Dabei könnten die zu kontrollierenden Banken selbst auswählen, welche zugelassene Firma die Kontrolle machen soll. Sie würden sich dann gerne für jene Prüfgesellschaft entscheiden, die ihren Vorstellungen am ehesten entspricht. Um den Prüfauftrag müssten die privaten Gesellschaften buhlen, auch finanziell. Der staatlichen Bankenaufsicht würden dann Berichte zugestellt, welche die Befunde in Revisionsdeutsch stark zusammenfassen. Von der Vor-Ort-Überprüfung und den erhellenden Gesprächen mit dem Bankpersonal, mit Informationen zwischen den Zeilen, bekäme die amtliche Aufsicht nichts mit. Nun, dieses Land gibt es: Es ist die Schweiz. 

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Über den Autor

Der Autor Gerhard Andrey ist Unternehmer und Politiker. Seit 2019 ist der Freiburger in der Grüne-Fraktion Mitglied des Nationalrats.
 

Good Governance geht anders. Das sogenannte duale System, in dem private Prüfgesellschaften als verlängerter Arm der Finanzmarktaufsicht (Finma) die Finanzinstitute aufsichtsrechtlich überprüfen, erscheint weder als sehr glaubwürdig noch als effizient. Einerseits profitieren die Auftragnehmer – der Markt dieser Dienstleistungen bewegt sich laut Schätzungen im dreistelligen Millionenbereich –, anderseits wird die Aufsichtsfunktion der Finma geschwächt.   

Beeinträchtigte Objektivität

Inzwischen ist diese im Bankenland Schweiz eigentümliche Prüfpraxis, die bereits vom Internationalen Währungsfonds bemängelt wurde, auch dem Bundesrat nicht mehr ganz geheuer. In seinem Bericht zur Bankenstabilität stellt er denn auch fest, dass «zwischen einem Beaufsichtigten und den von ihm mit Prüf- und Beratungstätigkeiten beauftragten Firmen wirtschaftliche Verflechtungen und Abhängigkeiten entstehen, die die Objektivität der aufsichtsrechtlichen Prüftätigkeiten beeinträchtigen können».

Deshalb sei eine grundsätzliche Überprüfung der Kontrollmechanismen und der Mandatierung von Prüfgesellschaften angezeigt, «damit inhärente Interessenskonflikte im bestehenden Aufsichtssystem weiter reduziert werden». Gut so! Schliesslich messen wir einem Attest einen höheren Wert zu, wenn die Prüfenden – sagen wir, bei Abschlussexamen von Medizinerinnen und Medizinern oder bei Verkehrs- und Lebensmittelkontrollen – völlig unabhängig und nur ihrer Aufgabe verpflichtet den, die oder das zu Prüfende kritisch unter die Lupe genommen haben. 

Deshalb sollte die Finma zugunsten eines sicheren und glaubwürdigen Finanzsystems in einem ersten Schritt zumindest die privaten Prüfgesellschaften direkt mandatieren. In einem nächsten Schritt soll sie die aufsichtsrechtliche Prüftätigkeit in Eigenregie wahrnehmen. Dafür muss sie die nötigen Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommen. Denn unser Kontrollorgan Finma soll nicht Kontrolleure kontrollieren, sondern die von Gesetzes wegen zu Kontrollierenden.