Die CS schreibt zum zweiten Mal einen Verlust, 2022 sind es 7,3 Milliarden Franken. Überrascht?
Vom Ergebnis weniger, aber die Abflüsse an Vermögen haben mich überrascht oder verunsichert. Die CS hatte den Markt im November noch beruhigt, stattdessen gingen die Abflüsse weiter – wenn auch reduziert. Am Schluss sind es 110 Milliarden, die nur im vierten Quartal abflossen. Das ist kein gutes Zeichen.
Nämlich?
Es zeigt, dass die Argumentation der CS-Spitze nicht überall verstanden wird und auf Gegenliebe stösst. Der einzige Lichtblick ist die Schweiz-Einheit, die weit über 1 Milliarde Gewinn macht.
Jetzt kündigt CS-Chef Ulrich Körner für 2024 einen Gewinn an. Glaubwürdig?
Ich hoffe es, dass die Bank die Wende schafft, aber ich bin noch nicht ganz überzeugt. Es sind noch viele Fragen offen. Etwa bei der Credit Swiss First Boston.
Die Bank kauft die Beratungsfirma von Michael Klein, einem langjährigen Verwaltungsrat der Bank.
Für 175 Millionen. Da frage ich mich schon, ob diese kleine Boutique ohne Transparenz über ihre Tätigkeiten diesen Preis wert ist. Und ob daraus eine rentable Investmentbank entsteht.
Daraus soll die Credit Suisse First Boston wachsen. Das Risiko bleibt der CS bis auf weiteres erhalten.
Deshalb fordern wir mehr Informationen zum Deal. Da sind noch zu viele Fragen offen.
Klein wird CEO of Banking, dazu CEO der CS of the Americas und CEO von Credit Suisse First Boston. Da gibts einige Interessenkonflikte.
Absolut, dann ist Klein noch Special Advisor von CEO Körner. Wir fordern deshalb, dass die Fairness Opinion, welche die Deutsche Bank zum Kaufpreis von 175 Millionen gemacht hat, publiziert wird. Und dann kommt noch dazu, dass der neue Finanzchef der CS früher Teasurer der Deutschen Bank war, welche die Bewertung vornahm. Die CS hatte in der Vergangenheit einige gröbere Probleme in der Governance, da dürfte man doch erwarten, dass man in diesem Bereich keine Angriffsfläche bietet.
Die CS will den Aktionärinnen und Aktionären für 2022 eine Dividende von 5 Rappen je Aktie auszahlen. Macht das Sinn?
Es gibt einen Prozess, der einzuhalten ist, dann sind Depotbanken involviert, das alles verursacht Kosten. Da kann man sich tatsächlich fragen, ob diese kleine Auszahlung sinnvoll ist. Ich bin skeptisch. Damit beruhigt man die Aktionäre nicht. Die sind unzufrieden aus anderen Gründen, etwa wegen der Verwässerung durch die Saudi National Bank, die als Aktionärin immer wichtiger wurde.
Da haben Sie sich ja dagegengestemmt.
Die erste Verwässerung hätte man vermeiden können. Heute haben die Saudi National Bank, der Staatsfonds von Katar und die Saudische Olayan-Gruppe über 20 Prozent der Stimmrechte, sie haben also eine starke Stimme. Auf der anderen Seite wollen sich Pensionskassen in der Schweiz und im Ausland nachhaltiger positionieren. Ich habe da meine Bedenken, ob diese Grossaktionäre auch diese Priorität haben.
Das Asset Management der CS ist doch auch ein Trauerspiel. Im vierten Quartal 2022 ist dieses Geschäft sogar in die roten Zahlen gerutscht.
Das ist schade und vielleicht auch eine verpasste Chance, indem man sich nicht breiter aufstellt und die Risiken der Bank nicht stärker verteilt.
Körner und seine Mitglieder in der Konzernleitung wollen 2022 auf einen Bonus verzichten. Eine gute Geste?
Das wird man sehen. Es wird jedenfalls schon von einem Transitional Award für 300 Topleute gesprochen, der bei Erreichen von Kriterien 2025 ausbezahlt werden soll. Wir müssen noch die Details anschauen.
Ein Bonus durch die Hintertür?
Derlei Zahlungen gabs ja schon letztes Jahr, als 600 Millionen als Retention-Massnahme ausbezahlt wurden. Diese Awards müssen immerhin zumindest fürs Topmanagement der Generalversammlung vorgelegt werden. Da wären wir skeptisch. Und es wäre auch ungerecht, denn der grösste Teil der Mitarbeitenden von der schweizerischen Abteilung wird keine Awards und keine Retention-Prämien kriegen, stattdessen werden sie noch stärker unter Druck geraten. Dabei haben sie einen tollen Job gemacht.