Trotz der zunehmenden Digitalisierung der Logistik haben Unternehmen immer noch Mühe, tatsächlich datenbasiert zu arbeiten. So erweist es sich noch immer als herausfordernd, relevante und genaue Daten über die vielen Partner hinweg zu sammeln sowie auf deren Basis zu agieren – insbesondere im Logistikbereich, wo Daten schnell an Wert verlieren. Denn eine wirklich datenorientierte Arbeitsweise erfordert analytische Fähigkeiten, komplexe Programmierung, Integration und Nutzeroberflächen, die die Nutzenden sinnvoll in der Entscheidungsfindung unterstützen können.

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Grenzen der Prozessoptimierung

Künstliche Intelligenz hingegen erfordert eine kongruente und robuste Prozessprogrammierung, nutzt aber anschliessend das gesamte betriebliche Backend, um Daten zu konsolidieren und Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Eine KI-basierte Software kann beispielsweise Live-Daten zu jedem Container im Transit analysieren und Daten zu Herkunftsland und Spediteur verarbeiten, um für jeden Container ein Risikoprofil zu erstellen und zu entscheiden, ob und wo er geprüft werden soll.

Die Autoren

Richard Bradley, Supply Chain Lead Partner,Deloitte Schweiz, Genf

Claudia Fojan, Director Consulting, Deloitte Schweiz, Zürich.

KI-Systeme können auch bei der Optimierung und Ausführung von Prozessen helfen. Gegenwärtig sind Logistiksysteme für das Transportmanagement, die Disposition und den Versand darauf ausgelegt, den Durchsatz zu maximieren, Kosten zu senken und die Transparenz zu erhöhen. Die Prozessoptimierung stösst jedoch an ihre Grenzen, insbesondere bei der Behandlung von Ausnahmen. Der Umgang mit Ausnahmen in komplexen Netzwerken erfordert zahllose Systemanpassungen, die kostspielig sind und die Systembenutzer überfordern können.

So können schon kleine Etikettierungsfehler enorme Kosten, Verzögerungen und Sicherheitsrisiken in der Lieferkette verursachen, die ein menschliches Eingreifen erfordern. Stattdessen könnten Ausnahmen, die bei weniger ambitionierten Systemanpassungen hervortreten, mithilfe von KI-basierter Technologie effektiver gehandhabt werden. Zweifellos werden Unternehmen, die in Optimierungsunterfangen die Möglichkeiten der KI ausser Acht lassen, in Zukunft kaum noch mithalten können.

KI ist nicht nur in der Lage, Entscheidungen auf der Grundlage umfangreicher Datensätze zu treffen, sondern zielt auch darauf ab, Erfolgskriterien zu optimieren. Dabei geht es nicht nur um Logistikkosten, sondern auch um nicht monetäre Grössen wie die Modal Split Ratio, die Ressourcenauslastung, Service Level Agreements, Emissionen und weitere mehr. KI kann sich selbst weiterentwickeln, um mehrdimensionale Optimierungsziele auszubalancieren, und sich bei Bedarf schnell an veränderte Realitäten oder Ereignisse anpassen.

Ein Beispiel hierfür ist, dass die KI potenzielle Abweichungen der Durchlaufzeiten bei der mehrstufigen Bestandsoptimierung berücksichtigt. Sie kann zahlreiche Elemente einbeziehen und Korrelationen identifizieren, die für Menschen zu komplex oder zu abstrakt sind, um sie alle zu erfassen. Die stetig steigenden Anforderungen, die derzeit in die täglichen Entscheidungen von Logistikern einfliessen, werden schon in naher Zukunft am ehesten durch KI bewältigt, was die Logistikunternehmen und die Branche als Ganzes deutlich widerstandsfähiger machen wird. Es ist daher keine Überraschung, dass KI aktuell viel diskutiert wird. Tatsache ist jedoch auch, dass diese neuartige und disruptive Technologie ihre eigenen Herausforderungen mit sich bringt – etwa die Risiken einer uneingeschränkten KI: Die künstliche Intelligenz erfordert ein hohes Mass an Freiheit, um optimal arbeiten zu können; gleichzeitig jedoch braucht sie auch Kontrolle, um unbeabsichtigte Folgen zu vermeiden, wenn es etwa um ethische Rahmenbedingungen geht oder um die Notwendigkeit, im Falle von Wiederherstellungsabläufen schnell die volle Kontrolle zurückzugewinnen. Regierungen und Regulierungsbehörden bereiten sich darauf vor, Standards für KI festzulegen, wie es die EU derzeit mit dem KI-Gesetz tut. Es wird jedoch noch einige Zeit dauern, bis diese vollständig in Kraft treten, zusammen mit der Herausbildung dessen, was als KI-Best-Practice gelten wird.

 

Ein erster kleiner Schritt als Start

Für Logistikunternehmen gilt es, die Vorteile der KI mit den damit verbundenen Risiken abzuwägen. Die KI-Reise kann klein beginnen, um erste Erfahrungen zu sammeln. Bereits dies ermöglicht einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz, denn diese schläft bekanntlich nicht. Erfolgreich sein werden jene Logistikunternehmen, die KI für sich erproben, nutzen und in ihre Prozesse implementieren, um damit effizientere und zuverlässigere Dienstleitungen anzubieten, und so mit einer KI-basierten Logistikorchestrierung in der Branche vorpreschen können.