Die grossen Konkurrenten trennen nur ein paar Hausnummern. Am Bleicherweg 30 in Zürichs bester Citylage residiert McKinsey & Company, in ehemaligen Filial- und Backoffice-Räumen der Grossbank UBS: ein siebenstöckiges Bürogebäude, beiger Steinboden, an der Decke metallene Leuchtskulpturen, an den Wänden grossformatige Fotos von Schweizer Bergen, die Sessel blaugrau, die Sitzungszimmer nach Gipfeln benannt.
Am Bleicherweg 62 ist die Boston Consulting Group (BCG) einquartiert, am früheren Sitz der Kanzlei Lenz & Staehelin: ebenfalls ein siebenstöckiges Bürohaus, innen viel Sichtbeton mit warmen Holzstelen, an den Wänden grossformatige Fotoporträts, die Sessel in der Firmenfarbe Grün, die Sitzungszimmer nach Künstlern benannt.
Erst vor ein paar Monaten ist BCG hier eingezogen, der bisherige Sitz im Zürcher Niederdorf war den Beratern zu klein geworden. Auch die Büros von Bain & Company liegen nur ein paar hundert Meter entfernt, an nicht minder prominenter Lage an der Sihlporte. In der Schweizer Beraterszene gilt der alte Silicon-Valley-Spruch: Man kann den Job wechseln, ohne die Fahrgemeinschaft zu wechseln.
Neuer Sieger
Zumindest, was die Top Consultants angeht. Denn McKinsey, BCG und Bain sind die besten Beratungsunternehmen der Schweiz. Das sagen Dietmar Fink, Professor für Unternehmensberatung an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, und Bianka Knoblach, Direktorin der WGMB in Bonn.
Sie haben das Schweizer Consulting-Ranking nach 2009, 2012 und 2015 bereits zum vierten Mal exklusiv für BILANZ erstellt. Und erstmals gewinnt dabei McKinsey, die grösste Strategieberatung der Welt. «Die Achtung vor der Leistung von McKinsey ist von Jahr zu Jahr gestiegen», sagt Fink. Beim letzten Mal lagen die «Meckies», wie sie branchenintern genannt werden, noch auf Platz zwei, beim vorletzten gar auf Platz elf. Sie lösen den bisherigen Seriensieger BCG ab, auf Platz drei liegt unverändert Bain.
Deren Schweiz-Chef Thomas Lustgarten erlebt nach eigenen Worten «gerade die wohl spannendsten Zeiten in der Beratungsbranche jemals». Und das will was heissen, ist er doch bereits seit 21 Jahren in der Industrie: «Die Veränderung ist enorm, und sie ist noch nicht abgeschlossen», sagt er.
Denn seit der Finanzkrise, also seit rund zehn Jahren, boomt der Markt weltweit. In der Schweiz ist er 2018 um knapp sieben Prozent auf 2,19 Milliarden Franken gewachsen, schätzt die Branchenvereinigung Asco, für die nächsten fünf Jahre erwartet man jeweils über fünf Prozent Wachstum. «Viele Consultants haben die Auftragsbücher so voll, dass sie nicht wissen, wie sie die Projekte abarbeiten sollen», sagt Fink.
Alles dreht sich um die Digitalisierung
Grund ist die Digitalisierung. «Es gibt quasi kein Projekt mehr ohne Digitalisierungskomponente», sagt Felix Wenger, Schweiz-Chef von McKinsey. Standen anfangs die strategischen Implikationen im Vordergrund, ist es nun zunehmend die Umsetzung im Tagesgeschäft: «Vom Verbessern des Kundenerlebnisses bis zur effizienteren Produktion», nennt BCGChef Daniel Kessler das Spektrum, «ein fast endloser Themenkreis.»
Klar ist aber auch: Das Schlagwort Digitalisierung wird von manchem Berater missbraucht, um besonders dicke Aufträge verbuchen zu können. «Das Disruptions-Thema wird vielfach überbewertet», warnt Carsten Henkel von Skyadvisory. «Statt aus Panik millionenteure Projekte zu vergeben, prüft man besser, wie man das Thema Digitalisierung angehen kann, ohne die ganze Firma auf den Kopf zu stellen.»
