Die Grünen haben bei der Europawahl und den Schweizer Parlamentswahlen abgeräumt. Greta Thunbergs Fridays-for-Future-Bewegung lockt nach wie vor Millionen von (jungen) Menschen weltweit von der Schulbank auf die Strasse und immer mehr Energie wird aus erneuerbaren Quellen gewonnen. Ausserdem erobern E-Scooter die Innenstädte und Ladesäulen fürs E-Auto werden immer mehr. Deutschland und die Welt scheinen bereit zu sein für das Ende von Kohle und Benzin, für Passagierdrohnen und einen immer vernetzten Alltag.
Warum werden wir also noch nicht von fliegenden Taxis vom Bahnhof nach Hause gebracht und warum zieht sich die Energiewende hin? Ein Grund dürfte der gefühlte Stillstand in der Batterieforschung sein. Seit Jahren ist der Lithium-Ionen-Akku der goldene Standard. Alternativen scheitern bisher wegen ihrer komplizierten Bauweise oder instabilen Komponenten.
Auch Smartphones allnächtlich ans Kabel gebunden
Der Lithium-Ionen-Akku gerät an seine Grenzen, was unter anderem dem E-Auto vergleichsweise kurze Strecken und lange Ladezeiten beschert und das Smartphone allnächtlich ans Kabel bindet.
Ein Forscherteam der Monash University in Melbourne, Australien, hat sich nun mit seinen Entdeckungen zum Hoffnungsträger der Zukunftsdenker etabliert. Denn die Wissenschaftler um Mainak Majumder haben die Ergebnisse ihrer Forschungen um sogenannte Li-S-Batterien veröffentlicht. Sie versprechen in einer Pressemitteilung, «auf der Schwelle zur Kommerzialisierung» der Lithium-Schwefel-Akkus zu stehen. Die ersten Prototypen wurden hierzulande gefertigt, vom Fraunhofer-Institut für Werkstoff und Strahltechnik (IWS).
► Dieser Text wurde zuerst unter dem Titel «Neue Akku-Technologie könnte E-Autos und Smartphones revolutionieren» im «Business Insider Deutschland» publiziert.
Abschied vom Verbrennungsmotor
Die neuartigen Akkus seien viermal so leistungsstark wie heutige Lithium-Ionen-Batterien und könnten, so heisst es weiter, E-Autos Reichweiten von über 1'000 Kilometern ermöglichen oder das Smartphone mit nur einer Akkuladung für fünf Tage mit Strom versorgen. Fritz Vorholz von der Denkfabrik Agora Verkehrswende sagte gegenüber Business Insider Deutschland, dass die Akkus «batterieelektrische Antriebe wesentlich attraktiver» machen würden und «den Abschied vom Verbrennungsmotor deutlich erleichtern.»
Die Idee zur Lithium-Schwefel-Batterie ist nicht neu, denn sie bietet theoretisch viele weitere Vorteile, die über die vervielfachte Leistungsfähigkeit hinausgehen. So ist sie beispielsweise umweltfreundlicher und kostengünstiger, da in der Produktion statt Nickel und Kobalt Schwefel verwendet wird und «Schwefel ein Abfallprodukt und weltweit verfügbar» sei, wie auch der Leiter des Fraunhofer IWS, Holger Althues, bestätigt.
Das bislang grösste Problem der Lithium-Schwefel-Batterietechnik war die mechanische Instabilität der Schwefel-Kathoden, doch genau für diese Schwachstelle lieferten die australischen Forscher nun die Lösung.
«Bald ist ein dehnbarer Begriff»
Dass die Lithium-S-Akkus schon bald die heute verbreiteten Lithium-Ionen-Technologie ablösen werden, hält Ulrich Schubert jedoch für fraglich. Schubert ist Professor der Friedrich-Schiller-Universität Jena und leitet dort das Center for Energy and Environmental Chemistry (CEEC). «Bald ist ein dehnbarer Begriff. Wir sprechen sicherlich von fünf bis zehn Jahren», sagt er gegenüber Business Insider Deutschland.
Das liege vor allem daran, dass «sowohl bezüglich Lebensdauer, wie auch Alltagstauglichkeit (zum Beispiel bei tiefen Temperaturen) noch viele Durchbrüche nötig» seien, wie er prognostiziert. Dennoch ist Schubert optimistisch, was die Zukunft der Technologie betrifft: «Die Lithium-Schwefel-Akku-Technologie ist in der Lage, die Reichweite von E-Autos und Handys um den Faktor Drei bis Fünf zu vergrössern beziehungsweise zu verlängern. Dies würde eine signifikante Steigerung der Einsatzfähigkeit bedeuten.»
Christof Wetter, Professor an der Fachhochschule Münster, betrachtet die Entwicklungen eher nüchtern. Gegenüber Business Insider Deutschland sagt er, dass die Arbeit der Kollegen zwar «eine interessante Entwicklung» sei, sich allerdings erst noch zeigen werde, ob es sich dabei tatsächlich um einen Durchbruch handelt. Da es immer einige Zeit dauere, «bis eine Entwicklung im Labor zu einem verkaufsfähigen Produkt» führe, «werden andere Batterietypen bis auf Weiteres den Markt dominieren.»
Wetter blickt jedoch mit Interesse auf eine andere Alternative zur Lithium-Ionen-Technologie: «Hier erwarte ich eine schnellere Marktdurchdringung, die allerdings vom Preis abhängen wird.»
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