Wenn’s mal brennt, dann muss es schnell gehen – nicht zuletzt gilt das für die heutige Arbeitswelt: Das nötige Personal für die Lücke in der Küche oder den dringend notwendigen Webauftritt finden Unternehmen heutzutage über Apps und auf Plattformen. Diese werben damit unkompliziert, günstig und vor allem rasch für jeden möglichen Job, den richtigen Mann oder die richtige Frau zu finden.
Diese flexible Art der Arbeit, meist auf ein einzelnes Projekt beschränkt, wird als Gig Economy bezeichnet. Die Arbeitnehmer werden entsprechend als Gig Worker oder häufiger als Freelancer bezeichnet. Wer Gig sagt, denkt wohl zumeist an Uber und seine Fahrer. Doch das Modell ist viel weiter verbreitet. Während offizielle Zahlen fehlen, gibt eine repräsentative Umfrage im Auftrag von Deloitte Schweiz vom vergangen Jahr einen Einblick in die Arbeitsform: Demnach war hierzulande bereits einer von vier Befragten als Freelancer tätig – sei es hauptberuflich als klassischer Freelancer oder als Aushilfearbeiter, das Spektrum ist breit.
Mit Adecco selbst Boss sein
Die Experten von Deloitte, EY und McKinsey sind sich einig, dass die Bedeutung von Gig Economy in Zukunft noch zunimmt. Auch die traditionellen Stellenvermittler wie Adecco oder Randstad müssen sich auf diese Entwicklung einstellen. Das Potenzial der Freischaffenden anzuzapfen, ist aber für die Riesen im Geschäft keine leichte Aufgabe, wie Adecco-CEO Alain Dehaze eingesteht: «Da sind wir nirgends», schrieb er im August in einem Brief an die Adecco-Mitarbeiter, wie die «Bilanz» berichtete. Und: «Wir arbeiten an einer Lösung.»
Zumindest ein Teil der Lösung ist nun bekannt. Vergangene Woche stellte Adecco Yoss – steht für «your own boss» – vor. Zusammen mit Partner Microsoft entwickelt, will die Plattform Freelancer mit grossen Unternehmen zusammenbringen. Eine Chatfunktion ermöglicht die direkte Kommunikation und auch Dokumente wie etwa Arbeitsproben können ausgetauscht werden.
Freelancern Sicherheit bieten
Dazu bietet Yoss eine Reihe von optionalen Zusätzen im Bereich Versicherung und Sozialkosten. Geregelt ist auch die Bezahlung. Nach drei Tagen sei das Geld bei den Freelancern, versprechen die Macher. Das Ziel: Freelancing soll attraktiver und nachhaltiger werden und damit auch näher an herkömmliche Arbeitsverhältnisse rücken.
Yoss startet noch dieses Jahr in einer Beta-Version in Frankreich, weitere Länder sollen gegen Mitte 2018 dazukommen. In der Schweiz vermittelt Adecco unter dem Namen Adia bereits Kurzeinsätze im Gastro- und Eventbereich. Mit Yoss will man aber qualifizierte Leute für mehr als Stunden- oder Tageseinsätze vermitteln.
Kleine Konkurrenten
Adecco stösst mit seinem neuen Angebot aber nicht auf unbeackertes Gebiet vor. Online-Startups wie Gigme oder auch Coople (früher Staff Finder) vermitteln bereits IT-Fachleute, Texter oder Unternehmensberater. Der Preis spricht für die Startups, wie die Recherche der «Schweiz am Sonntag» gezeigt hat. 10 Franken fliessen bei Gigme in die Taschen der Vermittler, bei traditionellen Temporärvermittlern sollen es mit 22 Franken mehr als doppelt so viel sein. Bei Adia verlangt Adecco eine Marge genauso wie im herkömmlichen Vermittlungsgeschäft. Yoss ist als kommissionsbasiertes System konzipiert. Zahlen sind nicht bekannt.
Das Startup Gigme ist seit über einem Jahr am Start. In einer Zwischenbilanz zeigt sich Chef Ohoven «recht zufrieden» mit dem bisherigen Verlauf. Pro Monat würden etwa drei neue Firmen auf ihre Plattform setzen. Besonders gut würden nicht etwa Billiglohn-Jobs nachgefragt, sondern Jobs für gut Ausgebildete, etwa im Bereich Unternehmensberatung.
Sauber abrechnen
Anders als viele Konkurrenten legt Gigme Wert darauf, sämtliche rechtliche Belange für seine Kunden zu erledigen. Sozialleistungen werden abgerechnet werden und die Freelancer sind versichert. Für Transparenz sorgt die Bewertung der geleisteten Arbeit durch die Auftraggeber. Ob Gigme, internationale Vermittler wie Peopleperhour und Upwork oder das neue Angebot von Adecco die Auswahl für Freelancer und Unternehmen ist gross. Entwickelt sich der Trend Gig Economy wie erwartet, bleibt für viele Anbieter etwas vom Vermittler-Kuchen.