Was der Schuh für den Menschen ist, ist das Hufeisen für das Pferd. Die passgenaue Anfertigung dieses Hufeisens, das meist aus Stahl gefertigt wird, leistet einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg von Pferd und Reiter. Zudem schützen Hufeisen den Huf vor übermässiger Abnutzung. Dafür sind in der Schweiz rund 300 Hufschmiedinnen und Hufschmiede zuständig. Sie besuchen alle paar Wochen die Pferde und wechseln die Hufeisen aus.
Die Rolex des Pferdesports
Auch in der Schmiede von Stefan Wehrli, mitten im idyllisch gelegenen Dorf Heldswil im Kanton Thurgau, dreht sich alles ums Hufeisen. Der gelernte Hufschmied stellt als einer der Einzigen in der Schweiz Hufeisen her. Seit 1997 betreut er Kunden und Kundinnen aus der ganzen Welt. Vor drei Jahren hat er die Wehrli Equine Podiatry Academy gegründet, in der er sein Wissen an interessierte Hufschmiede und Tierärztinnen weitergibt.
Die Faszination und die Leidenschaft für Pferde begleiten Stefan Wehrli seit seiner Kindheit. Damals kam er in den Genuss von Reitstunden und nach seinem ersten Besuch bei einem Hufschmied war für ihn sofort klar, dass er dieses Handwerk erlernen will. Seine Leidenschaft für den Beruf empfindet er als sein grosses Plus. Denn sie befähigt ihn, die Arbeit auch unter Extrembedingungen ausführen zu können.
Stefan Wehrli hat sich auf den Beschlag von Spitzensportpferden spezialisiert. Mit seinem Gefühl für Pferde und viel technischem Verständnis hat er ein Konzept zur Herstellung von Hufeisen und des richtigen Beschlags entwickelt, damit das Pferd sein Leistungspotenzial effizient umsetzen kann. Durch seine aktive Teilnahme im Reitsport in früheren Jahren kennt Wehrli die Anforderungen seiner Kundinnen und Kunden bestens. Seine Produkte sollen aber nicht nur die Leistung der Pferde fördern, sondern auch wesentlich zu deren Gesundheit beitragen. Aufgrund seines Konzepts hat er seit 2014 selbstständig 25 Produkte entwickelt und europaweit patentieren lassen. Alle Eisen werden nach höchster Schweizer Qualität und Präzision hergestellt, sie gelten als die «Rolex» der Pferdesportbranche. Das Basismodell ist aus Stahl gefertigt, der etwas härter und trotzdem flexibel genug ist, um es an die entsprechenden Bedürfnisse seiner Klientel anzupassen.
Herkömmliche Hufeisen werden gesenkgeschmiedet hergestellt. Das heisst, dass der erhitzte Stahl in eine Form gepresst wird. Nicht so bei Wehrli. Der Rohling wird mit Lasertechnik aus einem Stahlblech ausgeschnitten. Anschliessend werden die gewünschten Konturen mit einer CNC-Maschine gefräst. Diese zwei Arbeitsschritte werden von zwei KMU in der Region ausgeführt. Die WTS (Wehrli Traction Shoe) an den Hufen sorgen für den optimalen Grip während des Wettkampfes und tragen massgeblich zum Wettkampfergebnis bei.
Zwischen Gefühl und Technik
Das Wohl des Pferdes steht für den gebürtigen Thurgauer immer an erster Stelle, die wirtschaftlichen Ziele sind für ihn eher zweitrangig. Täglich zeigt er bei seiner Arbeit ein feines Gespür für die Kombination aus Gefühl und Technik. Ein wesentlicher Grundsatz seiner Arbeit ist, das Pferd als Wesen zu verstehen und auf dessen Signale zu achten. Gleichzeitig benötigt er aber auch ein grosses technisches Verständnis für verschiedenste Messwerte. Er versucht, für das Pferd und dessen Besitzer oder Besitzerin immer die passende Lösung sowie das passende Produkt zu finden.
Ein vielseitiger Nischenberuf
Der Beruf des Hufschmieds gilt in der Schweiz als Kleinstberuf; pro Jahr nehmen im Durchschnitt 14 Jugendliche die Ausbildung in Angriff. Hufschmiedinnen sind Expertinnen und Experten für die Pflege und den Beschlag der Hufe von Pferden, Eseln und Maultieren. Von den jungen Fachkräften wird ein breites Wissen über die Anatomie der Tiere bis hin zur richtigen Beschlagtechnik gefordert. Nebst dem Beschlagen von Huftieren gehört auch das Verständnis für deren Verhalten sowie die Herstellung von Werkzeug zum Aufgabengebiet.
Hufschmied sein bedeutet Leidenschaft, und diese ist auch bei Stefan Wehrli spürbar, wenn er über seine Arbeit spricht. Der Thurgauer hat sich mit seinem Lebenswerk einen Traum erfüllt und sagt mit Stolz, dass sein Beruf seine Berufung ist.