Nachhaltigkeit ist auch ein Thema
Andere grosse Themen, die bei den Beratern für Umsatz sorgen, sind derzeit Übernahmen und deren Integration, Nachhaltigkeit und der Dauerbrenner Kosten, auch wenn der Frankenschock kein Thema mehr ist: Es sei beeindruckend, wie gut sich die Schweizer Firmen an die starke Währung angepasst hätten, sagen unisono gleich mehrere Beraterchefs.
Und natürlich immer gefragt ist Strategieberatung, die Königsdisziplin des Consultings. Alle grossen Player bieten sie an, aber keiner hat sich dort klarer positioniert als Bain & Company. Und keiner ist wählerischer, welche Aufträge er annimmt: Kunden ab einer Milliarde Franken Umsatz, Projekte ab einer Million Honorar sind die Messlatte. «Wir müssen sehr viele Projekte ablehnen», bestätigt Lustgarten.
Immer deutlicher zeichnet sich auch in der Schweiz ab, was in vielen anderen Beratermärkten längst der Fall ist: eine Zweiteilung zwischen den grossen Universalanbietern und dem Rest des Feldes. «Je globaler man ist, je mehr Funktionen man versteht, desto mehr Wert hat man für den Klienten», sagt McKinsey-Chef Wenger. Um die dazu nötigen Investitionen stemmen zu können, gelten weltweit zwei Milliarden Franken Beratungsumsatz als kritische Grösse. Das schaffen nur McKinsey (10 Milliarden), BCG (5,6) und Bain (2,3).
Denn die Zeiten, da ein Partner ein halbes Dutzend verschiedener Branchen abdecken konnte, sind vorbei. «Man kann ein, maximal zwei Expertisen aufbauen, nicht mehr», sagt Joris D’Incà, Schweiz-Chef von Oliver Wyman. Die Beratungsfirma kratzt gerade an der kritischen Zwei-Milliarden-Grenze.
Vor 35 Jahren begann sie im Risikomanagement für Banken, über die Jahre hat sie erfolgreich in andere Branchen wie Pharma, Handel, Konsumgüter, Maschinenbau oder Logistik expandiert. Lohn der Mühe im Schweizer Ranking: Aufstieg auf Platz vier sowie zahlreiche gute Einzelbewertungen. War der Brand lange Zeit nur Insidern ein Begriff, kennt man ihn nun auf jeder Chefetage: «Man begrüsst mich nicht mehr mit «Guten Tag, Herr Wyman», schmunzelt D’Incà.
Kampf gegen Start-ups
Jene Berater, denen die kritische Grösse fehlt, verpassen hingegen den Anschluss. Roland Berger, einst quasi ein Vollsortimenter mit auch hierzulande starker Stellung, ist nur noch in wenigen Disziplinen eine Kraft. Denn die Schweizer Niederlassung wurde vor vier Jahren nach strategischen Turbulenzen stark reduziert und von einer Ländergesellschaft zu einem simplen Office abgewertet. A.T. Kearney wird kaum mehr wahrgenommen, wie mehrere Marktbeobachter übereinstimmend sagen.
Dabei unternahm die US-Firma grosse Anstrengungen, sich zum Vollsortimenter zu wandeln. Als das nicht funktionierte, wurde die europäische Region pickelhart saniert, was zu einem Exodus bei den Partnern führte. «Würde der Markt nicht seit Jahren so gut laufen, wäre die Gefahr gross, dass beide Firmen nicht überleben», sagt Fink. Die älteste Unternehmensberatung der Welt, Arthur D. Little, spielt auf dem Schweizer Markt schon länger keine Rolle mehr: Statt eines Büros hat sie in Zürich seit Jahren nur noch einen Briefkasten.
Aber auch Nischenplayer können hierzulande erfolgreich sein: Die Berater von Helbling etwa, die sich auf Engineering bis hinunter zur Produktentwicklung spezialisiert haben, schneiden im Ranking markant besser ab als 2015. Simon-Kucher & Partners haben sich erfolgreich auf Pricing konzentriert und gewinnen in der Kategorie Marketing und Vertrieb. AlixPartners, in der Schweiz unter Führung der ehemaligen Roland-Berger-Länderchefin Beatrix Morath, ist in ihren Kernbereichen Sanierung und Restrukturierung stark, ohne freilich die Gesamtplatzierung von 2015 (Rang 5) verteidigen zu können.
Nachfrage nimmt zu
Kleinere lokale Player wie Implement (die frühere Abegglen Management Consultants) oder Skyadvisory hatten zu wenig Rücklauf für eine Bewertung und schafften es deshalb nicht ins Ranking. Und dann sind da natürlich noch die Wirtschaftsprüfer, EY, Deloitte, PwC und KPMG, die mit Macht in den Beratungsmarkt drängen.
