Ein Auslandaufenthalt in einem schwierigen Zielland gilt in Konzernen noch immer als guter Durchlauferhitzer für die Manager-Laufbahn. Die Unternehmensberatung Mercer publiziert dazu jedes Jahr ein Ranking der teuersten Städte für entsendete ausländische Arbeitskräfte.
In der neuen Liste sticht vor allem das zweitplatzierte Aschgabat heraus. Das ist die Hauptstadt von Turkmenistan, welches auch als Nordkorea Zentralasiens bezeichnet wird. Aschgabat liegt damit vor Tokio, Zürich oder New York – und dies, obwohl viele Menschen im erdgasreichen Land in Armut leben.
Doch weil Expats selbst in Zentralasien nicht auf Tiefkühlpizza, Coca-Cola und Chips verzichten können – Mercer nennt das «Comfort Food» –, wird es halt etwas teurer. So war Luanda, die Hauptstadt von Angola, auch schon einmal die teuerste Stadt im Cost-of-Living-Ranking von Mercer (2017).
«Wenn die Firmen nun im Zuge der Reisebeschränkungen wegen der Pandemie zurückhaltender mit Entsendungen werden, ist dies kein Verlust.»
Privatschule für die Kinder, gemietete Villa in einem «Compound» oder Luxusapartment sowie eine Spezialzulage in unattraktiven Ländern: Expats erwarten viel für ihr vermeintliches Opfer. Die «Erfahrung» einer anderen Kultur wird dabei zur leeren Phrase.
Nichts gegen einen Aufenthalt im Ausland. Ich lebe selber in Japan und arbeite von hier aus für eine Schweizer Firma. Doch wer diesen Schritt macht, könnte zumindest ein Grundinteresse am lokalen Leben (und Essen) mitbringen sowie eine gewisse Nähe zur Alltagsrealität der Einheimischen wagen. Und nicht nur auf den wertvollen Eintrag im CV spekulieren.
Wenn die Firmen nun im Zuge der Reisebeschränkungen wegen der Pandemie zurückhaltender mit Entsendungen werden, ist dies kein Verlust. Der Schritt in die Fremde würde in Zukunft eher aus echtem Antrieb erfolgen.
Übrigens: Meine 2,5-Zimmer-Wohnung in Yokohama nahe Tokio (Mercer-Liste: Rang drei) kostet rund 1000 Franken im Monat – mit Blick auf den Fuji. Nicht unbedingt das, was man von einer Expat-High-End-Destination erwarten würde.
- Ein Aufenthalt im Ausland war lange ein guter Weg nach oben in der Karriereleiter. Nach Corona könnte sich das ändern.