Für die meisten Investoren scheint Inflation im Anlageprozess derzeit kaum ein Thema zu sein – so stehen auch inflationsindexierte Anleihen (IL-Anleihen) nicht im Fokus. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt jedoch, dass Inflation ein ohne Vorwarnung auftretendes Phänomen sein kann und dass Anleger die zukünftige Inflationsentwicklung zeitweise signifikant falsch einschätzen.

Dies kann für die Besitzer normaler Obligationen mit fixem Coupon, von sogenannten Nominalanleihen, fatale Folgen haben. Es kann sein, dass die reale Verzinsung einer Nominalanleihe – der Zinsertrag nach Abzug der effektiven Inflation – deutlich niedriger ausfällt, als es der Couponertrag vermuten liesse. Tiefe Realzinsen, gepaart mit einer geringen Inflationserwartung, zeigen im aktuellen Umfeld ein massiv erhöhtes Risiko, dessen Folgen Kursverluste sein können.

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Falsche Inflationserwartungen bergen Gefahren

Umgehen lässt sich diese Problematik mit Investitionen in inflationsindexierte Anleihen, bei denen die genannten Nachteile vermieden werden und die für Euro, US-Dollar und britisches Pfund – nicht jedoch für CHF-Anleihen der Eidgenossenschaft – angeboten werden. Coupon wie auch Rückzahlung sind an eine offizielle Inflationsrate gebunden und werden laufend angepasst. So bleibt die Kaufkraft der Rendite erhalten.

Die Verfallsrendite – also die durchschnittliche annualisierte Rendite dieser Anleihen – erscheint zunächst als unattraktiv, da der Inflationsausgleich zusätzlich zum Coupon und zur Rückzahlung gewährt wird und folglich «nur» der Realrendite entspricht. Die Differenz zur Verfallsrendite einer Nominalanleihe stellt nichts anderes dar als die gegenwärtige, langfristige Inflationserwartung der Marktteilnehmer. Zur Veranschaulichung: Aktuell rentieren deutsche Nominalbundesanleihen bei zehnjähriger Laufzeit zu -0,10 Prozent. Die entsprechende IL-Anleihe kann für -0,98 Prozent Rendite erworben werden. Die Inflationserwartung liegt daher bei sehr niedrigen 0,88 Prozent p.a. – und dies für einen Zeitraum von zehn Jahren.

Renditen von IL-Obligationen punkten bei steigender Inflation

Keinen Vorteil bergen IL-Anleihen bei Übereinstimmung von Erwartung und Realität, dies ist aber eher unwahrscheinlich. Fällt die Inflation indes über die gesamte Laufzeit beider Anleihen gesehen höher aus, so fährt der Besitzer einer IL-Anleihe deutlich besser. Gegen das Risiko falsch eingeschätzter Inflationsraten – oder anders formuliert: Falls eine steigende Inflation erwartet wird – lässt sich ein Obligationenportfolio so gewinnbringend absichern. Bestehen bleiben jedoch die Risiken einer festverzinslichen Anlage wie ein überschaubares Kreditrisiko, das Risiko steigender Realzinsen oder aber eine Deflation anstelle der erwarteten Inflation.

Wer also den weit geöffneten Geldschleusen der Notenbanken skeptisch gegenübersteht und Inflationsgefahren wittert, sollte eine Investition in eine IL-Anleihe als Portfolioergänzung ernsthaft in Erwägung ziehen.

* Norbert Brestel ist Head Investment Communications bei Schroders & Co. Bank AG.