Die globale Präsenz haben sie dank ihres Kerngeschäftes bereits, seit ein paar Jahren gehen sie systematisch in die Strategieberatung. «Unser Vorteil: Wir können die Strategie dann auch in allen Bereichen umsetzen, von M&A bis zur IT, von den juristischen bis zu den steuerlichen Aspekten», sagt Daniel Diemers, Schweizer Chef von Strategy&, der Strategieberatung von PwC. «Unsere Kunden schätzen das sehr, die Nachfrage nimmt kontinuierlich zu.»
Wegen der steigenden Nachfrage müssen die Berater intensiv Nachwuchs rekrutieren. Der Aufwand dafür wächst. Denn Google, Apple, Facebook & Co. streiten sich um die gleichen Talente. Und auch Jungunternehmen: «Früher verloren wir Talente an die Industrie oder an Wettbewerber», sagt Joris D’Incà, «jetzt auch an Start-ups.»
Gerade jene Jungfirmen, die die ersten ein, zwei Finanzierungsrunden bereits hinter sich haben und stark wachsen, sind attraktiv. Mit Stefan Jaecklin, bei Oliver Wyman Experte für Asset and Wealth Management, wechselte letztes Jahr sogar ein Partner zu einem Fintech.
Vor allem aber verlangen die Kunden heute Expertise in einem Mass, wie es Jungberater frisch ab Uni nicht bieten können. Erfahrene Partner sind auf dem Beratungsmarkt daher heiss umworben – es geht zu wie auf dem Transfermarkt der Fussballligen. Bain etwa hat Martin Wittig als Senior Advisor engagiert, den ehemaligen weltweiten CEO von Roland Berger.
Er soll von Zürich aus die Position im Banken und Versicherungsgeschäft stärken. BCG hat Alex Koster zu sich gelockt, den früheren Schweiz-Chef von Strategy&. Auch Andreas Liedtke, ehemaliger Leiter von A.T. Kearney Schweiz, wechselte zu BCG – und nahm sein ganzes Konsumgüterteam mit.
Daneben entwickelt die Boston Consulting Group systematisch neue Geschäftsbereiche. BCG Digital Ventures etwa hilft Grosskonzernen, Start-ups zu bauen, die Tochter Gamma kombiniert die Analyse grosser Datensätze mit künstlicher Intelligenz, BCG Platinion entwickelt IT- Strategien und -Architekturen. «Wegen der Digitalisierung müssen sich auch die Fähigkeiten der klassischen Berater in diese Richtung bewegen», sagt Kessler.
Andere kaufen fleissig dazu. So ist McKinsey dank verschiedener Akquisitionen heute der weltweit zweitgrösste Designer von Highend-Produkten wie Luxusautos, trainiert – von Zürich aus – die Entwickler für Softwarekonzerne, baut Webshops für Online-Retailer. «Wir sind sehr viel offener geworden für Übernahmen. Aber es muss sich für alle lohnen», sagt Wenger. So wie bei QuantumBlack, einem Big-Data-Analysten aus London, der ursprünglich aus dem Formel-1-Rennsport kommt. Der Nischenplayer bringt die Expertise, die Grossberater bringen die Nachwuchstalente und den Zugang zu den Kunden, so der Deal. Seit der Übernahme 2015 verdoppelt QuantumBlack die Umsätze alle neun Monate, so hört man.
Das Ranking wurde von Oktober 2018 bis Januar 2019 erhoben. Hauptkriterium war die Zufriedenheit mit der Beratungsleistung von 21 Schweizer Consulting-Firmen. Zudem wurden die wahrgenommenen Fähigkeiten der Berater in Fachbereichen und im Hinblick auf die wichtigsten Erfolgsfaktoren evaluiert. Betrachtet wurden Accenture, AlixPartners, A.T. Kearney, Bain & Company, BearingPoint, Boston Consulting Group (BCG), Capgemini, Deloitte, Ernst & Young (EY), Helbling, Horváth & Partners, Implement Consulting Group (ehemals Abegglen), KPMG, McKinsey, Oliver Wyman, PricewaterhouseCoopers, Q-Perior, Roland Berger, Simon-Kucher & Partners, Skyadvisory sowie Strategy&. Bei den Revisoren wurde nur der Bereich Management Consulting einbezogen.
