Mittlerweile ist «Nachhaltigkeit» ein inflationär benutzter Begriff – in der Werbung, in der Politik und auch in der Finanzbranche. Der Anwalt Tadas Zukas, der bei Vontobel arbeitet und regelmässig öffentliche Vorträge hält, etwa an der Universität Zürich, hat sich dessen angenommen. Er versucht mit seinem kürzlich erschienenen Buch, die «European Sustainable Finance Regulation» zu durchleuchten, was unter dem Begriff Nachhaltigkeit im Finanzbereich zu verstehen ist. Der Untertitel der Verlagsreihe, «In a Nutshell», verrät: Zukas beginnt ganz am Anfang und hat den Anspruch, alle abzuholen, die sich für das Thema interessieren.
Dazu wählt der Autor zunächst einen historischen Ansatz und analysiert, wie sich die Nachhaltigkeit in der Finanzbranche seit den 1980er-Jahren allmählich eingeschlichen hat und wie sie spätestens seit dem UN-Abkommen von Paris 2015 unverzichtbar wurde. Und: wohin der begriffliche Trend in den letzten Jahren ging – etwa zum Terminus der «Transition Finance», also der Umwandlung nichtgrüner Finanzprodukte in grüne Produkte. Auch andere Begrifflichkeiten, mit denen die Branche um sich wirft – wie ESG oder Greenwashing –, betrachtet Zukas minutiös. So ergibt sich mit «European Sustainable Finance Regulation» ein Text, der für Finance-Studenten ebenso relevant ist wie für etablierte Banker.
Viele offene Felder
Denn die wirkliche Krux der Nachhaltigkeitsthematik liegt in der Ungenauigkeit, mit der viele Begriffe verwendet werden. Einer der Gründe dafür liegt sicherlich in der Historie und erklärt somit die sich ständig wandelnde Bedeutung einzelner Nachhaltigkeitsaspekte im Finanzsektor. Beim «Sustainable Investing» und den ESG-Deklarationen, so erklärt Zukas, gab es etwa drei Bedeutungsverschiebungen – von Investitionen «driven by investors with ‹non-financial› motivations» hin zu solchen «driven by financial materiality» und schliesslich zu dem, was wir heute kennen: «to have a positive impact».
Nicht zuletzt dringt im Buch durch, dass Zukas als Jurist arbeitet. Entsprechend beschäftigt er sich auch mit den aktuellen Regulierungen im Bereich «Sustainable Finance», denn so jung das Feld ist, so offen sind noch viele Felder, etwa auch die juristischen.
Zukas beschreibt all das verständlich und verschafft mit Hilfe von Grafiken einen guten Überblick. Im Hinblick darauf, dass die Thematik der Nachhaltigkeit sich immer weiter in der Finanzbranche verästelt, lohnt es sich, die Grundstrukturen blind zu kennen. Möglicherweise ist Zukas mit «European Sustainable Finance Regulation» gar ein Nachschlagewerk gelungen, das bald in vielen Hörsälen und auf vielen Schreibtischen stehen dürfte.
Tadas Zukas, «European Sustainable Finance Regulation». 337 Seiten. Dike. 58 Franken.