Der Ruf der Zurich Financial Services (ZFS) sowie der Rentenanstalt/ Swiss Life ist ziemlich ramponiert: So tragen beide Gesellschaften bezüglich Reputation die rote Laterne, wie eine vom GFS-Forschungsinstitut durchgeführte Umfrage kürzlich ergeben hat. Und während ein Ruf über Nacht ruiniert werden kann, dauert der Aufbau von Reputation oft Jahre.

Doch derweil sich die Rentenanstalt mit einem weiteren Lapsus in der Buchhaltung erneut in ein schiefes Licht stellt (siehe Seite 41), stehen die Chancen der ZFS nicht schlecht, dass der Konzern unter seinem neuen CEO James Schiro wieder auf Kurs kommt.

So ist die noch bis zum 25. Oktober laufende Kapitalerhöhung über 2,5 Mrd Dollar auf gutem Wege. Die Bezugsrechte werden rege gehandelt. Die ZFS hat demnach glaubwürdig darlegen können, wo sie in Zukunft wachsen will und auch kann: Das neue Kapital wird vor allem für das Wachstum im Nichtleben-Geschäft gebraucht, aus dem die Zürich rund die Hälfte ihres Prämienvolumens generiert (siehe Grafik). Laut Analysten ist es dem Team um Schiro gelungen, in England wie auch in den USA ein überzeugendes Marketing zu betreiben.

*Wende bereits 2003?*

Die Chancen im Sachversicherungsgeschäft waren seit Jahre nicht mehr so gut. Die Prämien wachsen sowohl in den USA (hier 30% und mehr) wie in Europa im zweistelligen Bereich. Weil dieses Geschäft jedoch sehr volatil sein kann, ist es nötig, dass eine Versicherungsgesellschaft über genügend Eigenkapital verfügt. Jeder Prämienfranken muss mit zwischen 40 und 60% Eigenkapital unterlegt sein.

Angesichts der bestehenden Chancen ist die Kapitalverwässerung, die normalerweise aus einer Kapitalerhöhung entstehen kann, zu relativieren. Denn erstens haben alle ehemaligen Aktionäre Bezugsrechte für die neuen Aktien erhalten und können somit ihren Anteil am Unternehmen beibehalten, sofern sie das wünschen. Zweitens ermöglicht das neue Kapital der Zürich, zu wachsen. Geht das Wachstum mit guten technischen Resultaten einher, sollte mehr Gewinn herausschauen ? und höhere Ausschüttungen, von denen die Investoren profitieren.

Doch über dem Berg ist die ZFS trotzdem noch lange nicht:

-So ist von aussen kaum zu beurteilen, ob die Reserven ausreichend sind. Dies obwohl die ZFS erneut 2 Mrd Dollar nachreserviert hat. Mit einem Verhältnis von 1,02 (Reserven/Prämien) liegt die ZFS beispielsweise immer noch weit hinter der Allianz (1,28) zurück. Zwischen 1998 und 2001 wurden ? nicht nur bei der Zürich ? systematisch zu tiefe Prämien geschrieben, welche die Versicherer mit den Kapitalgewinnen quersubventionierten. Diese Zeiten sind vorbei. Da die ZFS stark im risikobehafteten US-Industriegeschäft tätig ist, würde es nicht erstaunen, wenn nun weitere Nachreservierungen nötig würden.

-Auch ob weitere Abschreiber nötig sein werden, ist offen. Dieses Jahr hat die ZFS bereits für 954 Mio Dollar Software abgeschrieben und den Goodwill reduziert. Zusätzliche Wertberichtigungen auf den Aktienanlagen könnten nötig werden (600 Mio Dollar), falls die Aktienmärkte auf dem Niveau von Ende Juni 2002 verharrten.

-Das Management strebt mittelfristig eine Eigenkapitalrendite von 12% an. Das ist laut Stefan Schürman von der Bank Pictet sehr ambitiös.

-Die Aktienquote wird zurzeit auf unter 10% gedrückt. Die ZFS will in den nächsten 6 bis 12 Monaten für rund 4 Mrd Dollar Aktien verkaufen. Dazu wird man Kapitalverluste realisieren müssen. Kurzfristig bleibt das Risiko aber selbst mit einer Aktienquote von 10% noch beträchtlich. Auf lange Frist wiederum wird die ZFS mit dieser Quote nur unterdurchschnittlich davon profitieren, wenn sich die Märkte wieder erholen. Der Gewinnbeitrag aus dem Anlagegeschäft wird in Zukunft tiefer ausfallen.

Doch nicht nur die ansprechend verlaufende Kapitalerhöhung spricht für einen erfolgreichen Turnaround der Zürich:

-Der Aktienpreis ist daran, sich zu erholen. Der Kurs der Aktie könnte am 24. Oktober zwar nochmals einbrechen, weil die Konsortiumsbanken dann alle bei ihnen verbliebenen Bezugsrechte noch auf den Markt werfen werden. Danach jedoch würde es nicht verwundern, wenn der Kurs der Zürich Aktie stetig zulegen würde.

-Die angekündigten Massnahmen werden auch umgesetzt.

1 Mrd Dollar mehr Gewinn soll daraus 2003 resultieren. Der Stellenabbau umfasst 4500 Stellen, 2000 davon alleine in England. Gleichzeitig wird der Abbau des Wasserkopfes im Headquarter in Zürich vorangetrieben.

-International werden an verschiedenen Orten im Konzern die Kosten heruntergeschraubt. So macht in England die Online-Bank der Zürich nur acht Monate nach dem Start (Kosten: 138 Mio Dollar) wieder dicht. Auch weitere Devestitionen sind nicht auszuschliessen, welche Eigenmittel freimachen könnten (Threadneedle und die britische Private Equity Group Gresham).

-Das wichtigste Verdienst Schiros ist es jedoch, dass das Vertrauen, wenn auch langsam, wieder in den Konzern zurückzukehren scheint.

Die Rechnung 2002 wird zwar einen happigen Verlust bringen. 2003 jedoch schon könnte sich das Blatt wenden und der ZFS erlauben, die rote Laterne bezüglich Reputation abzutreten.

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