Das Ranking basiert auf den Antworten von 437 Kadern von Schweizer Firmen, die in den letzten zwei Jahren Beratungsprojekte mit den Consultants durchgeführt haben. 237 Teilnehmer füllten den Fragebogen über die BILANZ-Website aus, 200 wurden direkt befragt. Zwischen diesen Teilstichproben bestehen keine systematischen Abweichungen. Gestaltet und ausgewertet wurde die Umfrage von Dietmar Fink, Wirtschaftsprofessor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, und Bianka Knoblach, Direktorin der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Management und Beratung. Nähere Infos: www.wgmb.org.
Risikoreiche Übernahmen
Das ist keineswegs selbstverständlich im Consulting. «Die Integration einer Übernahme kostet sehr viel Zeit und Geld», sagt Lustgarten. Und geht häufig schief: Gross sind die Kulturunterschiede, noch grösser sind die Egos der Berater. Erst verschwindet der Name, dann der Partner, dann der Kunde – diesen Dreiklang hört man häufig in der Branche. Die Übernahme von Monitor Group durch Deloitte etwa wird als Fehlschlag angesehen.
Hierzulande verbrannte sich Oliver Wyman einst die Finger an der St. Galler ConsultingGroup, von den über 80 Beratern blieb kaum einer. Bei Booz haben zwei Drittel der Schweizer Partner gekündigt, seit die Beratung 2015 von PwC übernommen und zu Strategy & umbenannt wurde. Andererseits: Ohne das verbleibende Drittel wäre PwC im Beratungsgeschäft und auch im Ranking nicht so weit gekommen, wie sie es jetzt ist. «Von daher war es zwar ein schmerzhafter, aber dennoch kluger Schritt», so Fink.
Klar ist: Der Trend zum One-Stop-Shopping nimmt zu. «Die Grenzen zwischen Strategie- und Technologie-Beratung, Kreativagenturen und Produktentwicklung verschwimmen», hat Eva Manger-Wiemann festgestellt, die mit ihrer Firma Cardea selber Berater vermittelt. «Jetzt müssen die Anbieter zeigen, dass ihre Dienste nicht einfach nebeneinander stehen, sondern sinnvoll gebündelt werden.» McKinsey, BCG, aber auch Deloitte sieht sie dabei in der Pole-Position.
Und dann verändert die Digitalisierung auch die Consultingbranche selber. In vier Phasen teilt sich ein Beratungsprojekt typischerweise auf: Datenerhebung, Analyse, Handlungsempfehlungen und Umsetzung. Bislang schickte man zu Projektbeginn Juniorberater ins Feld, damit sie ein Bild über den Kunden, den Markt und die Konkurrenz erstellen. Ein niedrigmargiges, aber wegen der Zeitdauer (einige Wochen) dennoch einträgliches Geschäft.
Doch inzwischen sind die Daten zunehmend schon vorhanden oder von einem Lieferanten erhältlich. Auch die Analyse kann heute mit Hilfe von Big-Data-Algorithmen recht gut automatisiert werden. Das Ausarbeiten von Handlungsempfehlungen, die Phase III, ist die grösste intellektuelle Leistung der Berater und typischerweise Sache der Partner. Gut möglich, dass künstliche Intelligenz eines Tages auch hier einen signifikanten Teil der Arbeit erledigen kann. Bleibt noch die Umsetzung beim Kunden. Dort braucht es Fingerspitzengefühl und keine Computer. «Viele Berater spezialisieren sich darauf, weil diese Tätigkeit zukunftssicher ist», sagt Fink.
Auch einen Kulturwandel bewirkt die Digitalisierung. Der einst so strenge Dresscode mit dunklem Anzug oder Deuxpièces, Krawatte oder Foulard und knielangen Socken gilt längst nicht mehr überall. «Ich habe kein Problem, unseren Londoner Webdesigner zu einer Schweizer Grossbank mitzubringen», erzählt McKinsey-Chef Wenger und ergänzt: «Der Mann ist grossgewachsen, dunkelhäutig, tätowiert und hat ein Piercing.»
