Die Grossbank UBS übernimmt in einer Rettungsaktion die schwer angeschlagene Rivalin Credit Suisse für drei Milliarden Franken. Zusätzlich steht sie für Verluste von bis zu fünf Milliarden Franken gerade. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) unterstützt den Deal mit Liquiditätshilfen und gewährt den Banken ein Darlehen von insgesamt bis zu 100 Milliarden Franken.
Die Regierung sicherte der UBS zudem eine Garantie von neun Milliarden Euro zu. «Die Übernahme durch die UBS ist die beste Lösung, um das Vertrauen in die Credit Suisse wiederherzustellen», sagte Bundespräsident Alain Berset am Sonntag auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Bern.
SNB-Chef Thomas Jordan betonte, ein Handeln sei zwingend gewesen. «Ein Konkurs der Credit Suisse hätte schwerwiegende Folgen für die Schweizer und internationale Finanzstabilität gehabt.«
Die Finanzaufsicht Finma stimmte der Übernahme zu. «Es bestand die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit der Bank, selbst wenn diese weiterhin solvent war», begründete die Behörde die Massnahmen. Durch die Liquiditätshilfe der SNB und die Ausfallgarantie des Bundes werde ausreichende Liquidität für die Umsetzung der Übernahme zur Verfügung gestellt, erläuterte Behördenpräsidentin Marlene Amstad. Beide Banken könnten nun ihre Geschäfte normal weiterführen. Bankschalter, Geldautomaten, Online-Banking, Debit- und Kreditkarten – alle Dienstleistungen blieben in gewohnter Weise zugänglich.
Finanzministerin Karin Keller-Sutter sagte, es sei zu bedauern, dass die Credit Suisse nicht in der Lage gewesen sei, ihre Schwierigkeiten aus eigener Kraft zu meistern. Ein Ausfall der Bank hätte aber gravierende Auswirkungen für die Schweiz und auch international gehabt. «Die Kosten eines Konkurses wären enorm gewesen.» Sie sei täglich im Austausch mit Finanzministern anderer Länder gewesen, besonders denen von Grossbritannien und den USA.
Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, begrüsste «das rasche Handeln und die Entscheidungen der Schweizer Behörden». Auch das geldpolitische Instrumentarium der EZB sei voll ausgestattet, um das Finanzsystem des Euroraums bei Bedarf mit Liquidität zu versorgen. Dieses sei aber widerstandsfähig und gut mit Kapital und Liquidität ausgestattet. Ähnlich äußerten sich die US-Notenbank Fed und die Bank of England.
Der Sonntag sei für die CS ein historischer und trauriger Tag, sagte CS-Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann in Bern vor den Medien. Ihm sei seit einem Jahr klar, dass es mit der CS nicht weitergehen könne wie zuvor, sagte er. Der neue CEO Ulrich Körner habe die Schlüsselpositionen neu besetzt und und an der kulturellen Transformation gearbeitet. «Ich habe höchste Hochachtung für Körner und sein Leadership-Team», sagte Lehmann. Die massiven Abflüsse von Kundengeldern ab Oktober seien bereits ein grosser Rückschlag gewesen.
Mit viel Elan und Energie sei die CS ins neue Jahr gestartet. Die jüngsten Ereignisse um US-Banken hätten die CS dann aber im ungünstigsten Moment getroffen. Die Beschleunigung des Vertrauensverlustes und die Zuspitzung in den vergangenen Tagen hätten gezeigt, dass die CS so nicht weiter bestehen könne. Die nun präsentierte Lösung sei die günstigste unter den derzeitigen Umständen. «Unser Fokus liegt auf den rund 50'000 Angestellten der CS, davon 17'000 in der Schweiz», versicherte Lehmann. Die CS wolle wieder ein verlässlicher und stabiler Partner für ihre Kunden sein.
Lehmann sprach als letzter, nach über 30 Minuten und nachdem bereits Alain Berset, Karin Keller-Sutter, Thomas Jordan, Marlene Amstad und Colm Kelleher ihre Punkte vorgetragen haben.
