Wer bisher den Geschäftsbericht 2006 der Privatbank Rüd Blass lesen wollte, musste ihn sich per Post zukommen lassen. Denn, obwohl auf April 2007 datiert, das Dokument ist erst seit der Anfrage der «Handelszeitung» auf der Web-Seite des Unternehmens zu finden. Wer es dort einsieht, dem dürfte eine unter der Kategorie «Wertberichtigung, Rückstellungen und Verluste» abgebuchte Summe von 25,3 Mio Fr. auffallen. Das ist, verglichen mit dem Vorjahresbetrag von rund 497 000 Fr., viel. Auch gegenüber dem Bruttojahresgewinn von 18,8 Mio Fr.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Verdacht nicht dementiert

Was ist geschehen? Dieser Frage wird bei der Zürcher Rüd Blass und deren Mutterhaus, der Deutschen Bank, mit Schweigen begegnet. Stefan Mächler, Vorsitzender der Geschäftsleitung von Rüd Blass, verweist auf die trockene Erklärung im Geschäftsbericht. «Die Erhöhung der Position übrige Rückstellungen erfolgte vorwiegend aus einer Wertberichtigung für Ausfallrisiken im Zusammenhang mit indirekten Steuerforderungen», heisst es dort. In Bankenkreisen wird jedoch offen darüber gesprochen, was dies bedeuten könnte. Rüd Blass sei das Gleiche passiert wie der Zürcher Kantonalbank (ZKB): Diese musste 2006 und nun 2007 insgesamt eine Summe in dreistelliger Millionenhöhe zurückstellen, um Ausfälle aus Steuerumgehungsgeschäften – sogenanntem Dividenden-Stripping (siehe Kasten) – zu decken.

Rüd Blass mag diese These weder bejahen noch dementieren. Fest steht, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung solchen Deals, bei denen ausländische Banken ihre Aktien kurzfristig andienen, vermehrt auf den Grund geht. So untersucht sie derzeit bei «mehreren» Schweizer Bankinstituten, ob deren Rückforderungsanträge der Verrechnungssteuer rechtens sind. Wird der Bank dieses Recht abgesprochen, erhält sie die Steuer nicht zurückerstattet. Das ist kostspielig, wie der Fall ZKB zeigt.

Rüd Blass dürfte eine etwaige Untersuchung nicht gerne sehen, genauso wenig wie die Deutsche Bank. Denn bei dieser ermittelt derzeit schon die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) wegen umstrittener Optionsgeschäfte, etwa im Fall Sulzer.

------

Dividenden-Stripping: Umgehungsgeschäft

Unter Dividenden-Stripping wird die Kombination aus dem Verkauf einer Aktie kurz vor dem Dividendentermin und dem Rückkauf desselben Papiers kurz nach dem Dividendentermin verstanden. Ziel ist ein steuerfreier Kursgewinn. Diese Taktik eignet sich vorab für ausländische Eigner von Schweizer Aktien.