen dieser Branche gefangen. Business- und Feriendestinationen lassen sich auch auf Grund des unterschiedlichen Konkurrenzumfeldes kaum optimal kombinieren. Volatile Kerosenpreise und volatile Zinsen drücken einem Start-up in dieser kapitalintensiven Industrie schnell einmal den finanziellen Sauerstoff ab. Die Folge ist, dass der Break-even Point immer wieder in die Zukunft verschoben wird – ein Flug zwischen Hoffen und Bangen.

Und so gleichen sich die Biografien der jungen Vögel in der Branche wie ein Ei dem andern: Entweder sie stürzen, noch bevor sie flügge sind, ab – erinnert sich noch jemand an eine «Air Switzerland», die ein gerade einmal volljährig gewordener Youngster 2002 in die Lüfte heben wollte? –, oder aber die junge Airline sucht Unterschlupf bei einem grösseren Konkurrenten, bevor sie an finanzieller Auszehrung hopsgeht. Moritz Suter ist diesen Weg gegangen. Und Peter A.C. Blum hat mit der Swiss erfolglos Verhandlungen geführt.

Bekommen hat er Martin Ebner, dessen begeisterte Ehefrau und jede Menge Liquidität. Eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für den Erfolg in dieser Branche. Eine Airline ist kein Parfum: nicht für den schnellen Verbrauch bestimmt.