Verhandeln unter Zeitdruck
Den Kaufpreis bezahlt die UBS in eigenen Aktien, er entspricht einem Preis von 0,76 Franken je Credit-Suisse-Anteilsschein. «Diese Akquisition ist attraktiv für UBS-Aktionäre, aber klar ist – was die Credit Suisse betrifft, ist dies eine Notrettung», erklärte UBS-Verwaltungsratschef Colm Kelleher. Er wird Präsident der fusionierten Bank, UBS-Chef Ralph Hamers deren CEO.
Durch die Fusion entsteht ein Branchenriese mit einem verwalteten Vermögen von 3,4 Billionen Dollar und rund 120.000 Beschäftigten. Einem Insider zufolge könnten davon aber mindestens 10.000 Stellen abgebaut werden. Die UBS rechnet mit jährlichen Einsparungen von mehr als acht Milliarden Dollar bis 2027. Die Höhe der Stellenstreichungen könne noch nicht beziffert werden, sagte Kelleher.
Die Investoren in bestimmte eigenkapitalähnliche Anleihen (AT-1) verlieren ihren Einsatz. Die Papiere im Nominalwert von 16 Milliarden Franken werden auf Null abgeschrieben. Die AT-1-Anleihen waren nach der Finanzkrise 2007/08 erfunden worden, um in einer Krise als Puffer zu dienen und zu verhindern, dass Banken schnell in die Knie gehen.
Die Übernahme scheine auf den ersten Blick eine gute Lösung zu sein, schrieb Stephan Sola, Manager des Plutos Schweiz Fonds. «Der Übernahme-Preis von rund 0,76 Franken kann jedoch nur als unverschämt bezeichnet werden.» Die UBS nutzte die Lage der Credit Suisse radikal aus, die Einzelteile seien ein Mehrfaches des Angebotspreises wert.
Die Schweizer Regierung hatte die UBS zu der Übernahme gedrängt, um das Vertrauen in die Credit Suisse wieder herzustellen und ein Übergreifen der Krise auch auf andere Banken in Europa zu verhindern. Ob das gelingt, wird sich vor allem an den weltweiten Finanzmärkten zeigen, die in Asien in wenigen Stunden öffnen. Als Alternative war eine vollständige oder teilweise Verstaatlichung der Bank geprüft worden, wie ein Insider sagte.
Die 167-jährige Credit Suisse zählt zu den grössten Vermögensverwaltern der Welt und gilt als eine von 30 global systemrelevanten Banken, deren Ausfall das gesamte Finanzsystem in Mitleidenschaft ziehen würde.
Die Bank war nach einer Serie von hausgemachten Problemen und Skandalen in den Strudel der kollabierten US-Institute Silicon Valley Bank (SVB) und Signature Bank geraten. Zuletzt musste sie Notfallkredite der Schweizerischen Nationalbank (SNB) von bis zu 50 Milliarden Franken in Anspruch nehmen. Es ist das erste Mal seit der weltweiten Finanzkrise 2007/08, dass eine Notenbank sich zu einer Stützung für eine so grosse Bank gezwungen sah.
UBS-Präsident: Zu früh für Aussagen zum Stellenabbau
Wie und in welchen Ausmass der Zusammenschluss zwischen den beiden Grossbanken Credit Suisse und UBS zum Abbau von Arbeitsplätzen führen wird, steht noch in den Sternen. Für UBS-Präsident Colm Kelleher ist es noch zu früh, um zu sagen, ob es Stellenkürzungen geben wird. Beide Banken beschäftigen in der Schweiz je mehr als 16'000 Mitarbeitende.
Die Credit Suisse jedenfalls versucht, Befürchtungen zu besänftigen: «UBS hat sich zuversichtlich geäussert, dass die Mitarbeitenden der Credit Suisse weiterbeschäftigt werden», erklärte die Bank in einem Communiqué.
Auf der anderen Seite steht die Aussage der UBS, dass der Zusammenschluss bis 2027 zu jährlichen Kosteneinsparungen von über 8 Milliarden US-Dollar führen soll.
(tim/ise/sda/reuters)
1 Kommentar
Schockiert ... wie schnell sich aus "sicher" für mehr Geld an der Börse ... eine Lösung in .... "die anderen sollen zahlen" ... ist doch klar ... Situation entwickelt ... und UBS steht schlussendlich als Gewinnerin da ... mit Unterstützung vom Bund ...