Mitten im historischen Brauhaus Sternen in Frauenfeld soll eine Haus-Brauerei entstehen. An und für sich nichts Aussergewöhnliches, wäre da nicht der Kopf dahinter: Martin Wartmann (56) Besitzer und Chef der Actienbrauerei Frauenfeld sowie Alleinaktionär der Brauhaus Sternen AG gilt als einer der innovativsten Brauer. Seit mehr als 100 Jahren hat seine Familie in Frauenfeld Bier gebraut.

Innovative Gastro-Brauereien sind ein gutes Beispiel, wie sich Investitionen durch die Aufnahme von zusätzlichem Eigenkapital finanzieren lassen. So auch im «Sternen». Martin Wartmann zieht diesen Weg bewusst einer Finanzierung durch Fremdkapital vor: «Banken sind ungeeignet als Unternehmenspartner. Sobald Banker im Management mitreden wollen, gehts bergab, weil sie als Geldverleiher eben anderen Prioritäten zu folgen haben.» Abgesehen davon, dass Banken solche Kleinunternehmen sowieso nicht als Wunschkunden betrachten dürften.

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Ab 1876 wurde am bisherigen Standort des «Sternen» Bier gebraut. 1996 wurde die Produktion der Spezialitätenbiere an den für industrielle Herstellung besser geeigneten Standort in Winterthur ausgelagert. Im «Sternen» verblieb das Vergären und Ausreifen der Bierwürze.

Vor einem Jahr schliesslich wurde das Sudwerk abgebrochen und dafür ein Gastraum eingerichtet. Jetzt will Wartmann an der Geschichte anknüpfen und im «Sternen» wieder Bier brauen. Das Umfeld scheint zu stimmen, die Zeit reif für die Mikro-Brauerei zu sein (siehe auch Tabelle «Analyse»).

Die Strategie

Im originellen und historischen Ambiente der Mikro-Brauerei soll ein Bier-Portfolio geboten werden, welches laufend den Konsumentenwünschen und Trends angepasst wird. Wartmann: «Wir sind experimentierfreudig, das heisst, wir suchen laufend Innovationen.» Wartmann will sich mit seinem Team auf unfiltrierte Frischbiere mit limitierter Haltbarkeit konzentrieren. Dies wirkt sich nicht zuletzt positiv auf den Investitionsbedarf und die Herstellungsweise aus.

Wartmann verfolgt eine Dachmarkenstrategie. Die Biermarke heisst immer «Brauhaus Sternen», gefolgt von einem Ergänzungsnamen. Wort- und Markenbild sind registrierte Marken, was zugleich den Aufbau beispielsweise von Self-Liquidators ermöglicht. «Mit der Dachmarkenstrategie», so Wartmann, «generieren wir am meisten Synergien für die ertragssichernde Gastronomie.»

Das ist wesentlich. Die Hälfte des geplanten Bierumsatzes wird bereits heute in den eigenen Räumen erzielt. Mit dem Ausbau wird eine Verdopplung angestrebt. Zur Kernaktivität werden zusätzliche Bausteine gestellt, sowie Catering-Angebote, Verkauf über die Gasse, Brau-Seminare, die das Biererlebnis steigern. «Wir sehen unsere Stärke in der Kombination.»

Die neue Mikro-Brauerei entsteht im Rahmen der Betriebsgesellschaft «Brauhaus Sternen AG». Die eigentlichen Projektkosten (inklusive Engineering- und Beratungsaufwand) belaufen sich auf gut 670000 Fr. Die Baukosten von rund 200000 Fr. übernimmt das Mutterhaus, die Actienbrauerei Frauenfeld, die zugleich Gebäudeeigentümerin ist. Mit dem «Going Public» erwartet Wartmann einen Eigenkapitalzufluss von 800000 Fr., die vollumfänglich in den Ausbau des Betriebes gesteckt werden.

Die Umsetzung

Nachdem der erste Machbarkeitsentscheid gefallen ist, laufen derzeit Bewilligungsverfahren, Baukostenermittlung, Ausschreibungen für Anlagenhersteller; Pflichtenhefte für Anlagen werden erarbeitet, ebenso das Raumbelegungsprogramm. Im März wird die Emmissionsfrist ablaufen. Eröffnet wird die Makro-Brauerei dann am kommenden 1. Juli.

Mit der Öffnung des bisherigen Aktionariats für Gäste, Partner und Freunde gibt Wartmann zugleich die Aktienmehrheit ab. «Damit will ich ein klares Signal setzen, dass ich nicht einfach Geldgeber suche, die dann faktisch nichts zu sagen haben. Ich wünsche, dass die Leute wissen, dass sie sich einbringen können.»

Natürliche dividenden

Dass in der neuen Trägerschaft die nötigen Kompetenzen aus Brauwesen, Gastronomie, Finanzen, Management, E-Business, Revision, Treuhand sowie Immobilien vorhanden sind, dafür hat er bereits gesorgt. Einerseits durch die Wahl der Verwaltungsräte, die komplementäre Kompetenzen mitzubringen haben, andererseits durch die gezielte Einladung einzelner potenzieller Aktionäre zur Zeichnung. Mit Erfolg: «Damit können wir bei Bedarf auf Leute zurückgreifen, die durch Aktien emotional mit uns verbunden sind.» Dies kann in einer Art Beirat institutionalisiert werden.

Seine Vorab-Akquisition war offensichtlich dermassen erfolgreich, dass Wartmann bereits heute eine Überzeichnung nicht mehr ausschliessen will. Von 1000 Aktien zu 800 Fr. (nominal 300 Fr. plus 500 Fr. Agio) sind bereits 200 reserviert, ohne dass die Werbung zur Zeichnung überhaupt begonnen hat.

Auf eines werden die künftigen Aktionäre aber verzichten müssen, auf eine «reale» Dividende in den ersten Jahren. «Ich bin der Meinung, dass wir lieber grosszügig mit Naturaldividenden in Form von Bier, Brot und Genuss sein sollen. Das ist es schliesslich, was die Leute erwarten», ist Martin Wartmann überzeugt.