Darum geht's
  • Umfrage des Allianz Zentrum für Technik zeigt: Jeder zweite Lenkende von LKW oder Transportern erlebt wöchentlich gefährliche Situationen mit schwächeren Verkehrsteilnehmern
  • Fahrassistenzsysteme könnten die Gefahr mindern, werden aber sehr häufig einfach abgeschaltet
  • Jeder dritte Unfall hätte vermieden werden können, wenn Lkw mit einem aktiv bremsenden Abbiegeassistenten ausgestattet gewesen wären
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Leider gehören Bildern von schweren Unfällen, an denen Lkw oder Transporter beteiligt sind, zum Alltag. Gerade Motorrad- und Velofahrer und Fussgänger sind häufig die Leidtragenden, wenn sie von den Lenkenden schwerer Fahrzeuge übersehen werden. Nicht selten gehen diese Unfälle aufgrund des toten Winkels tödlich aus. Deshalb widmete sich der 12. Allianz Autotag unter dem Titel «Gross gegen Klein – wie sich schwache Verkehrsteilnehmer im Stadtverkehr besser schützen lassen» dieser Gefahr. 

Grosse Gefahr gerade im urbanen Raum

Um sich ein konkretes Bild zu machen, befragte das Allianz Zentrum für Technik (AZT) befragte mehr als 5'000 Verkehrsteilnehmende in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Grossbritannien nach ihren Erlebnissen. Die Zahlen sind zum Teil alarmierend: So gab rund jeder zweite Lenkende von Lkw oder Transportern an, gerade im urbanen Raum mindestens einmal pro Woche in gefährliche Situationen mit ungeschützten Verkehrsteilnehmern zu geraten, fanden die Allianz-Unfallforscher heraus. Spitzenreiter war dabei Deutschland mit 53 Prozent, gefolgt von Spanien (48%) und Italien (45 Prozent).

Moderne Technik wie leistungsfähige Fahrassistenzsysteme könnte diese Gefahr mindern: «Die Perspektive der Fahrer zeigt, dass die aktuelle Lage zu einer hohen Anzahl von Risikosituationen führt. Effektive Assistenzsysteme können neben dem positiven Effekt auf die Verkehrssicherheit auch Vorteile bei der MF-Versicherung für die Flottenbetreibenden haben: Denn nur mit sicheren Fahrzeugen können Unfälle vermieden werden», zeigte Ulrich Stephan, Firmenvorstand der Allianz Versicherungs-AG, einen möglichen Lösungsweg auf. 

Ausgeschaltete Assistenzsysteme

Das Problem dabei: Genau diese Fahrassistenzsysteme werden von Lkw- und Transporter-Fahrenden häufig einfach ausgeschaltet - dies ist länderübergreifend bei etwa 50 Prozent der Fall. Als Gründe gaben sie an, dass diese Systeme «unpraktisch», «störend» oder «unnötig» seien oder dass sie teilweise nicht richtig funktionieren.

Ein weiteres Alarmzeichen, wie auch Christian Sahr, Geschäftsführer des Allianz Zentrums für Technik (AZT), feststellte: «Was nützen die besten Fahrerassistenzsysteme, wenn diese nicht eingeschaltet sind. Es ist deshalb wichtig, dass Flottenbetreiber und Fahrer im Umgang mit den Systemen umfangreich geschult werden. Zudem zeigt unsere aktuelle Unfallstudie mit 700 untersuchten Verkehrsunfällen das grosse Potenzial moderner Fahrerassistenzsysteme, aber auch die Notwendigkeit von baulichen Veränderungen zur Verbesserung der Fahrersicht bei Nutzfahrzeugen: Nach unserer Einschätzung hätte ein Drittel der untersuchten Unfälle vermieden werden können, wenn die Lkw-Fahrer durch eine direkte Sichtlinie die Verkehrsteilnehmenden rechtzeitig gesehen hätten oder der Lkw mit einem aktiv bremsenden Totwinkelassistenten ausgestattet gewesen wäre», zeigte er das Potenzial auf. 

Ausgeschaltete Assistenzsysteme erhöhen die Gefahr.

Ausgeschaltete Assistenzsysteme erhöhen die Gefahr.

Quelle: Allianz Zentrum für Technik

Handy am Steuer

Menschliches Fehlverhalten ist im Verkehr der grösste Risikofaktor: So beobachten allgemeine Verkehrsteilnehmer als häufigstes Fehlverhalten laut Umfrage aggressives Fahren und das Missachten von Verkehrsregeln. Fahrer von schweren Fahrzeugen erwähnen den toten Winkel und unnachgiebige Fahrradfahrer (Deutschland), überhöhte Geschwindigkeit (Frankreich), Ablenkung (Grossbritannien), rücksichtslose E-Scooter-Fahrer (Spanien) und Handynutzung während der Fahrt (Italien) als grösste Risiken.

Vor allem den letzten Punkt kann Lucie Bakker, Schadenvorständin der Allianz Versicherungs-AG, aus der Schadenerfahrung bestätigen: «Gerade bei Lieferwagen ist das Risiko der Handynutzung hoch, denn sie fahren im Unterschied zum klassischen Postauto nicht von Haus zu Haus, sondern müssen auf ihrem mobilen Gerät nach dem nächsten Stopp Ausschau halten. Dieser Umstand macht sich vor allem im innerstädtischen Lieferbereich bemerkbar. Wir sehen insbesondere bei Kurier-, Express- und Paketdiensten in der MF-Haftpflichtversicherung eine um 20 Prozent höhere Schadenfrequenz als bei Fahrzeugen anderer Gewerke.»

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Jeder dritte Unfall vermeidbar

Die Auswertungen des AZT zeigen, dass Fussgänger und Fahrradfahrer vor allem dann gefährdet sind, wenn Lkw an Kreuzungen und Einmündungen nach rechts abbiegen. «Nach Einschätzung der Allianz-Unfallforscher hätte ein Drittel aller untersuchten Unfälle mit Verletzten und Getöteten vermieden werden können, wenn die Lkw-Fahrer durch eine direkte Sichtlinie die Verkehrsteilnehmer rechtzeitig gesehen hätten oder der Lkw mit einem aktiv bremsenden Abbiegeassistenten ausgestattet gewesen wäre», fasst Frank Sommerfeld, Vorstandsvorsitzender der Allianz Versicherungs-AG, die wichtigste Erkenntnis auf dem 12. Allianz Autotag zusammen.

«Wir fordern deshalb, dass die Sicherheitsausstattung von Transportern und Lkw über den aktuellen gesetzlichen Standard hinausgehen muss. Transporter sollten mindestens über die gleichen Sicherheitssysteme wie Pkw verfügen, da sie die gleichen Unfallmuster aufweisen. Und Lkw-Hersteller sollten bereits verfügbare Innovationen, die zur Unfallverhütung beitragen, vollumfänglich nutzen. Dazu zählen Manövrierfenster, niedrigere Fahrerkabinen und automatische Notbremssysteme beim Abbiegen», sagte Sommerfeld an der Veranstaltung.