Kleinere Unternehmen haben zunehmend Mühe, von Banken Kredite zu erhalten. Dies unter anderem deswegen, weil die Vergabe von kleinen und kurzfristigen Krediten immer öfters als unattraktiv eingestuft wird. Für KMU kann Crowdlending eine sinnvolle Alternative darstellen, allerdings gilt es dabei einiges zu beachten. Eine jüngst veröffentlichte Studie der Hochschule Luzern im Auftrag des Seco machte deutlich, dass sich die Finanzierungsstruktur von KMU (Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden) stark verändert hat. Zwar finanzieren immer noch 32 Prozent der Firmen ihre Investitions- oder Kapitalbedürfnisse über Banken. Doch der Anteil an Finanzierungen über Nichtbanken stieg zwischen 2016 und 2021 von 6 auf 15 Prozent.
Michael Borter, CEO Cashare
Crowdlending: Kredite von Nichtbanken
In die Kategorie Nichtbanken gehören die Unternehmensfinanzierungen über sogenanntes Crowdlending. Dabei investieren Privatpersonen oder Institutionen Geld in Unternehmenskredite. Das Ganze funktioniert über digitale Plattformen, auf denen sich Angebot (Kreditgesuche) und Nachfrage (Investoren) treffen. Diese effiziente Abwicklung erlaubt es KMU, innert kurzer Zeit zu ihrer Finanzierung zu kommen.
Oliver Sabljo, Verwaltungsrat des Treuhandunternehmens Treufida, sagt: «Banken gehen diese Kreditrisiken nicht ein. Viele KMU bekommen daher trotz gutem Rating keine Finanzierung. Dies verhindert das Wachstum von gesunden Geschäftsmodellen. Die Ausfallraten sind nicht wesentlich höher als bei Banken.»
Crowdlending-Finanzierungen sind in der Regel auch flexibler. So wählen Unternehmen das Kreditvolumen und die Rückzahlungsmodalitäten selbst. Ein Beispiel: Kredite können praktisch ohne Kostenfolgen vorzeitig zurückgezahlt werden.
Auch bezüglich der Kosten stehen Crowdlending-Lösungen gut da. Neben dem zu entrichtenden Zinssatz, der niedriger sein kann als bei Banken, bezahlt das KMU eine tiefe, einmalige Gebühr für die Nutzung der Plattform.
Was wird häufig über Crowdlending finanziert?
Eine Möglichkeit sind sogenannte endfällige Darlehen. Diese werden häufig für zeitlich begrenzte Projektfinanzierungen eingesetzt, die meist weniger als ein Jahr dauern. Beispiele dafür sind Renovationen oder Erweiterungen von Immobilien oder Überbrückungsfinanzierungen in besonderen Liquiditätssituationen.
Diese Darlehen können bei Bedarf auch mit einer Anschlussfinanzierung verlängert werden. Dies ist beispielsweise dann sinnvoll, wenn bei einem Immobilienprojekt ungeplante Kosten anfallen oder bei gewissen Projekten der Finanzierungsbedarf für Banken zu klein oder die Laufzeit des Kredits zu kurz ist. Bei einer Schreinerei wurde so zum Beispiel eine grosse neue Sägemaschine finanziert, nachdem der ursprünglich ausländische Finanzpartner des Lieferanten abgesprungen war. Bei solchen Darlehen bezahlt das KMU am Ende der Laufzeit den Zins und das Kapital zurück.
Die zweite Möglichkeit sind Ratendarlehen, bei denen die Zins- und Rückzahlung laufend über die vereinbarte Zeit erfolgt – häufig über maximal fünf Jahre. Beispiele dafür sind Investitionsprojekte wie die Anschaffung von Produktionsmaschinen oder die Finanzierung von Wachstumsprojekten. Oft geht es auch um Vorfinanzierungen von Lagerbeständen, so etwa bei Autofirmen mit einem grossen Wagenpark, oder um den Import von Gütern, die vorfinanziert werden müssen.
Transparenz und ein klarer Plan
Auch beim Crowdlending gelten Mindestanforderungen. So muss ein Unternehmen mindestens seit zwei Jahren operativ am Markt sein und einen Mindestumsatz von 100’000 Franken pro Jahr erwirtschaften. Zusätzlich findet genauso wie bei Bankkrediten eine detaillierte Prüfung der Kreditwürdigkeit des Unternehmens statt. Neben den üblichen Geschäftsunterlagen sind auch Sicherheiten vorzulegen. Im Falle von KMU handelt es sich dabei häufig um Immobilien, Debitorenzessionen oder Solidarbürgschaften. Oft findet zusätzlich ein persönliches Gespräch statt, um die Eigentümer oder das Management kennenzulernen und die Risiken besser abzuschätzen.
Wie bei jeder Fremdfinanzierungslösung muss das Unternehmen einen klaren Plan haben. Thomas Köstinger vom Verein Chur Plus, der eine Crowdlending-Finanzierung beansprucht hat, hat dies auch so erfahren: «Es ist wichtig, sein Projekt gut aufzubereiten. Man muss damit teils auch kritische Investoren überzeugen können. So merkt man schnell, ob ein Projekt markttauglich ist.»
Oliver Sabljo ergänzt: «Investoren sehen direkt den Impact des Investments beziehungsweise des Darlehens. Die Möglichkeit, die Zahlungshistorie einzusehen und die Unternehmenskennzahlen zu präsentieren, ist für Darlehensnehmer und -geber elementar. Bei der Bank läuft dies alles anonym.»
Transparenz und eine klare Kommunikation wecken Vertrauen – bei der Crowdlending-Anbieterin und bei den potenziellen Kreditgebern. Es braucht also seitens des KMU eine gute Vorbereitung des Business Cases, um mittels Crowdlending rasch und effizient zu einer Finanzierung zu gelangen. (hzb/pg)