Wenn Sie reich werden wollen, dann verkaufen Sie EFG in den nächsten zwölf Monaten leer.» Die Frotzeleien, die derzeit unter Zürichs Bankleuten über die EFGInternational kursieren, sind nicht eben schmeichelhaft. Die Verkaufsempfehlung der Banker zeigt zwei Dinge: Der Aktie der seit 7. Oktober kotiertenPrivatbank wird mittelfristig nicht viel zugetraut. Sie notiert seit Anfang November unter dem Emissionspreis. Und: Das Geldhaus hat sowohl in Sachen Aktionariat und Geschäftsmodell sein Exotendasein auf dem Finanzplatz Zürich nicht ablegen können. Mit Slogans wie «Wir sind anders» wird diese Position bewusst zelebriert.
Die Ziele des vom umtriebigen Verwaltungsratspräsidenten Jean-Pierre Cuoni geleiteten Unternehmens sind nicht unbescheiden: Die führende, globale Privatbankengruppe zu werden. Bis Ende 2007 sollen die verwalteten Vermögen auf 65 Mrd Fr. steigen. Ende Juni 2005 waren es 25,6 Mrd Fr. an Assets under Management. Die Ziele, an denen Analysten von Helvea zweifeln, gelten noch immer, sagt Lukas Ruflin, stellvetretender Finanzchef von EFG International: «Die Zahlen 2005 werden zwar noch nicht so aussagekräftig sein. Der Markt kann aber Ende 2007 schauen, ob wir die Strategie umgesetzt haben oder nicht.»
Wachstum durch Akquisition
Dass die Bank diese Ziele nicht auf organischem Weg verwirklichen kann, ist klar. Allein vor dem Initial Public Offering (IPO) wurden Zukäufe getätigt, welche den Bestand der Vermögen um 10,7 Mrd Fr. anschwellen liessen. Seit dem IPO sind mit der Übernahme der Bank von Ernst (Liechtenstein) und von Chiltern Wealth Management weitere 2,2 Mrd Fr. dazugekommen. Die Kundengelder haben somit eine Gesamthöhe von fast 40 Mrd Fr. erreicht. Allerdings wird von den akquirierten Geldern Ende Jahr erst ein kleiner Teil ausgewiesen werden.
Die Finanzkraft der EFG und die Bewertung des Unternehmens haben Erstaunen ausgelöst. Dass sich die Bank die Übernahmetätigkeit vom Hauptaktionär EFGGroup der griechischen Unternehmerfamilie Latsis mitfinanziert, bestreitet Cuoni.Er verweist auf das EFG-Modell, das beide Parteien einer Transaktion während zwei bis drei Jahre bindet (siehe «HandelsZeitung» Nr. 31 vom 3. August 2005).
Der satte Börsenwert der EFG von 5,6 Mrd Fr. macht rund 14% der Kundengelder aus. Die Bewertung bei der Emission hat schon fast alle Zukunftsmusik für die nächsten zwei Jahre vorweggenommen. Mit ein Grund, weshalb die Mehrzuteilungsoption («Greenshoe») trotz siebenfacher Überzeichnung des Angebots beim IPO nicht ausgeübt wurde. Bei der «neuen» Julius Bär steht die Relation Börsenwert zu Kundenvermögen bei lediglich 3,2%. Das geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis der EFG für 2005 liegt bei 71, dasjenige von Bär zeigt 19 an.
Die EFG sieht diese Vergleiche nicht gern. Sie sei eine «reine» Privatbank ohne Asset Management und Investment Bank. Mit diesem Business-Modell hat sie vor allem im Ausland Erfolg: Nach Angaben von Cuoni haben beim IPO britische institutionelle Investoren fast die Hälfte der Aktie gezeichnet. Schweizer Anleger habe es nur wenige. Das ist einer «Integration» in den einheimischen Finanzplatz auch nicht gerade zuträglich. Und zu Anlage-Umschichtungen von Schweizer Privatbanken zu EFG, wie da und dort vor dem IPO vermutet, ist es bis heute nicht gekommen.
EFG Letzter Kurs: Fr. 35.45
FAZIT
Für Publikumsaktionäre ist die EFG vorerst keine Investition wert. Im Aktienkurs ist das Wachstum für nahe Zukunft schon weitgehend enthalten. Der Kurs ist deshalb bei einem Nichterreichen der hoch gesteckten Ziele anfällig für Korrekturen.
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Nachgefragt: «Keine Zeit für Spekulationen»
Lukas Ruflin ist stellvertretender Finanzchef von EFGInternational. Er äussert sich zum Aktienkurs der Bank zwei Monate nach dem Börsengang.
Kritiker bemängeln, die Bewertung der EFG sei zu hoch erfolgt. Es ist in der Schweiz eine Skepsis vorhanden, das ist eine Realität. Die Bewertung der Aktie wurde aber nicht vom Emittenten festgelegt, sondern von den Investoren vor dem IPO. Das waren rund 300 Institutionelle Anleger, darunter die weltweit führenden Investoren im Finanzsektor. Man darf uns nicht mit Mitbewerbern vergleichen, die ausser im Private Banking auch in vielen anderen Bereichen, wie etwa dem Derivatehandel, tätig sind. Meines Wissens sind wir heute die einzige börsenkotierte Privatbankengruppe, die weltweit tätig ist und nur Private Banking anbietet.
Die Aktie handelt unter dem Emissionspreis. Gemessen an der Entwicklung der Konkurrenz ist das doch eine Enttäuschung. Messen, ob der Preis heute richtig ist, kann man erst in zwei bis drei Jahren. Für 2007 haben wir keine Prämie zu vielen anderen Banken. Wenn man das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) anschaut und den Konsens der Analysten, dann haben wir sogar einen Discount zu einigen Mitbewerbern für 2007. Zudem ist das KGV ja auch eine Funktion des Gewinnwachstums. Ich rede regelmässig mit unseren grossen Investoren, und ich höre keine Kritik am Aktienkurs.
Am Markt kursieren Spekulationen, der EFG-Kurs werde durch Stützungskäufe des Grossaktionärs gehalten. Die EFG Group ist ein strategischer Investor und hat wie auch alle anderen Altaktionäre im Rahmen des IPO keine Aktien verkauft. In diesem Kontext erscheinen diese Spekulationen als nicht sehr sinnvoll.
Welche Rolle spielt der Neid der Konkurrenz bei den Spekulationen? So wie wir uns auf die Umsetzung unserer Strategie fokussieren, gehe ich davon aus, dass sich unsere Konkurrenz auf die Entwicklung ihrer Geschäfte konzentriert. Ich glaube, wir haben dabei alle keine Zeit, um Spekulationen in die Welt zu setzen.