Das diesjährige Annual Meeting des Lucerne Dialogue steht unter dem Motto «Für ein stärkeres Europa». Dass ein stärkeres Europa auch die Aufgabe der jüngeren Generationen ist, wird am Anlass deutlich: Am Eingang erhalten die Teilnehmenden über 45 Jahre ein weisses, die unter 45-Jährigen ein mintgrünes Band für das Namensschild. Im Saal zeigt sich ein ausgeglichenes Bild dieser Bänder: Die Hälfte der Teilnehmenden ist unter 45 Jahre alt. Das Forum lädt jedes Jahr zu einem zweitägigen Austausch zwischen den Generationen ein.
«Der Austausch mit den zukünftigen Generationen dient als Frühwarnsystem», sagt Dominik Isler, Leiter des Lucerne Dialogue, über das Konzept des Annual Meetings. Doch in welchen Bereichen kriselt es laut zukünftigen Generationen? Am Auftaktabend sprechen drei junge Führungskräfte darüber, was geschehen muss, damit Europa erfolgreich gestärkt wird.
Anett Numa, Leiterin der Abteilung für Regierungsbeziehungen und Kommunikation im Innovationslabor der estnischen Regierung, ist besorgt über die Risiken einer ungebremsten Digitalisierung. Dazu gehören Kriminalität im digitalen Raum und künstliche Intelligenz, die die Welt verändern. Die Lösung heisse Bildung: Um Europa und die Welt gegen Cyberkriminalität zu wappnen und auf die beschleunigte Verbreitung von Desinformation vorzubereiten, brauche es die entsprechenden Grundlagen. Digitale Kompetenz müsse vom Kindesalter an gefördert werden, so die Estin. «Bildung ist der Schlüssel zu einem stärkeren Europa», meint Numa abschliessend.
Stabilität beginnt im Gesundheitswesen
Einen anderen Aspekt im sozialen Bereich beleuchtet Monika Václavková: «Eine gute Gesundheit ist nicht nur ein Pluspunkt, sondern ein Eckpfeiler für das Wohlergehen einer Gesellschaft.» Die Tschechin arbeitet als Beraterin bei der European Sleep Research Society (ESRS). Ein starkes Gesundheitssystem führe zu einer stabilen Nation – auch dank des Austausches über Grenzen hinaus. Doch das Problem sind in Václavkovás Augen nicht nur die geografischen Grenzen zwischen den einzelnen Gesundheitssystemen, sondern «gute Gesundheit geht über das Physische und Somatische hinaus. Es beinhaltet auch die psychischen Faktoren», sagt die studierte Psychologin. Gerade hinsichtlich globaler Ereignisse wie Krieg und Klimakrise sei ein resilientes Gesundheitswesen wichtiger denn je.
Anschliessend an die Punkte der ESRS-Beraterin plädierte Kristian Jacobsen für eine Reformation der Arbeitskultur. Jacobsen ist Abteilungsleiter beim dänischen Dienstleistungskonzern ISS. «Das Problem in Europa ist die veraltete Arbeitskultur», resümiert er auf der Bühne des Annual Meetings. Ein Land sei nur so stark wie seine wirtschaftliche Triebkraft – die Arbeitnehmenden. «Wir müssen unsere Arbeitskultur dahin transformieren, dass die Kreativität des Menschen höher steht als die Anzahl geleisteter Arbeitsstunden im Büro.»
Kristian Jacobsen, Anett Numa und Monika Václavková heben unterschiedliche Bereiche hervor – und doch hängen diese zusammen. Sie alle schliessen ihre Vorträge mit den Worten: «Wir müssen jetzt handeln.» Denn in den Augen der jungen Führungskräfte bringt eine Transformation der Arbeitskultur und die Stärkung von Bildung und Gesundheitswesen gleichzeitig eine Stärkung von Europa mit sich.