BILANZ: Gratuliere, Sie haben das Klischee der Schweiz aufs Feinste bestätigt!
Michel Gabriel: Sie meinen wegen der vielen Finanzdienstleistungs- und Uhrenmarken, die sich unter den Top 50 befinden?
Genau.
Nun, das ist in der Tat ein Spiegelbild der Schweizer Markenlandschaft, wie man sie sich vorstellt. In anderen Ländern ist das ganz ähnlich. In Deutschland etwa, dem Land der Auto- und Anlagenbauer, dominieren Marken wie BMW, Siemens oder Mercedes das Ranking. In Frankreich tun sich Luxusmarken aus Kosmetik und Mode hervor, in Italien sind es Fashion Brands und Sportwagen. Auffällig ist aber, dass es in der Schweiz eine gute Verteilung auf verschiedene Industriesektoren gibt.
Schokolade ist mit Lindt ebenfalls im Schweizer Ranking vertreten. Nur der Käse fehlt.
Der fehlt tatsächlich, aber nicht weil er weniger wichtig wäre. Sondern weil unsere Kriterien unter anderem den Profit pro Marke erfassen, und es gibt keine Käsemarke, die so viel Gewinn erwirtschaftet, dass sie es in die Top 50 schaffen würde. So wäre das Klischee perfekt.
Dafür hat es relativ wenige schnelldrehende Produkte, sogenannte Fast Moving Consumer Goods, unter den Topmarken.
Das liegt an der Stärke der anderen Brands. Die Top Ten werden dominiert von Pharma- und Finanzdienstleistungsmarken, das sind richtige Global Players. Da ist es schwierig für eine einzelne Konsumgütermarke, daran vorbeizukommen. Nescafé als etablierte Marke hat es als Nummer eins geschafft.
Dafür gibt es in den Top 50 zahlreiche rein nationale Marken wie Swisscom, Migros oder Die Post: Erstaunt Sie das?
Daran erkennt man die Markenstärke der beiden grossen Retailer Migros und Coop. Auch wenn die Erträge im Retail verglichen mit anderen Industrien nicht sehr hoch sind, schaffen sie es aufgrund dieser Markenstärke in die Liste der wertvollsten Brands.
Wie werden sich die Markenwerte in der Schweiz in nächster Zeit entwickeln?
Der absolute Wert wird steigen. In einer gereiften Volkswirtschaft wie der Schweiz, die zudem sehr exportorientiert ist, ist die Marke sehr wichtig, um sich auf dem Markt zu behaupten und Wachstum zu erzielen. Das Markenmanagement in der Schweiz ist sehr ausgebaut. Da gibt es viel Kompetenz und entsprechend auch die Fähigkeit, Marken zu kapitalisieren und ihre Erträge zu erhöhen. Zudem liegt eine konjunkturell stabile Zeit vor uns. Das dürfte die Ertragssituation der Schweizer Firmen und ihrer Marken begünstigen.
Wo sehen Sie das grösste Potenzial?
Bei den Uhrenmarken sind es allen voran Rolex und IWC. Beide Marken unternehmen riesige Anstrengungen, um in den Emerging Markets wie China, Indien oder Südamerika zu reüssieren. Sie bauen dort Vertriebsstrukturen auf und erhöhen die Markenstärke. Dort gibt es noch grosses Potenzial, damit höhere Erträge erzielt werden können.