Und weil es immer mehr Spezialisten braucht, wird das jahrzehntealte Organisationsmodell der Berater, die Pyramide, aufgeweicht. Viele Consultants, einige Projektleiter, wenige Partner ist die klassische Struktur, häufig im Verhältnis 1:6 zwischen den Stufen. Wer es nicht nach oben schafft, muss gehen – «Go or Grow» respektive «Up or Out» nennt sich das Prinzip. Inzwischen aber dürfen etwa Datenbankexperten, KI-Analysten oder Senior Advisors aus der Industrie eine Spezialistenkarriere verfolgen und trotzdem bleiben. Von «Pyramide Plus» spricht BCG-Chef Kessler.
So wird es Wenger, Kessler, Lustgarten & Co. auch in naher Zukunft nicht langweilig werden. Die Digitalisierung wird die Auftragsbücher auf Jahre füllen, Handelskriege, Brexit und die unsichere Lage in Europa heizen den Beraterbedarf zusätzlich an. Nur das mit der Fahrgemeinschaft könnte bald schon wieder vorbei sein. Denn Aufgrund des Wachstums hat McKinsey im Office am Bleicherweg 30 inzwischen Platzprobleme. «Eigentlich müssten wir schon wieder zügeln», sagt Wenger.
Studienautor Dietmar Fink: «Da liegt noch einiges im Argen»
Studienautor Dietmar Fink über die Sieger im Beraterrating, über die Unzufriedenheit der Kunden und die Zukunft im Schweizer Consulting-Markt.
BILANZ: Professor Fink, zum ersten Mal hat McKinsey in der Gesamtwertung gewonnen. Sind Sie überrascht?
Dietmar Fink: Die Achtung vor der Leistung von McKinsey ist von Jahr zu Jahr gestiegen. Sie haben sich kontinuierlich verbessert, still und leise. Schaut man sich die Einzelwertungen an, belegt allerdings BCG die meisten Spitzenplätze. Was mich positiv überrascht.
Warum das?
BCG hat ihre Aktivitäten in letzter Zeit sehr stark ausgebaut, sei es durch Übernahmen, sei es durch neue Geschäftsfelder. BCG ist eine gut laufende Verkaufsmaschine geworden. Oft leidet darunter die Marke. Es scheint ihnen aber nicht geschadet zu haben.
Wie sehen Sie die drittplatzierte Bain & Company?
In den Top 3 sind sie unangefochten, und das zu Recht, wenn man den weltweiten Kontext anschaut. Sie leisten sehr solide Arbeit. Vor allem hat sich Bain perfekt positioniert, als letzte wirkliche Strategieberatung. Auch wenn das vielleicht nur 40 Prozent ihrer Projekte betrifft. Aber das ist immer noch mehr als bei McKinsey und BCG.
Wie ist der Aufstieg von Oliver Wyman erklärlich?
Wegen des Bankengeschäftes hatte die Firma in der Schweiz immer schon eine gewisse Bedeutung. Jetzt ist sie aus der Nische hinausgewachsen in Bereiche wie Handel oder Konsumgüter. Und hat auf diese Branchen intelligent jene analytischen Fähigkeiten übertragen, die sie im Kerngeschäft der Risikoanalyse schon lange hatte. Aber Oliver Wyman hat noch viel mehr Potenzial: Noch hat es die Firma nicht geschafft, der Welt zu vermitteln, was sie alles kann.
Strategy&, der früheren Booz Allen, scheint die Übernahme durch PwC sogar geholfen zu haben.
Vor allem PwC hat es geholfen. Aus eigener Kraft hätten sie diese Position so schnell nicht erreicht.
Schaut man sich die einzelnen Punktzahlen an, fällt auf, dass sie fast durchs Band höher ausfallen als bei der letzten Befragung.
Die Kunden, die wir befragt haben, sind zufriedener als jene von 2015, das stimmt. Aber noch immer liegen 39 Prozent der Bewertungen unter dem Mittel. Das heisst, vier von zehn Kunden sind unglücklich mit der erhaltenen Beratungsleistung. Da liegt noch einiges im Argen.
Wie sieht der Schweizer Beratermarkt in drei Jahren aus?
Die Zweiteilung zwischen den grossen drei Playern und dem Rest des Marktes wird sich akzentuieren. Neben den Universalanbietern werden sich spezialisierte Nischenplayer am Markt behaupten können, wenn sie gut sind. Und die Beratungsabteilungen der Wirtschaftsprüfer werden weiter an Bedeutung gewinnen. Für die mittelgrossen Player wird es hingegen zunehmend schwerer.
Dietmar Fink ist Professor für Unternehmensberatung an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.